Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
sagte Rebecka.
»Seine Mutter, die ja nicht seine richtige Mutter war, sondern die, bei der er aufgewachsen ist, war Haushälterin bei Lundbohm. Und sie war so wütend auf Lundbohm. Und da wuchs er also gewissermaßen in dem Wissen heran, dass Lundbohm ein Schurke war. Also aufwachsen ist vielleicht übertrieben. Sie hat ihm erst gesagt, wer seine richtigen Eltern waren, als der Pflegevater gestorben war. Und da war Frans schon über zwanzig. Wie auch immer. Vor drei Jahren fand er alte Aktien in einer Schublade mit Fotografien und Zeugnissen. Es gab auch einen Brief, in dem Lundbohm schrieb, dass er die Aktien seinem Sohn Frans Uusitalo vermachen wolle. Er hatte doch den Namen seines Pflegevaters bekommen. Und Frans machte Witze und sagte, wir könnten jetzt auf Kreuzfahrt gehen, wo er doch reich werden würde. Vermögend. Genau das hat er gesagt. Vermögend.«
»Ach ja?«
»Aber daraus wurde wohl nichts, er hat es jedenfalls nie wieder erwähnt. Ich glaube, seine Tochter ist der Sache nachgegangen, und die Aktien waren nichts mehr wert. Aber sie waren so schön anzusehen. Heutzutage gibt es Aktien ja nur noch im Computer.«
»Vor drei Jahren?«
»Ja.«
Und Sol-Britts Sohn wurde vor drei Jahren überfahren, dachte Rebecka.
»Entschuldigen Sie«, sagte Anna Jaako und wischte sich die Augen, in denen die Tränen plötzlich überliefen. »Aber wissen Sie, er fehlt mir so schrecklich. Wenn jemand mir in Ihrem Alter gesagt hätte, ich würde die große Liebe meines Lebens mit über siebzig finden, hätte ich laut gelacht.«
Sie schaute Rebecka in die Augen.
»Man soll die Liebe leben, wissen Sie. Plötzlich hat man sie zum letzten Mal erlebt. Und alles andere ist nur ein Hauch im Wind.«
M AN MUSS ARBEITEN, um nicht den Verstand zu verlieren. Flisan hat mehrmals die Wohnung geputzt, in der Küche Boden und Decke gescheuert, die dünnen Leinenvorhänge gewaschen und gebügelt und die Schranktüren in der Küche blau gestrichen.
»Spinnst du?«, fragen die Nachbarinnen. »Mitten im Winter Vorhänge zu waschen! Die ganze Arbeitskleidung muss ja wohl reichen!«
Jetzt hat sie beschlossen, Klöße mit Speck zu machen. Sie hat Speck und Schwarte zerschnitten und Klöße aus Getreidemehl und geriebenen Kartoffeln geformt. Die Klöße plumpsen in den großen Kessel mit kochendem Wasser, und die ganze Küche ist von Dampf erfüllt. Wie eine Sauna.
Sie hört hinter sich ein Geräusch, und für den Bruchteil einer Sekunde glaubt sie, es sei Elina.
Als sie sich umdreht, steht Obergrubenvogt Fasth in der Küche.
Seine Augen sind wie Messerspitzen in dem aufgedunsenen roten Gesicht. Hastig schaut er in die Kammer, um sich davon zu überzeugen, dass er und Flisan allein in der Küche sind.
»Frääulein!«, sagt er.
Seine Stimme klingt grob. Flisan wird es kalt bis ins Mark, als sie diese Stimme hört. Als hätte sie tagsüber Winterwäsche gespült und könnte nicht aufhören zu frieren, egal, wie kräftig sie abends im Ofen einheizt.
»Mein Verlobter kann jeden Moment hier sein«, sagt Flisan.
Und bereut es sofort. Es klingt so jämmerlich. Sie muss einfach zum Messer hinüberschielen.
Er stößt ein verächtliches Schnauben aus.
»Ich scheiße doch auf alle deine Verlobten. Aber jetzt hör mal gut zu. In der Stadt wird geredet. Über die Hure Elina Pettersson und mich. Und wer am meisten plappert, ist Flisan.«
»Ja, der Herr Obergrubenvogt haben ja die Hausmädchen bedroht, also …«
»Wenn du mir noch einmal ins Wort fällst, setzt es eine Ohrfeige! Das Kind der Hure, was?«
Er nickt zu dem Korb in der Ecke hinüber, in der Frans gerade schläft.
»Wenn du dem Polizeikommissar oder dem Direktor, wenn er wieder hier ist, oder irgendeiner Menschenseele auch nur ein Sterbenswörtchen sagst, dann nehme ich dir das Kind weg. Ich kann der Fürsorge von Flisans ausschweifendem Leben erzählen, du wohnst hier doch allein mit vier Kerlen. Oder was? Und dann noch ein Verlobter! Früher konntet ihr zu zweit teilen, aber jetzt muss Flisan sich ganz allein um alle kümmern.«
Er verstummt und mustert Flisan mit einem dermaßen widerlichen Blick, dass sie die Arme vor der Brust verschränken muss.
»Was glaubst du wohl, auf wen die hören werden, auf mich oder auf dich? Ich nehme den Jungen als Pflegesohn an. Er wird Prügel kassieren, das kann ich dir versprechen. Tagtäglich. Das Erbe seiner liederlichen Mutter, da helfen nur Rute und Gürtel. Und jetzt antworte. Willst du das? Antworte schon.«
Flisan stützt sich
Weitere Kostenlose Bücher