Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
selben Moment auf denselben Gegenstand.
Den Hauptschalter. Den hat niemand ausgeschaltet.
Jetzt wechseln sie Blicke. Niemand sagt: »Voi perkele« und stürzt los, um den Strom abzustellen. Der Junge mit der Jacke hängt sie sich ordentlich über den Arm.
Und dann kann der Obergrubenvogt den verkeilten Stein lockern.
Der Steinbrecher setzt sich mit einem Dröhnen in Bewegung. Die Steine krachen über den Stahl, poltern gegeneinander.
Unter den Füßen des Vogts fallen die Steine wie Treibsand nach unten. Der Steinbrecher scheint ihn zu verschlingen. In Sekundenschnelle ist sein gesamter Unterleib verschwunden.
Sie hören ihn nicht schreien, sehen nur Überraschung und Schrecken. Den aufgerissenen Mund. Sein Schrei geht unter im Lärm des Stahls, der auf Stein trifft.
In Sekundenschnelle ist es vorbei. Der Steinbrecher zerkaut Fasth und zermahlt ihn zusammen mit dem Stein, zerfetzt seinen Leib und spuckt die Reste in die Erzlore ganz unten.
Johan Albin schaltet den Hauptschalter aus, und alles wird stumm und still.
Dann spuckt er in den Steinbrecher.
»Tja«, sagt er. »Dann sollten wir ja wohl den Polizeikommissar holen.«
M ÅNS RIEF nach einer knappen Stunde zurück.
»Bist du sicher, dass da Share Certificate Alberta Power Generation steht?«
»Ja«, sagte sie. »Ich hab sie hier in der Hand.«
»Wie viele Anteile sind das?«, fragte Måns.
»Hier steht ›Representing Shares 501-600‹ auf dem ersten Blatt, ›607-700‹ auf dem zweiten und ›701-800‹ auf dem dritten.«
»Verdammt, Rebecka. Steht auf der Rückseite etwas über die Übertragung?«
»Mal sehen … ›Transferee‹ und ›4. März 1926 Frans Uusitalo‹. Weiter unten steht ›Transferor Hjalmar Lundbohm‹. Und jetzt erzähl!«
»Die Gesellschaft existiert noch. Es ist ein riesiges Unternehmen, das Strom aus Wasserkraft produziert, mit Sitz in Calgary. Es hat viele Neuemissionen gegeben. Anfangs stellten diese Aktien ein Zehntel des gesamten Firmenwertes dar. Jetzt sind sie ein Tausendstel wert.«
»Ja?«
»Das ist immer noch eine ganze Menge.«
»Wie viel? Soll ich sie mir unter die Jacke stopfen und das erste Flugzeug nach Südamerika nehmen?«
»Ja, dazu würde ich dir unbedingt raten. Also, wenn auf der Rückseite nichts über die Übertragung gestanden hätte.«
»Was sagst du da? Wie viel, Måns? Komm schon!«
»Ich sage, dass diese Aktien für dich einen Dreck wert sind.«
»Aber …«
»Aber für Frans Uusitalo oder seine Erben sind sie so um die zehn Millionen wert.«
»Du machst Witze!«
»Kanadische Dollar.«
Sie schwiegen einige Sekunden. Rebecka holte Luft.
Sol-Britt Uusitalo war reich, dachte sie. Da saß sie in ihrer Bruchbude in Lehtiniemi und drehte jede Krone um. Und ahnte nichts davon.
»Die Aktien kann man nicht stehlen«, sagte sie laut. »Da die Reihenfolge der Eigner notiert ist.«
»Hatte ihr Vater irgendwelche Erben?«, fragte Måns.
»Ich ruf dich nachher an«, sagte Rebecka.
»Wie sagt man?«
»Danke, Måns. Danke, lieber, kluger, toller Måns. Ich liebe dich. Aber verdammt. Ich ruf dich nachher an!«
»Jetzt mach bloß keine Dummheiten«, sagte Måns.
Aber da hatte Rebecka das Gespräch schon beendet.
»Ich hab wirklich versucht, dir das beim letzten Anruf zu sagen«, sagte Sonja von der Telefonzentrale, als Rebecka anrief. »Aber du bist ja so …«
»Ja, ich weiß!«
»Ja, da hast du’s.«
»Entschuldige, ich bin ganz Ohr.«
»Er hatte auch noch einen Sohn. Älter als Sol-Britt. Mit einer anderen Frau. Aber er hat ja nicht einmal das Geld für die Beerdigungkosten hinterlassen.«
Nein, stell dir vor, dachte Rebecka. Laut sagte sie: »Sol-Britt hatte also einen Halbbruder. Wie heißt der?«
»Herzchen, woher soll ich das so schnell wissen? Soll ich mal nachsehen?«
»Ja, und zwar sofort«, sagte Rebecka. »Ich will den ganzen Familienstammbaum.«
D AS H AUS DER F AMILIE N IEMI lag ein Stück weiter im Inneren der Bucht von Kurravaara. Frau Niemi ließ die Polizisten herein, die mit ihr und ihrem Mann reden wollten. Zuerst erschrak sie. Sie versicherten ihr, dass ihren Kindern oder irgendwelchen Angehörigen nichts passiert sei.
Sie war Mitte dreißig, groß und schlank, trug die blond gefärbten Haare zu einem Bob mit kurzem Nacken geschnitten. Im linken Ohr und im Nasenflügel hatte sie eine Reihe von Ringen. Ihre Kiefer bearbeiteten ein Kaugummi, und sie behielt den Fernseher in der Küche im Auge. Dort bot jemand eine wundersame Gemüsereibe an, die das Leben des
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