Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
Ende des Knüppeldamms erreicht hatten, war Veras Bauch feucht, und Rebecka war bis zu den Knien durchnässt.
Die Schuhe schwappten. Die Zehen wurden rasch eiskalt.
Die Hütten am Fluss waren dunkel. Verlassen und leer. Die Boote kieloben abgestellt. Planen über Fahrrädern, Sandkästen und Gartenmöbeln.
Rebecka fragte sich, welche Hütte Maja wohl benutzen durfte.
»Wir müssen es einfach versuchen«, sagte sie zu Vera.
Vera lief durch den Wald voraus. Rebecka mühte sich weiter, bis sie eine Hütte sah, in der Licht brannte. Dort klopfte sie an.
Maja Larsson machte auf.
»Oi«, sagte sie, als sie Rebeckas nasse Beine sah.
Sie suchte ein Paar trockene Wollsocken heraus und schlug vor, Kaffee zu kochen.
Rebecka rieb sich die Füße und spürte den Schmerz darin, als die Kälte nachließ.
»Örjan und Marcus sind flussaufwärts zum Angeln gegangen«, sagte Maja. »Man kann ja nur hoffen, dass sie in der Dunkelheit nicht ausrutschen und sich den Schädel einschlagen. Eigentlich müssten sie bald wieder hier sein. Zieh doch so lange die Jeans aus. Hättest du gern ein Leberwurstbrot?«
»Gern. Ich habe nichts zu Mittag gegessen. Wusstest du, dass Sol-Britt einen Halbbruder hatte?«
»Nein, was sagst du da? Sie hat immer gesagt, was für ein Glück, dass es mich gab, wo sie doch keine Geschwister hatte. Warte mal, jetzt muss ich zählen, damit dein Kaffee nicht zu stark wird. Örjan mag es, wenn der Löffel in der Tasse stehen kann.«
»Sie hat es also nicht gewusst?«
Maja Larsson schaltete die Kaffeemaschine ein und nahm ein Brot aus einer Plastikhülle. Ihre Bewegungen wirkten nachdenklich. Langsam schnitt sie das Brot zu genau gleich dicken Scheiben. Bestrich sie mit Butter und Leberwurst, als malte sie in Öl.
»Nein, und ich müsste eigentlich aus allen Wolken fallen. Aber alle Familien haben ja wohl ihre Geheimnisse, oder?«
Sie legte die Brote vor Rebecka hin.
»Mir hat sie nichts gesagt. Aber sie muss es gewusst haben. Jedenfalls, nachdem ihr Vater gestorben war.«
Rebeckas Telefon meldete sich. Maja Larsson drehte sich um und nahm zwei Kaffeebecher aus dem Schrank. Rebecka zog das Telefon aus der Manteltasche. SMS von Sonja von der Zentrale. »Sol-Britt Uusitalos Halbbruder«, stand da. »Name, Pnkzfr, Passbild per Mail.«
Rebecka öffnete die Mail: »Örjan Bäck, 19480914-6910.«
Rebecka stockte der Atem. Es dauerte einige Sekunden, bis das Passbild zu sehen war. Die helle Mähne erkannte sie sofort.
»Wie war das eigentlich«, fragte sie und gab sich alle Mühe, ihre Stimme normal klingen zu lassen. »Wie hast du Örjan kennengelernt?«
Shit, dachte sie. Shit, shit, shit.
»Er wollte im Frühjahr meine Wasseruhr ablesen«, sagte Maja und stellte die Becher auf den Tisch.
»Macht man das nicht heutzutage selbst und schreibt das Ergebnis auf?«
»Doch, das hatte ich auch gemacht. Aber sie hatten irgendeinen Computerfehler, und etliche Auskünfte waren aus dem System verschwunden. Na, jedenfalls, ich hatte einen fauligen Baum, der kurz davor war, über meine Speisekammer zu kippen. Und er bot an, den umzuhacken. Und wie das so geht. Warum …«
Rebecka sprang auf.
»Marcus!«, rief sie.
Maja hatte die Kaffeekanne in der Hand. Jetzt stellte sie sie auf den Tisch.
»Herrgott, Rebecka«, sagte sie. »Was ist denn mit dir los?«
»Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll«, sagte sie. »Aber Örjan, der ist …«
In diesem Moment hörte sie ein Geräusch aus der Besenkammer im Eingangsbereich. Ein ersticktes Geräusch.
Maja sprang erschrocken zurück, als ob sie eine Schlange gesehen hätte. Sie stieß einen kurzen Ruf des Erstaunens aus.
Rebecka machte einige rasche Schritte und öffnete die Kammertür.
Marcus fiel heraus. Er hatte die Knie bis zum Gesicht hochgezogen. Er war mit Klebeband gefesselt, um Handgelenke und Füße, um den Leib und über dem Mund.
Aus großen Augen schaute er zu Rebecka hoch.
Rebecka beugte sich rasch über ihn, um ihn von dem Klebeband über seinem Mund zu befreien. Sie schaffte es nicht, das Band saß zu fest.
Ein eiliger Gedanke flackerte durch ihren Kopf.
Trotz allem. Es kann nicht sein. Denn Örjan …
Dann wanderte Marcus’ Blick, richtete sich auf etwas genau hinter ihr. Und gleich darauf schlossen sich stählerne Finger um ihren Nacken.
Maja Larsson war verblüffend stark. Mit der einen Hand hielt sie Rebeckas Nacken gepackt, mit der anderen Rebeckas Haare. Sie schlug Rebeckas Kopf gegen den Türrahmen. Rebecka hob die Hände zur
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