Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
über sie.
Jemand schreit über ihr in der Dunkelheit. Ein Mann.
»Nein, nein«, schreit er. »So war das nicht gemeint!«
Sie liegt in einer so merkwürdigen Position, die Beine nach hinten abgeknickt, die Hände auf dem Rücken.
Zuerst denkt sie verschwommen, sie sei in der Mitte zerbrochen. Ihr Rückgrat sei geknickt.
Dann eine Frauenstimme. Maja Larsson.
»Psst, das hier ist das Letzte. Es ist doch nur deinetwegen, mein Liebling. Wenn du nur ihr Auto wegfährst …«
»Nein, ich mach nichts mehr. Ich habe nichts versprochen. Ich mach gar nichts.«
»Na gut, na gut, dann fahre ich es weg. Ich kümmere mich um alles. Ganz ruhig. Setz dich. Trampel hier nicht herum. Ganz ruhig.«
Nein, sie hat nicht das Rückgrat gebrochen. Ihr sind die Hände auf den Rücken gefesselt, und vom Kopf bis in den Nacken ziehen sich diese schrecklichen Schmerzen. Sie versucht, den Atem anzuhalten, um auf Marcus zu lauschen.
Stillliegen. Nicht kotzen. Sich nicht bewegen. Sonst schlägt Maja ihr noch einmal den Schädel ein.
Sie hört eine Flasche, die auf den Tisch gestellt wird. Und noch mehr. Ein Glas?
»Hier«, sagt Maja. »Ganz ruhig bleiben. Ich bin bald wieder da.«
»Was hast du vor? Wo willst du hin? Du darfst mich nicht allein lassen.«
»Ich fahre ihren Wagen weg. Ich lege den Jungen ins Boot und lass es kentern. Das einfachste Ertrinken aller Zeiten. Für sie hole ich eine Plane und Gewichte.«
»Ich sollte in nichts hineingezogen werden. Hast du gesagt.«
»Entschuldige. Aber du brauchst nichts zu tun.«
Undeutliche Stimme jetzt. Als ob sie den Mund an seine Haare hält.
»Halt durch, es ist bald vorbei. Und dann hast du alles. Du kannst fahren, wohin du willst. Machen, was du willst. Für den Rest deines Lebens. Und wenn ich mitkommen soll …«
»Ja, das sollst du. Unbedingt.«
»Dann komme ich mit.«
Schritte über den Boden. Dann die Tür. Die geöffnet wird. Die geschlossen wird.
Das Geräusch des Glases, als er es zu sich heranzieht. Das Geräusch des Drehverschlusses, als er die Flasche öffnet. Das Geräusch der Flüssigkeit, die in ein Glas geschüttet wird.
Ist sie jetzt weg?, überlegt Rebecka. Ist er jetzt allein? Ja, das ist er.
Wenn ich verstehen könnte, denkt sie und kämpft dagegen an, erneut das Bewusstsein zu verlieren. Sie ist wie ein Herzschlag in ihr, die schwarze Befreiung. Teile von Sekunden, die nicht aus pochendem Schmerz bestehen. Der Körper will nachgeben. Sich hineinsinken lassen.
Nein, sagt sie sich. Laut sagt sie: »Sie wird dich umbringen.«
In dem Moment, in dem sie das sagt, öffnet sie die Augen.
Majas Freund sitzt am Küchentisch. Er fährt zusammen und starrt sie an.
»Örjan«, sagt sie, ihre Stimme ist dick durch die geschwollene Nase, mühsam spuckt sie Schleim und Blut, die in ihre Kehle fließen wollen, auf den Boden. »Sie wird versuchen, dich umzubringen.«
»Quatsch«, sagt er. »Halt die Fresse, sonst schlag ich dir den Schädel ein.«
Rebecka atmet kurz und keuchend
»Mein Schädel ist schon eingeschlagen«, bringt sie heraus. »Aber das wolltest du doch nicht? Ein Kind umbringen.«
Er schlägt mit der Faust auf den Tisch und brüllt im Takt dazu: »Ruhe. Ruhe, Ruhe! Sie macht das alles für mich. Meinetwegen. Und warum sollte sie mich umbringen? Dann kriegt sie nicht einen Öre.«
Er schiebt das Glas zur Seite, hebt die Flasche an den Mund und kippt Jägermeister in sich hinein.
»Kusinen erben nicht«, sagt er wie auswendig gelernt. »Und Sol-Britt und Maja waren Kusinen.«
»Nein«, sagt Rebecka. »Aber Tanten erben. Und Majas Mutter ist Sol-Britts Tante. Denk jetzt mal nach. Wenn Sol-Britt am Leben geblieben wäre, hättest du immer noch die Hälfte bekommen. Und die Hälfte ist eine Menge Geld. Maja hingegen wäre leer ausgegangen. Anfangs hatte sie Geduld. Es ist drei Jahre her, dass sie Sol-Britts Sohn überfahren hat.«
»Das war ein Unfall, damit hatte sie nichts zu tun.«
»Ach, Örjan, das glaube ich aber doch. Sie konnte warten. Alles sollte wie Unfälle aussehen. Aber dann eilte die Sache plötzlich und … wie habt ihr euch kennengelernt?«
»Das kann dir scheißegal sein«, sagt Örjan und wischt sich mit dem Ärmel über Stirn und Oberlippe.
Nicht viel Zeit, denkt Rebecka. Maja ist bald wieder hier.
»Ich glaube, sie hat dich auf irgendeine Weise umworben«, sagt sie und redet ein wenig zu schnell. »Es war kein Zufall. Mir hat sie erzählt, dass du ihre Wasseruhr ablesen solltest. Damit sie behaupten könnte, dass du sie
Weitere Kostenlose Bücher