Denn Gruen Ist Der Tod
eine Frau meinetwegen errötet ist.«
»Dann haben Sie keine Frau?«
»Sie ist gestorben.«
Sam wurde noch verlegener. »Das tut mir Leid.«
»Danke, das ist schon eine ganze Weile her. Autounfall, der andere Fahrer war betrunken. Ich vermisse sie immer noch.«
Für einen Moment wurde sein Gesicht traurig und angespannt. Dann lächelte er und seine Züge glätteten sich wieder. »Haben Sie Lust auf eine Tasse Tee?«
»Klingt gut.«
Sie machten sich in Richtung Küche auf und sprachen unterwegs über Details der Gartenpflege. Die treue Peggy folgte ihnen auf dem Fuß.
Tom Adams war mit seinem Wagen gerade auf der King Street, als er den Aufruhr bemerkte. Er musste in einer langen Schlange von Autos warten, die sich hinter einem Bus voller japanischer Touristen gebildet hatte, die das King's College von allen Seiten fotografierten. Geduld war in Cambridge eine Tugend. In dieser kleinen Stadt gab es so viel Leben wie in einer Metropole, und die Studenten schienen alles zu dominieren. Manchmal wünschte er, sie verschwänden wieder, aber dann erinnerte er sich daran, wie wichtig sie für die städtische Wirtschaft waren. Sie sorgten für Tausende von Arbeitsplätzen, denn sie gingen einkaufen, ins Restaurant oder ins Café, und die Touristen, welche die Colleges besuchten, ließen Millionen in die Kassen der Stadt fließen. Plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit auf eine Gruppe betrunkener Jugendlicher gelenkt, die in seine Richtung torkelten. Zuerst hielt er sie für Studenten, aber als sie näher kamen, musste er seinen Eindruck korrigieren; Studenten trugen andere Kleidung und zeigten ein anderes Gebaren – das mussten einheimische Jugendliche sein, die zu tief ins Glas geschaut hatten. Plötzlich sprang einer von ihnen auf die Motorhaube eines der Autos in der Warteschlange und hopste darauf herum, wodurch das dünne Metall auf den Motorblock gedrückt wurde. Adams sprang aus seinem Wagen, aber bevor er eingreifen konnte, kamen zwei uniformierte Polizisten mit ihren Helmen in der Hand die King Street heruntergerannt. Die Gruppe, die auf dem Bürgersteig wartete und ihren Freund anfeuerte, entdeckte sie rechtzeitig, wurde durch ihren Anblick rasch ernüchtert und suchte das Weite. Der Junge auf dem Auto hatte nicht so viel Glück, er sprang zwar schnell hinunter, rutschte aber aus und fiel hin. Bevor er wieder auf die Füße kam, waren die beiden Polizisten schon bei ihm. Der eine packte ihn und drückte ihn mit dem Gesicht nach unten auf die Straße. Nachdem er ihm Handschellen angelegt hatte, packte er ihn derb am Kragen und stellte ihn an eine Wand, während der andere über Funk Verstärkung anforderte. Adams konnte sich den Jungen, der sich heftig wehrte und die Polizisten beschimpfte, erst jetzt genauer ansehen. Und als er ihm sein Gesicht zuwandte, erkannte er, dass es Rick war, der Neffe von Sam.
Auf ihrem Weg durch das Haus des Pfarrers ins Wohnzimmer bemerkte Sam überrascht, wie hell und modern es eingerichtet war. Das viktorianische Ambiente hatte man als tragenden Bestandteil der inneren Struktur des Hauses erhalten, aber alles andere, von den Vorhängen bis zu den Bildern an der Wand, wirkte ausgesprochen zeitgenössisch und verblüffend farbenfroh. Sogar die über das Haus verstreuten Kruzifixe und andere religiöse Kunstobjekte waren modern und hochgradig stilisiert. Aber ein Detail fiel etwas aus dem Rahmen: ein großes Foto von Shaw in Militäruniform, auf dem er sich umringt von ein paar sehr tough aussehenden Männern an einen alten Jaguar lehnte.
»Der Tee ist fertig.«
Sam drehte sich um. Reverend Shaw kam mit einem großen Holztablett herein, auf dem er zwei Porzellantassen, eine alte braune Teekanne und Teller mit Scones und Marmelade balancierte. »Ich kann Ihnen leider nur schwarzen Tee anbieten, ich bin in Bezug auf Tee etwas altmodisch«, sagte er, während er das Tablett auf einem kleinen Beistelltisch absetzte.
Sam ließ sich ihm gegenüber in einem großen Sessel nieder. »Das macht überhaupt nichts. Ich bin auch kein Fan von aromatisiertem Tee. Ihre Inneneinrichtung zeigt unverkennbar weiblichen Einfluss, sehe ich das richtig?«
Reverend Shaw schenkte den Tee ein und benutzte zum Auffangen der Teeblätter ein silbernes Sieb. »In der Tat. Meine Frau liebte die zeitgenössische Kunst und betrieb ein blühendes kleines Geschäft für Innendesign, bevor sie … Ja, jedenfalls bin ich froh, diese Erinnerungen an sie um mich zu haben.«
»Mir war nicht klar, dass Sie
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