Denn Gruen Ist Der Tod
Erinnerung, wie er nach der Urteilsverkündung ihr Gesicht studiert hatte. Er hoffte, sie würde sich noch an ihn erinnern, wenn ihre Zeit gekommen war.
Es war Mittag, bis Sam in Little Dorking ankam, obwohl sie gleich nach ihrem Morgenprogramm aufgebrochen war. Der Nebel, der sich letzte Nacht unerwartet ausgebreitet hatte, war noch nicht ganz verschwunden, was die Fahrt sowohl langsamer als auch schwieriger machte. Als sie endlich das kleine Dorf in den Fenlands erreichte, hatte sich der Nebel fast ganz gelichtet und die Sonnenstrahlen brachen durch seine immer dünner werdenden Schleier. Sie stellte ihr Auto vor einem Hotel ab, das The Black Dog hieß. Es war ein schönes weißes Haus, lang gestreckt, mit einem Reetdach und kleinen Bleiglasfenstern. So schön das Gebäude war, fand Sam, so fehl am Platz war das Schild, das über dem Eingang schaukelte. Darauf war ein großer schwarzer knurrender Hund mit gebleckten Zähnen und stechenden roten Augen abgebildet. Das Bild eines schwarzen Labradors mit einem Fasan im Maul wäre viel passender, malte sie sich aus. Als sie aus ihrem Wagen stieg, bemerkte sie, dass sie von zwei Frauen, die sich auf der anderen Straßenseite unterhielten, beobachtet wurde. Sam fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Die beiden sahen sie fast feindselig an. Sie versuchte es mit einem freundlichen Lächeln, aber in diesem Moment wandten sich die Frauen ab, als ob sie ihr Gespräch fortsetzen wollten. Sam war sich sicher, dass sie nicht wirklich miteinander sprachen, sondern nur auf eine weitere Gelegenheit warteten, sie anstarren zu können. Sie drehte sich um und betrat raschen Schrittes das Hotel.
Die Rezeption war nicht besetzt, also drückte Sam auf die Klingel und wartete darauf, dass jemand kam. Das Innere des Hotels war genauso reizend wie sein Äußeres. Zwar war es deutlich modernisiert worden, aber genügend ursprüngliche Details waren erhalten geblieben, um ihm einen altertümlichen, interessanten Anstrich zu verleihen. Gegenüber der Rezeption war ein großer offener Kamin, an dessen rußgeschwärzten Innenwänden man erkennen konnte, dass er regelmäßig benutzt wurde. Am Fuß dieses Kamins bemerkte Sam ein paar ineinander verschlungene weiße Kreise. Sie erinnerten sie ein wenig an die Ringe des olympischen Emblems, waren aber weniger gleichmäßig und etwas größer. Die Empfangsdame, eine kleine, rundliche Frau mittleren Alters, tauchte schließlich hinter dem Tresen auf und lächelte Sam erwartungsvoll an.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Sam mochte ihr warmes Lächeln. »Ja, ich hoffe, Sie können mir den Weg zu Reverend Shaws Haus erklären.«
Immer noch lächelnd ging die Frau mit ihr auf die Straße hinaus. Während sie den Weg erklärte, ruderte sie mit den Armen. »Folgen Sie dieser Straße bis in die Mitte des Dorfes und fahren Sie an dem alten Denkmal vorbei. Fahren Sie weiter bis zu der alten Schmiede, biegen Sie dort links auf die Swallow Road ab und dann sehen Sie das Pfarrhaus einige hundert Meter weiter zu Ihrer Rechten.«
Als die Frau wieder ins Hotel zurückgehen wollte, siegte Sams Neugier: »Warum haben Sie diese weißen Ringe da unten am Kamin?«
»Damit die Hexen nicht durch den Schornstein hereinkommen!«
»Aha.« Sam war nicht sicher, ob sie lächeln oder weise nicken sollte, doch die Frau drehte sich um und verschwand in der Tür und Sam machte sich auf den Weg durch das Dorf.
Es war alt und idyllisch wie viele Dörfer in den Fenlands. Jedoch deutete hier die Mischung von Alt und Neu auf eine stadtplanerische Katastrophe. Die schneeweißen Cottages mit ihren kleinen Fenstern und Türen wirkten neben den modernen Geschäften mit ihren großen Schaufenstern und den jüngeren Häusern, die mit Kunststoff-Fenstern ausgestattet waren, völlig deplaziert. Sam überquerte den holprigen, mit Kopfsteinen gepflasterten Marktplatz. In seiner Mitte stand ein großer Steinobelisk auf ein paar Steinstufen. Zuerst dachte Sam, es sei nur ein weiteres Kriegerdenkmal von Hunderten in der Gegend, die an die Opfer zweier Weltkriege erinnerten. Aber als sie näher kam, wurde schlagartig ihre Neugier geweckt. Vorn auf dem massiven Podest, auf dem der Obelisk errichtet war, stand in ungleichmäßigen Buchstaben eingraviert:
ZUM GEDENKEN AN MABEL STEER,
DIE IM JAHRE 1722 AN DIESER STELLE
AUF DEM SCHEITERHAUFEN VERBRANNT WURDE.
DIE LETZTE HEXENVERBRENNUNG IN ENGLAND.
Während Sam den Gedenkstein noch eine Weile betrachtete, stellte sie sich die Schreie
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