Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder
Wasser gefallen. Ich zappelte ziemlich herum, und die Leiche tanzte im Wasser. Dabei kam das Gesicht nach oben, und ich konnte die Augen sehen. Sie waren offen und ganz glasig. Ich schätzte, dass er tot war. In diesem Augenblick kamen Tom und Maryann in ihrem Stechkahn um die Ecke.«
»Ja, die beiden jungen Amerikaner. Mit ihnen muss ich mich gleich auch noch unterhalten.«
»Nun, das ist auch schon alles«, sagte ich. »Tom hat das Kommando übernommen. Sein Vater ist bei der Mordkommission in New York.«
»Ach, tatsächlich?«, sagte Pereira müde. Ich nehme an, Leute, die meinten, sich auszukennen, verursachten letzten Endes mehr Probleme als jene, die wussten, dass sie Amateure waren.
»Tom gab mir seine Jacke, sodass ich meine nasse Bluse ausziehen konnte.«
Pereira reichte mir ihr Notizbuch. »Würden Sie das bitte durchlesen, und wenn Sie einverstanden sind, unterschreiben?«
Ich nahm das kleine Buch, überflog meine Aussage und kritzelte meinen Namen darunter.
Sie nahm das Notizbuch wieder an sich. »Varady, richtig?«, fragte sie.
»Ein ungarischer Name.«
»Meiner ist portugiesisch«, sagte sie. »Niemand kann ihn richtig buchstabieren.«
»Meinen kann niemand richtig aussprechen«, sagte ich. »Die meisten sagen Var’ady, aber es heißt V’arady.«
»Bei mir ist es genauso. Man hat mir geraten, ihn zu ändern, aber ich wüsste nicht, warum ich das tun sollte.«
Sie lächelte mir mitfühlend zu, eine Einladung in den Club jener, die sich mit der Bürde eines ausländischen Familiennamens abmühen. Ich verspürte keine Lust beizutreten.
»Ihre Entscheidung, schätze ich«, sagte ich.
»Genau«, erwiderte sie forsch; sie wusste, dass sie abgeblitzt war. »Ich brauche Ihre permanente Anschrift, Fran. Sie wohnen in London?«
Ich nannte ihr meine Adresse.
Sie lehnte sich zurück und musterte mich nachdenklich. Ich wartete darauf, dass sie die Frage stellte, vor der ich mich fürchtete, nämlich, ob ich den Toten gekannt hatte. Doch das tat sie nicht. Hätte sie gefragt, hätte ich mit Nein geantwortet, und damit hätte ich eine Lüge erzählen müssen. Ich kann zwar sehr überzeugend lügen, wenn es sein muss – meine Schauspiel-Ausbildung, wissen Sie? –, doch wenn sie später durch irgendeinen Zufall die Wahrheit herausfand, war ich geliefert. Wenn ich andererseits gestand, Ivo zu kennen, würde ich erklären müssen, woher und wieso, und damit Lisa ins Spiel bringen. Das Fett wäre im Feuer, und Allerton würde es kaum abwarten können, dass ich nach London zurückkam, um mich langsam deswegen zu grillen. Was war das noch einmal gewesen, in was diese griechischen Seeleute geraten waren? Der Mahlstrom und die sich bewegenden Felsen, Scylla und Charybdis, das war es. Eine gute Allgemeinbildung bringt eben in jedem noch so ungeeigneten Moment den ein oder anderen nutzlosen Informationsschnipsel an den Tag.
Dann überlegte ich: Warum sollte sie mich fragen, ob ich ihn kannte? Ich war fremd in Oxford, das wusste sie. Der Tote war noch nicht identifiziert worden, und es gab bisher keinen Grund zu der Annahme, dass er kein einheimischer Fitness-Begeisterter war. Abgesehen davon hatte sie keinen Anlass zu glauben, dass sein Tod kein Unfall gewesen war. Er war beim Joggen zusammengebrochen, wahrscheinlich mit dem Herzanfall, den Tom ihm angedichtet hatte. Vielleicht, dachte ich sehnsüchtig (und sicher vergeblich), würde es bei der kommenden Verhandlung des Coroners als ein Unfall erklärt werden. Allerdings nicht, wenn es der Polizei nicht gelang, ihn zu identifizieren. Und sobald sie ihn identifiziert hatten, würde es anfangen verdächtig auszusehen. Falls er aus Oxford kam, warum kam dann niemand und erstattete eine Vermisstenanzeige oder verlangte die Herausgabe des Toten? Ein völlig unbekannter Mann in Laufkleidung, der im Fluss treibt – das ist sehr eigenartig. Wo war der Rest seiner Garderobe? Ich runzelte die Stirn. Ivo war doch wohl nicht in Laufkleidung an diesem Morgen von London hierhergekommen?
Die ganze Geschichte stank nahezu genauso schlimm, wie ich stinken musste. Ich vermochte nicht zu sehen, dass es ein Unfall gewesen wäre. Nicht angesichts der Tatsache, dass der Tote ein Rausschmeißer von Mickey Allerton gewesen war. Was um alles in der Welt hatte er in Oxford zu suchen? Hatte Mickey ihn geschickt, damit er mich im Auge behielt? Ganesh hatte wieder mal recht gehabt, wie immer – Mickey hatte mir nicht die ganze Geschichte erzählt. Irgendetwas ging da vor, und ich war
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