Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder
mittendrin wie jemand, der sich im dichten Nebel verlaufen hat. Sobald ich Pereira los war, musste ich mich erst einmal gründlich orientieren, so viel stand fest.
Statt die Frage zu stellen, die ich fürchtete, erkundigte sich Pereira: »Die beiden Jogger, die Sie gesehen haben, als Sie von der Rose Lane auf die Christ Church Meadow kamen – sie entfernten sich vom Fluss, sagen Sie?«
»Ja. Aber ich wollte damit nicht sagen, dass sie direkt vom Fluss kamen. Ich habe nur die allgemeine Richtung andeuten wollen, aus der sie kamen. Sie entfernten sich von mir, über den Weg in Richtung der Innenstadt. Ich weiß nicht, von wo sie gekommen sind.«
»Hmmm.« Pereira klopfte mit dem Stift auf ihr Notizbuch. »Können Sie die beiden beschreiben?«
»Eigentlich nicht, nein. Sie waren jung. Beide weiß, männlich, von mittlerer Größe und beide ziemlich stämmig gebaut. Sie trugen Laufhosen. Ich hab sie nur aus dem Augenwinkel gesehen und nicht weiter beachtet. Ich bin nicht mal sicher, ob sie tatsächlich jung waren. Ich hab ihre Gesichter nicht gesehen. Sie sind gelaufen wie junge Leute, voller Elan. Nicht wie ältere, für die das Laufen harte Arbeit ist.«
Für eine Sekunde huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, und ich fragte mich, ob meine Worte eine Erinnerung in ihr geweckt hatten. Sie schrieb eine Notiz in ihr Buch. Ich konnte sehen, worauf sie hinauswollte. Sie musste Leute finden, die den Toten gesehen hatten, bevor er im Fluss gelandet war, wahrscheinlich beim Laufen. Die Jogger waren mögliche Zeugen – falls es gelang, die beiden ausfindig zu machen. Auch ich begann mich zu fragen, was es mit den beiden auf sich hatte. Ich wünschte, ich hätte ihnen mehr Beachtung geschenkt. Ich glaubte nicht, dass Ivo von ganz allein ins Wasser gefallen war. Noch hielt ich etwas von Toms Theorie, dass er einen Herzanfall erlitten hatte. Was einen Überfall anging – sollte ein Angreifer so dumm gewesen sein, sich Ivo als Opfer auszusuchen, hätte er seinen Fehler sicher schnell bemerkt. Er wäre derjenige gewesen, der im Wasser gelandet wäre. Was musste das für eine Person sein, die es in einer körperlichen Auseinandersetzung mit Ivo aufnehmen und als Sieger daraus hervorgehen konnte? Jemand, der genauso stark war wie Ivo, offensichtlich. Oder jemand, der …
Pereira sprach erneut. Sie hatte ihr Notizbuch zugeklappt und in ihrer schwarzen ledernen Umhängetasche verstaut. Sie trug heute nicht ihren kurzen Rock und das kirschrote Jackett – vielleicht war das London-Garderobe. Stattdessen trug sie etwas, das aussah wie Designer-Jeans, dazu ein pfauenblaues Oberteil und teure Turnschuhe. Die einzige andere Polizeibeamtin, mit der ich näher bekannt war, Inspector Janice Morgan von der Mordkommission in London, kleidete sich wie eine Trauerfall-Seelsorgerin. Es war eine Schande, dass Morgan nicht ein wenig von Pereiras Stil übernehmen konnte. Doch wenngleich sich beide Frauen unterschiedlich anzogen, funktionierten ihre Köpfe ziemlich identisch.
»Wissen Sie, Fran«, sagte Pereira, indem sie sich erhob. »Ich kann nicht anders, ich habe das undeutliche Gefühl, dass Sie mir nicht verraten wollen, was Sie wirklich hier machen.« (Will heißen: Sie verschweigen mir etwas.)
»Wie kommen Sie auf den Gedanken?«, schnappte ich.
Sie zuckte die Schultern. »Ich spüre mehr als die übliche Reserviertheit gegenüber der Polizei. Haben Sie Ihre Freundin gefunden?«
Verdammt. Ich erinnerte mich, dass ich ihr erzählt hatte, ich wäre auf der Suche nach einer Freundin nach Oxford gekommen.
»Nein«, antwortete ich. »Ich dachte, sie würde in diesem Gästehaus wohnen, aber das war ein Irrtum. Und weil ich nun schon mal da war, dachte ich, ich könnte ein paar Tage bleiben und die Sehenswürdigkeiten besuchen.«
»Tatsächlich?«, fragte Pereira. »Und haben Sie die Sehenswürdigkeiten besichtigt?«
»Ich war gestern im Natural History Museum«, war ich im Stande, absolut wahrheitsgemäß zu erwidern.
»Oh? Das ist ein interessantes Museum. Was hat Ihnen besonders gefallen? Irgendein spezielles Ausstellungsstück?«
Ich bedachte sie mit einem müden Blick, weil ich dumm gewesen wäre, wenn ich nicht gewusst hätte, dass sie versuchte nachzuprüfen, was ich ihr erzählte. »Die Architektur des Bauwerks ist ein richtiger Blickfang«, sagte ich. »All die gotischen Bögen. Und auf der Galerie im ersten Stock gab es ein römisch-britisches Skelett in einer Glasvitrine, sehr interessant. Ich hatte ja keine Ahnung, dass
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