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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ungewöhnlich ist, dass ein Angeklagter in letzter Minute noch einen besseren Deal herauszuschlagen versucht.«
    Dann setzte sie in resolutem Ton fort: »Aber ich werde Ihnen eines sagen. Ich habe die Absicht, diesen Fall noch einmal Punkt für Punkt durchzugehen, als ob er mir gerade erst übertragen worden wäre. Ich werde jeden Schritt zurückverfolgen. Ich wusste von Anfang an, dass Easton ein mieser Typ ist, aber er ist noch viel schlimmer, als ich gedacht habe. Ein absolutes Ekelpaket. Sollte am Ende herauskommen, dass nach wie vor alles der Wahrheit entspricht, was er im Zeugenstand ausgesagt hat, dann ist sein ganzer Auftritt nur ein Bluff, weil er nicht ins Gefängnis gehen will. Andererseits – sollte er gelogen haben, dann
sitzt ein Unschuldiger im Gefängnis. Und wenn das der Fall ist, dann läuft derjenige, der Natalie Raines ermordet hat, noch frei herum.«
    »Emily, der Mörder von Natalie Raines sitzt zwei Häuserblocks weiter in seiner Zelle und heißt Gregg Aldrich. Da Sie offenbar nicht in der Lage waren, Easton hinreichend genug deutlich zu machen, dass er nicht mit Bewährung davonkommen würde, haben wir jetzt die Medien am Hals, die ausgiebig darüber spekulieren werden, was er noch alles ausplaudern wird.«
    Ted Wesley nahm den Telefonhörer ab, ein Zeichen, dass die Besprechung beendet war.
    Emily ging zurück in ihr Arbeitszimmer. Die Akte, die sie fast den ganzen Vormittag über studiert hatte, enthielt den ursprünglichen Bericht der Polizei von Old Tappan, wo Jimmy Easton bei seinem Einbruch verhaftet wurde. Er war kurz und bündig. Der Einbruch geschah am zwanzigsten Februar gegen 21:30 Uhr. Bei seinem ersten Verhör auf der örtlichen Polizeiwache hatte Easton von sich aus gesagt, dass er im Besitz von Informationen bezüglich des Mordes an Natalie Raines sei.
    Und daraufhin sind Jake Rosen und Billy Tryon sofort hingefahren, um ihn zu verhören, dachte Emily. Alle haben es als Glücksfall empfunden, dass Easton ausgesagt hat. Für das Büro der Staatsanwaltschaft war es beschämend gewesen, dass der Mord an Raines nach zwei Jahren immer noch ungelöst war. Wenn Easton überhaupt Zeitungen las, musste er wissen, dass Aldrich als der einzige Verdächtige galt. Er hatte ihn in einer Bar kennengelernt. Wäre es denkbar, dass er sich den Rest der Geschichte zusammengebastelt hat, eventuell mit ein bisschen Unterstützung von Billy Tryon?

    Jake hätte Easton niemals dabei geholfen, eine Falschaussage zu konstruieren, aber Tryon ist das durchaus zuzutrauen. Jake hatte gesagt, dass er beim ersten Verhör auf der Polizeiwache anwesend gewesen sei, aber er meinte auch, dass er ein paar Minuten später eingetroffen sei als Billy Tryon.
    Es ist mir egal, ob Ted Wesley mich feuert, solange er noch die Möglichkeit dazu hat, dachte Emily. Ich werde diese ganze Geschichte überprüfen. Dann sagte sie laut vor sich hin, was sie die ganze Zeit versucht hatte zu verdrängen: »Gregg Aldrich ist unschuldig. Ich hab alles getan, damit er schuldiggesprochen wird, und doch wusste ich gleichzeitig, dass er unschuldig ist.«
    Die Worte, die ihr Alice Mills entgegengeschleudert hatte, hallten aus der Erinnerung in ihrem Kopf wider: Sie wissen genau, dass dieser ganze Prozess eine Farce ist, und ich bin sicher, dass Sie Gregg im Grunde Ihres Herzens für unschuldig halten .
    Wie Recht sie hatte, dachte Emily.
    Wie Recht sie hatte.
    Es erschreckte sie, wie sicher sie sich auf einmal war.

61
    B elle Garcia kam nicht darüber hinweg, dass Gregg schuldiggesprochen worden war. Freitag- und Samstagnacht hatte sie kaum geschlafen. Im letzten Jahr hatte sie spät am Abend eine Sendung über Gefängnisse gesehen, und die Vorstellung, dass Gregg in so einem Käfig eingesperrt sein sollte, war einfach entsetzlich.
    »Selbst Natalies Mutter hat ihm geglaubt. Wie konnten diese dummen Geschworenen nur diesem fürchterlichen Gauner auf den Leim gehen? Also, wenn ich eine von den Geschworenen gewesen wäre, dann würde er jetzt zu Hause bei seinem Kind sein«, sagte sie nicht nur einmal, sondern immer wieder und wieder zu Sal.
    Am Samstagabend hatte er schließlich genug davon. »Belle, ich kann es nicht mehr hören. Wann kapierst du das endlich? Schluss damit! Kein Wort mehr darüber!« Und damit stürmte er aus der Wohnung und unternahm einen langen Spaziergang.
    Belles achtzig Jahre alte Mutter Nona Amoroso, genannt Nonie, hingegen wollte alles darüber wissen. Am Sonntagmorgen legte ihr Kreuzfahrtschiff in Red Hook,

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