Denn niemand hört dein Rufen
irgendjemand.
Du weißt, ich wollte nur, dass du glücklich bist.
Ich wünschte, du hättest das auch für mich gewollt.
Er stand auf, streckte sich, und dabei kam ihm schmerzlich zu Bewusstsein, dass er vermutlich nie mehr wieder im Central Park joggen würde, dass er vielleicht überhaupt nie mehr joggen könnte, wo auch immer. Er setzte sich wieder auf das harte Bett und fragte sich, wie er dieses Leben jemals ertragen sollte. Er schlug die Hände vors Gesicht. Minutenlang wurde er von Weinkrämpfen geschüttelt, bevor er sich schließlich wieder kraftlos auf die Pritsche sinken ließ.
Ich muss mich zusammenreißen, sagte er sich. Wenn es auch nur die geringste Chance geben sollte, hier wieder herauszukommen, muss ich irgendwie beweisen, dass Easton ein Lügner ist. Der Gedanke, dass er in diesem Moment ebenfalls irgendwo in diesem Gefängnis sitzt, ist einfach unfassbar. Er hat es verdient, hier zu sein – ich nicht, dachte er bitter.
Nach dem Schuldspruch hatte Richard Moore noch mit ihm gesprochen, als er in die Haftzelle geführt worden war, die an den Gerichtssaal angrenzte. Richard hatte ihm Mut zu machen versucht und ihm versprochen, Berufung einzureichen, sobald ein endgültiges Urteil ergangen sei.
»Werde ich bis dahin unter demselben Dach sein wie dieser Mistkerl?«, hatte Gregg ihn gefragt.
Richard hatte geantwortet, dass Richter Stevens soeben eine strikte Trennung angeordnet habe, es werde im Gefängnis also zu keinem Kontakt mit Easton kommen.
»Er wird sowieso nicht allzu lange dort bleiben«, hatte ihm Richard noch versichert. »Am Montagnachmittag wird das Urteil für Jimmy Easton ergehen. Innerhalb von wenigen Wochen wird er dann vom Bezirksgefängnis in ein Staatsgefängnis überführt werden.«
Das ist wahrscheinlich auch besser so, dachte Gregg. Wenn ich die Gelegenheit dazu hätte, ich glaube, ich könnte ihn umbringen.
Er hörte, wie die Tür aufgesperrt wurde. »Ihr Frühstück, Aldrich«, sagte der Wärter.
Um halb drei an diesem Nachmittag stand Richard Moore, begleitet von einem Wachbeamten, in der Tür von Greggs Zelle. Gregg blickte überrascht auf. Er hatte mit Richard heute nicht gerechnet, und ihm war sofort klar, dass etwas Positives geschehen war.
Richard kam sofort zum Punkt. »Gregg, ich komme direkt aus dem Gerichtssaal, wo ich Eastons Verhandlung und den Urteilsspruch verfolgt habe. Ich hatte Ihnen ja gesagt, dass ich nichts Interessantes erwartete. Ich dachte, sein Anwalt und Emily Wallace würden jeweils ihre kurzen Plädoyers halten, und dann würde Easton noch ein paar verlogene Worte sagen und beteuern, dass er ein neues Leben anfangen wolle, und das wäre es dann, alles mehr oder weniger Routine. Nun, es kam aber alles ganz anders.«
Während Gregg gebannt zuhörte und sich kaum getraute, irgendwelche Hoffnungsgefühle aufkommen zu lassen,
beschrieb ihm Richard, was sich zugetragen hatte. »Gregg, ich bin sicher, dass dieser Auftritt Emily Wallace gehörig wachgerüttelt hat. Als Easton hinausposaunt hat, dass er noch ganz andere Dinge sagen werde, konnte ich mir ziemlich genau vorstellen, was ihr durch den Kopf ging. Ich glaube, sie hat jetzt begriffen, dass Easton unberechenbar ist, eine Art tickende Zeitbombe. Und alle Journalisten, die dort waren, wissen das jetzt auch. Morgen werden die Zeitungen voll davon sein. Und wenn Wallace bisher noch nicht vorgehabt haben sollte, diesen Fall weiter zu untersuchen, dann wird das Presseecho sie dazu bringen, es zu tun.«
Und als er Greggs gequälten Gesichtsausdruck sah, berichtete er ihm noch von der Belohnung, die Michael Gordon auf seiner Webseite ausgesetzt, und von dem Anruf, der ihn auf diese Idee gebracht hatte.
Als Richard Moore die Zelle verließ, blickte ihm ein veränderter Gregg Aldrich nach, einer, der jetzt wieder tapfer daran glaubte, in nicht allzu langer Zeit erneut ein freier Mann zu sein.
60
T ed Wesley war sichtlich nicht besonders erfreut darüber, wie Jimmy Easton sich vor Gericht aufgeführt hatte. Als er erfuhr, dass Emily schon vorher gewusst hatte, dass Easton eine Bewährungsstrafe verlangen würde, explodierte er. »Was ist hier eigentlich los? Haben Sie ihm nicht deutlich gemacht, dass er ins Gefängnis muss? Und warum haben Sie mir das nicht vor der Verhandlung mitgeteilt?«
»Ted«, sagte Emily ruhig, »ich habe ihm so deutlich wie es nur geht gesagt, dass eine Bewährung nicht infrage kommt. Ich habe diese Sache erst vor kurzem erfahren, und ich denke nicht, dass es so
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