Denn niemand hört dein Rufen
Antiquitätengeschäft ausgeliefert, das inzwischen pleitegegangen ist. Es gibt einfach nicht genug Leute, die dieses Zeug kaufen wollen, glaube ich. Ich selbst kann mich dafür ja auch nicht besonders begeistern. Aber ich weiß, dass diese Lieferungen normalerweise für diese schicken Wohnungen in der East Side bestimmt waren«, antwortete Belle besorgt. »Ich weiß auch, dass sich Sal deshalb so aufregt, wenn ich über den Prozess rede …
Er hat Angst«, seufzte sie. »In den letzten Jahren hat er eine ganze Reihe verschiedener Aushilfen engagiert, die er immer bar bezahlt. Er möchte nicht den ganzen Papierkram am Hals haben, den er erledigen müsste, wenn er sie über die Bücher laufen lässt.«
»Ganz zu schweigen von den Abgaben für die Krankenkasse,
die dann fällig wären«, pflichtete Nonie bei. »Das würde ein Vermögen kosten. Du weißt ja, wie es ist, die Reichen werden immer reicher, und der Rest der Menschheit wird ausgequetscht. Du weißt, wie lange ich gespart habe, um mir die Reise mit den Mädels leisten zu können.«
Nonie hustete sekundenlang in den Hörer. »Entschuldige – meine Allergie. Da war so ein muffiger Geruch auf dem Schiff, ich glaube, das hat es ausgelöst. Wie dem auch sei, Belle, ich möchte natürlich nicht, dass Sal irgendwelche Schwierigkeiten wegen der Steuer bekommt. Aber wenn Jimmy Easton für ihn gearbeitet hat und bei einer Lieferung in dieser Wohnung gewesen ist, dann würde das erklären, weshalb er so viel darüber weiß.«
»Das ist genau das, was mich die ganze Zeit so quält.« Belle war den Tränen nahe.
»Liebes, du kannst nicht jemanden im Gefängnis schmoren lassen, wenn du nur den Mund aufmachen müsstest, um die Sache zu ändern. Außerdem, wenn du dafür sorgst, dass Gregg wieder rauskommt, wird er bestimmt sofort bereit sein, einen Scheck auszustellen für die Steuern, die Sal eventuell nachzahlen muss. Sag das Sal. Sag ihm, es sei seine Pflicht, dem Mann zu helfen, und dass du es selbst tun wirst, wenn er sich weigert.«
»Du hast vollkommen Recht, Mama«, sagte Belle. »Ich bin gottfroh, dass ich dir davon erzählt habe.«
»Und sag Sal auch, dass er sich auf mein Urteil verlassen kann. Schließlich bin ich nicht auf den Kopf gefallen.«
Belle wusste, dass sie ihm das nicht unbedingt sagen würde.
Sal ging am frühen Montagmorgen aus dem Haus. Sofort schnappte sich Belle ihren Wäschewagen und fuhr mit dem Aufzug in den Keller, wo sich der kleine Abstellraum
befand, der zu ihrer Wohnung gehörte. Dort bewahrte Sal seine Kartons mit den Unterlagen seiner Umzugsfirma aus den letzten zwanzig Jahren auf. Sie wusste, dass Sal den ganzen Verwaltungskram hasste, aber wenigstens hatte er die entsprechenden Jahre auf die mit Papier vollgepackten Kartons geschrieben.
Natalie ist jetzt seit zweieinhalb Jahren tot, dachte Belle. An diesem Punkt muss ich anfangen. Sie stellte die beiden Kartons mit den Unterlagen der zwei Jahre vor dem Mord in den Wagen und ging damit zum Aufzug.
Zurück in ihrem Wohnzimmer, begann sie, den ersten Karton zu durchsuchen. Eine Dreiviertelstunde später hatte sie gefunden, wonach sie suchte: einen quittierten Lieferschein von Sals Firma für die Lieferung einer Stehlampe mit Marmorfuß an »G. Aldrich« mit der Wohnungsadresse, die sie mehrmals im Fernsehen gesehen hatte. Der Schein trug das Datum des dritten März, dreizehn Tage vor dem Mord an Natalie.
Mit dem Lieferschein in der Hand ließ sich Belle in den nächstbesten Sessel fallen. Da sie alle wichtigen Daten des Falles im Gedächtnis hatte, wusste sie, dass der dritte März nach Aussage Eastons jener Tag war, an dem er mit Gregg in der Wohnung gewesen sein und die Anzahlung für den Mord an Natalie erhalten haben wollte.
Sie schauderte, als sie die Unterschrift derjenigen Person entzifferte, welche die Lieferung quittiert hatte. Harriet Krupinsky. Sie war jene Haushälterin von Aldrich, die ein paar Monate später in Rente gegangen und etwa ein Jahr nach Natalies Tod plötzlich gestorben war.
Belle hatte jetzt das sichere Gefühl, dass Jimmy Easton diese Lieferung ausgeführt haben musste. Wie kann Sal nur mit diesem Wissen nachts ruhig schlafen?, fragte sie
sich betroffen. Bei dem, was der arme Mann und seine Tochter durchmachen müssen.
Sie wühlte weiter in den Kartons und fand bald den klaren Beweis, dass Easton für Sal gearbeitet hatte. Es war ein zerfleddertes Telefonbüchlein, das mehrere Dutzend Namen enthielt. Einige davon kannte Belle, es waren
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