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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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danach gehe ich häufig noch ein Stück zu Fuß. Manchmal, besonders wenn ich über etwas nachdenken muss, verliere ich das Gefühl dafür, wie viel Zeit vergangen ist.«
    Ach wirklich?, dachte Emily.
    »Wie oft geschieht das, Mr Aldrich, dass Sie Ihr Zeitgefühl verlieren, wenn Sie joggen oder zu Fuß gehen?«, fragte Richard Moore.
    »Dafür gibt es kein Muster. Aber wenn ich sehr viele Dinge im Kopf habe, kann es passieren.« Gregg rief sich in Erinnerung, dass es gerade erst an diesem Morgen geschehen war und er sich beeilen musste, um rechtzeitig zur
Verhandlung zu erscheinen. Aber das werde ich den Geschworenen nicht erzählen, beschloss er. Sie werden denken, dass ich verrückt bin.
    Es gibt dafür kein Muster, dachte Emily, aber es ist an dem Morgen passiert, an dem Natalie ermordet wurde. Wie praktisch.
    Richard Moores nächste Fragen kreisten um Gregg Aldrichs Reaktion, als er von Natalies Tod erfuhr.
    »Ich konnte es nicht glauben. Es schien mir unmöglich zu sein. Ich war wie vor den Kopf geschlagen.«
    »Was haben Sie getan, als Sie die Nachricht erhielten?«
    »Ich habe sofort mein Büro verlassen und bin zu Natalies Mutter gefahren.«
    Gregg blickte auf Alice Mills, die in der dritten Reihe saß. Im Allgemeinen wurden die Zeugen von der Verhandlung ausgeschlossen, doch ihr war nach Beendigung ihrer Befragung gestattet worden, den Rest des Prozesses im Saal zu verfolgen. »Wir waren entsetzt und geschockt. Wir haben zusammen geweint. Alices erster Gedanke galt Katie.« Seine Stimme wurde brüchig. »Sie wusste, wie sehr Katie und Natalie aneinander hingen. Sie bestand darauf, dass ich sofort zu ihr gehe und ihr die Nachricht überbringe, bevor sie es von jemand anders hören würde.«
    Es ging allmählich auf vier Uhr zu. Moore wird die Sache in die Länge ziehen, damit die Geschworenen das ganze Wochenende über Mitleid mit Gregg haben können, dachte Emily.
    Tief enttäuscht, dass sie nicht vor Montag mit dem Kreuzverhör beginnen konnte, achtete sie sorgfältig darauf, nach außen hin völlig ungerührt zu erscheinen.

26
    A n jenem Abend war sich Michael Gordons Runde bei Vor Gericht einig, dass sich Gregg Aldrich bei der Befragung gut geschlagen hatte und dass er, falls er im Kreuzverhör durch die Staatsanwältin bestehe, eine recht gute Chance auf ein nicht einstimmiges Ergebnis bei den Geschworenen habe oder sogar eine gewisse Chance auf einen Freispruch.
    »Das Urteil beruht in diesem Fall auf der Zeugenaussage eines Gauners«, erinnerte Richter Bernard Reilly die übrigen Teilnehmer der Runde. »Findet sich eine plausible Erklärung dafür, auf welche Weise Jimmy Easton etwas über diese quietschende Schublade hätte in Erfahrung bringen können, so werden die Geschworenen begründete Zweifel haben. Bei allen restlichen Aussagen Eastons läuft es darauf hinaus, dass sein Wort gegen das von Aldrich steht.«
    Richter Reilly lächelte. »Ich weiß nicht, wie oft ich schon in meinem Leben in einer Bar ein paar Worte mit meinem Nachbarn am Tresen gewechselt habe. Wenn da nun einer plötzlich behauptet hätte, ich hätte ihm gesagt, ich wolle meine Frau umbringen, dann stünde auch sein Wort gegen meines. Und ich muss auch sagen, ich fand die Erklärung Aldrichs für seinen Anruf auf Eastons Handy durchaus plausibel.«
    Michael Gordon wurde plötzlich von heftigen Gefühlen
gepackt. Ein Teil von ihm erwartete immer noch, dass sein Freund von allen Vorwürfen reingewaschen werden würde, wie ihm nun bewusst wurde.
    »Lassen Sie mich von meiner Seite aus hierzu etwas bemerken«, hörte Gordon sich selbst sagen. »Als Jimmy Easton mit seiner Geschichte ankam, habe ich, wie ich aufrichtig zugeben muss, geglaubt, dass er wohl die Wahrheit sagt und Gregg Aldrich tatsächlich dieses Verbrechen begangen hat. Ich habe bei vielen Gelegenheiten aus eigener Anschauung miterleben können, wie sehr Gregg Natalie geliebt hat und wie sehr ihm die Trennung nahegegangen ist. Ich habe wirklich geglaubt, dass er einfach durchgedreht ist und sie getötet hat.«
    Gordon blickte auf die fragenden Gesichter in der Runde. »Ich weiß, dass ich jetzt Neuland betrete. Es ist immer meine Linie gewesen, während eines laufenden Prozesses strikt neutral zu bleiben, und ich denke, dass ich es in diesem Fall damit übertrieben habe. Wie ich schon am ersten Tag bekanntgegeben habe, waren Gregg und Natalie enge Freunde von mir. Ich habe mich ganz bewusst von Gregg ferngehalten, seitdem Anklage gegen ihn erhoben wurde, doch jetzt,

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