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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Tryon, wenn er nicht so ungepflegt wirkte, das gewisse großtuerische Flair eines harten Burschen an sich hatte, das manche Frauen vermutlich unwiderstehlich fanden. Im Büro ging das Gerücht um, dass er eine neue Freundin hätte, eine Nachtclub-Sängerin. Nun, das hatte sie nicht sonderlich überrascht.
    Er versuchte gar nicht erst zu verbergen, dass er sie ebenfalls von oben bis unten musterte.
    »Sie haben sich ja heute für die Kameras unglaublich in Schale geworfen, Emily. Sie sehen blendend aus.«
    In einem abergläubischen Anfall hatte Emily am Morgen das Kostüm wieder verworfen, das sie sich ursprünglich für die Verhandlung ausgesucht hatte. Stattdessen hatte sie den anthrazitfarbenen Hosenanzug und das knallrote Top aus dem Schrank geholt, die sie getragen hatte, als ihr Ted Wesley den Fall anvertraut hatte. »Ich habe mich nicht unglaublich in Schale geworfen«, entgegnete sie scharf. »Dieser Anzug ist zwei Jahre alt, und ich habe ihn schon wer weiß wie oft vor Gericht getragen.«
    »Nun, ich wollte Ihnen nur ein Kompliment machen. Sie sehen wirklich großartig aus.«
    »Billy, ich danke Ihnen vielmals. Aber wie Sie sehen, bin ich damit beschäftigt, meine Notizen noch einmal durchzugehen, und in einer guten Stunde werde ich im Saal stehen und mein Bestes geben, damit ein Mörder schuldiggesprochen wird. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden.«

    »Aber ja doch. Natürlich.« Mit einem Lächeln und einem kurzen Winken drehte er sich um und zog die Tür hinter sich zu.
    Emily war etwas durcheinander. Habe ich mich wirklich extra für die Kamera schick gemacht? Nein. Ist dieses rote Top zu knallig? Nein. Mach dich nicht verrückt. Du wirst allmählich schon ein bisschen seltsam, wie dieser arme Zach. Sie musste wieder an die verschwundenen Chrysanthemen denken. Sie sahen wirklich sehr schön aus. Und dann, als ich gestern Morgen Bess ausführte, waren sie auf einmal weg. Nichts als umgegrabene Erde. Aber als ich um fünf Uhr nach Hause kam, hatte er Astern und Stiefmütterchen an seinen Weg gepflanzt. Mir haben die Chrysanthemen besser gefallen, dachte sie. Aber dieser Kerl ist wirklich seltsam. Wenn ich es recht bedenke, war es überhaupt ein Segen, dass ich ihn damals in meiner Veranda erwischt habe. Wenigstens hat mir das rechtzeitig die Augen geöffnet.
    Emily vertrieb alle weiteren Gedanken über ihre Kleidung oder ihren skurrilen Nachbarn und vertiefte sich erneut in die Notizen, die sie beim Kreuzverhör von Gregg Aldrich benutzen wollte.
     
    Der Prozess wurde pünktlich um neun Uhr fortgesetzt. Richter Stevens wies Gregg Aldrich an, wieder im Zeugenstand Platz zu nehmen.
    Aldrich trug einen dunkelgrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine schwarz-graue Krawatte. Man könnte meinen, er ginge auf eine Beerdigung, dachte Emily. Ich möchte wetten, dass Richard Moore ihm zu dieser Kleidung geraten hat. Er möchte den Geschworenen das Bild eines trauernden Ehemanns vermitteln. Aber ich glaube nicht, dass ihm das viel nützen wird.

    Sie drehte sich um und warf einen kurzen Blick auf die Zuschauerreihen. Ein Wachbeamter hatte ihr erzählt, dass sich bereits lange Warteschlangen im Gang gebildet hatten, bevor die Türen zum Saal geöffnet wurden. Die Zuschauerreihen waren dicht besetzt, kein einziger Platz war mehr frei. Katie Aldrich saß in der ersten Reihe, direkt hinter ihrem Vater. Auf der anderen Seite des Mittelgangs, direkt hinter Emily, saß Alice Mills, flankiert von ihren beiden Schwestern.
    Emily hatte Alice bereits gegrüßt, bevor sie ihren Platz am Tisch der Anklage eingenommen hatte.
    Richter Stevens stellte für das Protokoll fest, dass der Zeuge bereits vereidigt worden sei, und sagte dann: »Frau Staatsanwältin, Sie können jetzt mit Ihrer Einvernahme beginnen.«
    Emily stand auf und sagte: »Danke, Euer Ehren.« Sie durchquerte den Raum bis zum hinteren Ende der Geschworenenbank und wandte sich dann zum Zeugenstand. »Mr Aldrich«, hob sie an, »Sie haben ausgesagt, dass Sie Ihre Frau, Natalie Raines, sehr geliebt haben. Ist das richtig?«
    »Das ist richtig«, antwortete Gregg Aldrich ruhig.
    »Und Sie haben ausgesagt, dass Sie ihr Agent waren. Ist das richtig?«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Und als ihr Agent hatten Sie Anspruch auf fünfzehn Prozent ihres Einkommens. Ist das richtig?«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Und könnte man sagen, dass Natalie Raines eine erfolgreiche Schauspielerin war und große Berühmtheit genoss, sowohl vor als auch während Ihrer beider

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