Denn rein soll deine Seele sein
Bandenkriege, Drogenmorde - mir reicht's schon lange. Für diesen Fall brauchst du mich nicht. Du hast die richtigen Ideen und die richtige Motivation. Viel Glück.«
»Dann schicke ich dir aber auf jeden Fall den Bericht. Falls euch im Morddezernat schon mal so was Ähnliches untergekommen ist, sag mir Bescheid. Und kratz nicht soviel.«
»Meistens geht's nach ein paar Tagen wieder weg.« Fordebrand schnaubte sich die Nase. Dann sah er zur Seite. »Ich glaube, dein Typ wird verlangt.«
Der Rosch-Jeschiwa winkte. Decker entschuldigte sich und ging zu ihm hinüber.
»Mrs. Lazarus sagt, es sei Florence Marley, die Frau, die der Wachdienst uns geschickt hat. Stimmt das?«
Rina war von einer Schar von Frauen umringt, die offenbar versuchten, sie auszuhorchen. Ich muß sie dort loseisen, dachte Decker, sonst geht der ganze Fall baden.
»Ich darf Ihnen leider keine Auskunft geben, Rabbi, ehe die Angehörigen verständigt sind.«
»Mir sind Kinder anvertraut, Detective Decker. Ich trage die Verantwortung für alle, die hier leben. Bitte, Sie müssen es mir sagen.« In den Augen des Rabbis standen Zorn und Angst.
»Behalten Sie es aber zunächst noch für sich. Ja, es war Florence Marley.«
Der Rabbi schüttelte den Kopf. »So eine feine Frau. Ich habe das Einstellungsgespräch mit ihr geführt. Sie hat vier kleine Kinder. Ihr Mann hat zwei Jobs, und mit diesen drei Einkommen konnten sie den Kindern den Besuch einer Privatschule ermöglichen. Ich kann es gar nicht glauben. Was , um Himmels willen, geht hier vor? Warum wird uns das angetan?«
Marge trat zu ihnen. »Bisher noch keine Spur, Pete.«
»Sei so nett und hol Rina her, Marge. Sie redet.«
»Wir haben das Recht zu erfahren, was hier vorgeht«, schaltete sich der Rabbi ein.
»Es könnte sein, daß sie aus Versehen etwas sagt, was sie nicht sagen sollte.«
»Dieses schreckliche Verbrechen lastet schwer auf uns, Detective. Wir haben Florence Marley eingestellt, wir tragen die Verantwortung für ihren Tod.«
»Ich habe den Verdacht, Rabbi, daß diese Vorfälle wenig mit der Jeschiwa, dafür aber um so mehr mit Rina zu tun haben. Wenn sie sich verplappert, bringt sie sich unter Umständen selbst in Gefahr.«
»Haben Sie Informationen, die mir nicht bekannt sind?«
Decker schwieg. Jetzt kam Marge mit Rina. »Was ist?« fragte diese.
»Du solltest nicht mit den Leuten reden.«
»Sie wollten nur wissen, wer es war.«
»Spielt keine Rolle. Wenn sie was wissen wollen, sollen sie mich fragen.«
»Sie haben Angst.«
»Rina, ich sag's jetzt ganz deutlich: Du mußt den Mund halten.«
Rina sah ratsuchend Rabbi Schulman an. »Ich fürchte, Rina Miriam, unser guter Detective hat den Verdacht, daß einer der bochrim ein rashe ist. Hat er einen Grund dafür?«
Decker ärgerte sich. Er wußte zwar nicht, was ein rashe war, um ein Kompliment handelte es sich aber bestimmt nicht.
Rinas Blick ging unentschlossen zwischen den beiden Männern hin und her.
»Rina, du hast mir mal erklärt, daß die Rettung eines Menschenlebens im Judentum Vorrang vor allem anderen hat«, sagte Decker. »Wenn du redest, bringst du dich in Lebensgefahr.«
Der Rabbi lächelte leicht. »Es geht schon seltsam zu in der Welt, wenn ein Goj mit der Halacha argumentiert.« Er holte sein Zigarettenetui hervor und bot Decker und Marge seine Handgerollten an.
»Ich will Ihnen aus der Sackgasse heraushelfen, Detective. Und dir auch, Rina Miriam. Du hast ihm von Shlomo Stein erzählt, habe ich recht?«
Rina schwieg. Der Rosch-Jeschiwa wandte sich an Decker. »Dazu kann ich Ihnen sagen, daß Shlomo Stein den ganzen Abend im bejthamidrash gewesen ist und studiert hat. Sein chavruse kann das bestätigen. Ein chavruse ist -«
»Ich weiß. Ein Studienpartner.«
Der Rabbi sah Rina an. Sie wurde rot.
»Der chavruse heißt Shraga Mendelsohn. Sie können ihn und Stein vernehmen, die beiden haben bestimmt nichts zu verbergen.
Und was dich betrifft, Rina, gebe ich dem Detective recht. Ssejog lachochme schtike. Das ist eine Sentenz aus dem Talmud, Detective, und bedeutet: Der Zaun der Weisheit ist das Schweigen.«
»Da kommt das Fernsehen, Pete«, sagte Marge.
»Bei denen sollten wir uns jedenfalls alle an Ihren Spruch halten, Rabbi«, meinte Decker.
Schulman nickte. »Ganz recht. Schlimme Geier, diese Presseleute.«
In diesem Augenblick erschienen zwei Streifenpolizisten mit Moshe Feldman am Waldrand. Sofort richteten sich die Kameras auf die hagere Gestalt und folgten ihr, bis die drei bei Decker
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