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Denn rein soll deine Seele sein

Denn rein soll deine Seele sein

Titel: Denn rein soll deine Seele sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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kameradschaftlich auf die Schulter und verschwand im Haus. Rina hatte Hemmungen, mit einem Mann allein zu bleiben, auch wenn er nur Kriminalbeamter war, und meinte, sie sollten auch wieder hineingehen. Decker stimmte bereitwillig zu. Zumindest war die Mikwe klimatisiert. Dann sah er, daß sich zwei uniformierte Kollegen näherten, und winkte sie heran.
    »Wissen Sie, wo die Tat begangen wurde?« fragte er Rina.
    Sie deutete hinüber.
    »Könnten Sie uns die Stelle ganz genau zeigen? Wir möchten vermeiden, aus Versehen Spuren zu zertrampeln.«
    Sie führte die Beamten zu der Bodensenke.
    »Ob er sie - ob er sie hier vergewaltigt hat, weiß ich nicht. Hier habe ich sie jedenfalls gefunden.«
    »War sie bei Bewußtsein?«
    »Ja. Baruch Hashem.«
    Decker wandte sich an die Kollegen. »Sperrt hier ab und verständigt die Spurensicherung. Dann könnt ihr euch ein bißchen umsehen, vielleicht findet ihr noch was.«
    Er drehte sich zu Rina herum. »Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    Rina verzog sich mit dem Kriminalbeamten in eine ruhige Ecke. Er war ein großer starker Mann mit energischen Gesichtszügen und dunklen, durchdringenden Augen, die in seltsamem Gegensatz zu der hellen Haut und dem roten Haar standen. Sie wußte wohl, daß Erfolge bei der Verbrechensbekämpfung nichts mit Körpermaßen zu tun hatten, trotzdem fand sie es beruhigend, daß er so groß war.
    »Was ist denn nun eigentlich geschehen, Mrs. Lazarus?«
    »Ich habe hier gesessen und Klassenarbeiten korrigiert.« Rina deutete auf den Sessel. »Und dann hörte ich einen Schrei. Ich ging hinaus und sah etwas in den Wald laufen. Dann fand ich ihre Perücke auf dem Boden und wußte, daß etwas passiert war...« Ihre Stimme erstarb, und sie fröstelte.
    »Sie sahen etwas ins Unterholz laufen? Wo?« Decker holte seinen Block heraus.
    »Von der Stelle, die ich Ihnen gezeigt habe, nach rechts.«
    »Haben Sie etwas oder jemanden gesehen?«
    Rina seufzte. »Das kann ich nicht genau sagen. Es ging alles so schnell. Tut mir wirklich leid.«
    »Nicht schlimm. Wir kommen ganz gut voran. Fangen wir noch mal ganz von vorn an. Sie sind hier in der Mikwe... Was ist das übrigens? Eine Art Fitneßcenter?«
    »Es ist ein rituelles Bad. Die Frauen kommen hierher, um sich durch Untertauchen geistig zu reinigen.«
    »Wie eine Taufe?«
    Rina nickte. Das traf es ziemlich genau. »Sie hörten also draußen einen Schrei. Wie ging es dann weiter?«
    »Ich habe die Tür aufgemacht und hinausgesehen. Und da hörte ich ein Keuchen. Gleich darauf verschwand jemand im Gebüsch. Ich glaube doch, es war ein Mensch, die Gestalt ging aufrecht.«
    »Haben Sie sich irgendwelche Einzelheiten merken können?«
    »Nein. Es war sehr dunkel, und die Gestalt trug auch dunkle Sachen. Ich habe sie nur eine Sekunde gesehen.«
    »Groß, klein, dünn, kräftig?«
    »Durchschnittlich.«
    »Kleiner oder größer als ich?«
    Rina sah zu ihm auf. »Kleiner als Sie, würde ich sagen. Aber Sie sind größer als der Durchschnitt, das wird Ihnen nicht viel helfen.«
    »Könnten Sie sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war?«
    »Nein.«
    Decker machte sich ein paar Notizen, dann sah er auf. »Was haben Sie gemacht, als die Gestalt weg war?«
    Rina blickte sich unruhig um. Die Frauen, besonders Chana, beobachteten sie scharf. Sie senkte die Stimme. »Ich sah Mrs. Adlers Perücke. Dann fand ich Mrs. Adler im Gebüsch. Man hatte ihr die Kleider vom Leib gerissen, und sie war...« Tränen stiegen ihr in die Augen.
    Nette Person, dachte Decker. Sie hatte eine schwer zu beschreibende Ausstrahlung, eine unauffällige Eleganz. Da sie kein Kopftuch trug wie die anderen, konnte er ungehindert das dichte schwarze Haar, die klassischen Gesichtszüge, die zarte, helle Haut, den vollen, weichen Mund und die strahlendblauen Augen betrachten.
    »Es muß ein schlimmer Schock gewesen sein.« Er gab ihr ein Papiertaschentuch.
    Sie wischte sich übers Gesicht. »Das kann man wohl sagen. Wir sind alle noch ganz benommen. Es herrscht hier ein sehr enger Zusammenhalt, und jetzt fühlen wir uns sehr verletzlich. Jede von uns hätte es treffen können - besonders mich. Ich war heute ziemlich spät dran. Um die Zeit, als Mrs. Adler überfallen wurde, gehe ich normalerweise heim.«
    »Wohnen Sie auf dem Gelände?«
    »Ja, natürlich.«
    »Wie kommen Sie gewöhnlich nach Hause?«
    »Zu Fuß. Es sind etwa fünf Minuten.«
    »Und niemand hat Sie je belästigt?«
    »Nein, niemand. Wir leben hier draußen ganz isoliert.

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