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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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Schlacht vorbereiten, sondern auf eine Niederlage.
    Allie hielt ihr Sprudelglas in die Höhe und betrachtete die aufsteigenden Bläschen. Die Geschichtsstunde vom Vormittag fiel ihr wieder ein, und sie musste daran denken, wie Napoleon durch List und Tücke eine weit überlegene Armee besiegt hatte.
    Nur, wer ist hier Napoleon?
, fragte sie sich.
Wir? Oder Nathaniel?

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Dreißig
    Doch Nathaniel schlug nicht los, weder am nächsten Tag noch am übernächsten.
    Und auch am überübernächsten nicht.
    Und je mehr Zeit verstrich, ohne dass etwas geschah, desto mehr machte sich an der Schule aller Ungewissheit zum Trotz eine gewisse Normalität breit. Die Schüler gingen weiter zum Unterricht, lernten, spielten Spiele … und warteten.
    Nachdem eine Woche vergangen war, ohne dass Nathaniel sich gerührt hätte, gestattete Allie sich die leise Hoffnung, dass sie vielleicht doch in Sicherheit wären. Vielleicht hatte Lucinda es rechtzeitig zum Aufsichtsrat geschafft. Vielleicht hatte dieser sich Nathaniel ja widersetzt und ihn zu einem Rückzieher gezwungen.
    Doch als sie Isabelle fragte, schüttelte die den Kopf. »Er wiegt uns bloß in Sicherheit. Damit wir unvorsichtig werden.«
    Nachdem die Night-School-Ausbilder in die Schule zurückgekehrt waren, traf die Gruppe sich nicht mehr so oft. Raj und Isabelle hatten sie angewiesen, die Suche nach dem Spion aufzugeben, und angesichts der Umstände blieb ihnen keine andere Wahl – die Lehrer achteten mit Argusaugen auf jeden ihrer Schritte. Nun konnten sie nichts anderes tun, als abzuwarten. Bei den Mahlzeiten stießen nun auch Jules und Lucas wieder zu ihnen, und statt um Nathaniel und Spione drehten sich ihre Unterhaltungen wieder um Schulangelegenheiten.
    Allie hasste diese falsche Normalität, die vorgaukelte, es könne nichts Schlimmes geschehen. Aber was blieb ihnen übrig?
    Ihr fehlte der Adrenalinschub der heimlichen Treffen zu später Stunde, des Eindringens in verschlossene Räume auf der Suche nach Beweisen. Sie vermisste das Gefühl, selbst aktiv zu werden. Sie waren wieder außen vor. In gewisser Weise waren sie das immer gewesen, doch zumindest eine Zeit lang hatte es sich angefühlt, als hätten sie ein wenig Einfluss auf die Ereignisse.
    Ohne die täglichen Zusammenkünfte fiel es ihr leichter, Distanz zu Sylvain zu wahren. Das war ihr nur recht, sie brauchte Zeit zum Nachdenken.
    Doch immer wieder, wenn sie aufschaute, bemerkte sie, dass er sie quer durch den Raum ansah, ein verlorener Blick in seinen Augen, die blauer waren als blau. Und dann wurde ihr ganz klamm ums Herz, und sie musste daran denken, was er zu ihr gesagt hatte: »Ich kann nicht ewig auf dich warten … Es tut einfach zu weh …«
    Manchmal, wenn er keine Anstalten machte, ihr zu folgen, oder nicht mitlachte, wenn sie einen Scherz machte, bekam sie Angst, jetzt könnte er sich entschlossen haben, nicht länger zu warten, und dann überkam sie die Panik.
    Er … musste einfach warten. Bis diese Sache mit Nathaniel vorbei war. Danach …
    Carter seinerseits ließ sich nicht mehr morgens im Garten blicken. Nach ihrer Unterhaltung hatte Allie bereits damit gerechnet, trotzdem kam sie sich am ersten Morgen, an dem er nicht auftauchte, verlassen vor.
    Dafür kamen sie jetzt immerhin besser miteinander aus. Er behandelte sie freundschaftlich – nicht wie eine gute Freundin, aber wenigstens freundschaftlich.
    Schritt für Schritt, sagte sie sich.
    Das Irrste war, dass sie beim morgendlichen Gärtnern langsam auf den Geschmack kam. Sie erinnerte sich, dass Jo mal wochenlang Gartenarrest gehabt und danach was von Sich-in-den-Garten-Verlieben gesagt hatte. Damals hatte Allie nicht verstanden, was Jo meinte, doch jetzt wusste sie es. Der Geruch nach feuchter Erde, das Säen und Bedecken hatte etwas Therapeutisches. Es beruhigte sie.
    Hilfreich war auch, dass es nicht mehr so kalt war. Über all den Ereignissen war es März geworden, und überall schoss plötzlich das Grün aus dem Boden, als hätte irgendwo irgendwer einen Knopf gedrückt, auf dem »Jetzt wachsen« draufstand. Die ordentlichen, geraden Furchen, die Carter und sie an jenem verregneten Morgen gezogen hatten, erkannte man nun an den Reihen von zarten, grünen Pflänzchen wieder, aus denen später einmal Möhren, Kohl und Kartoffeln werden würden. Bei ihrem Anblick empfand Allie Befriedigung – sie hatte dabei geholfen, sie zu erschaffen.
    Seit sie allein waren, war Mr Ellison weniger streng, so als hätte er Mitleid

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