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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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Straucheln, konnte sich aber immer rechtzeitig abfangen.
    Als sie fast oben angelangt war, hörte sie ein Geräusch im Wald – schwach, aber deutlich, ein brechender Zweig, dann … Stille.
    Mit schlagartig trockenem Mund spähte sie in die Finsternis, doch die Nacht gab nichts preis. Allie wandte sich wieder dem Pfad zu und machte einen Schritt vorwärts.
    »Hallo, Allie.«
    Nathaniels schaurig vertraute Stimme schien geradewegs aus dem Empfänger in ihrem Ohr zu kommen.
    Das ist doch nicht möglich.
    Mit zitternden Händen fummelte sie an ihrer Taschenlampe, doch ihre Finger waren plötzlich wie taub. Endlich gelang es ihr, den Einschaltknopf zu drücken, und ein heller Strahl leuchtete auf. Sie hielt die Taschenlampe über ihren Kopf und richtete den Strahl nach vorn.
    Der Pfad war leer.
    Ihr Atem entlud sich in einem erstickten Schluchzen.
    Wo ist er bloß?
    Panisch drehte sie sich im Kreis, der Strahl taumelte wie betrunken.
    Nichts.
    »Geh weiter, zur Burg.« Die Stimme in ihrem Ohr klang seelenruhig. Das jagte Allie nur noch mehr Angst ein.
    Er hat das Funksystem gehackt!
    »Oben werde ich dir Anweisungen geben, wie’s weitergeht. Tu, was ich sage, dann wird Rachel nichts geschehen.«
    Er kann alles hören, was wir sagen!
    Allies Herz hämmerte so laut gegen ihren Brustkasten, dass sie Nathaniel fast nicht verstand.
    »Das war aber nicht artig von dir, dass du versucht hast, mit diesem Geheimsender meine Anweisungen zu unterlaufen«, schalt er sie. »Obwohl mein Brief das nicht ausdrücklich verboten hat, ich weiß. Sei’s drum. Dann stelle ich hiermit eine neue Regel auf. Solltest du Raj irgendwie verraten, dass ich mit dir spreche, wird Rachel auf die gleiche Art sterben wie Jo. Ich hoffe, du begreifst, wie ernst es mir ist.«
    Im ersten Moment war Allie vor Angst wie gelähmt. Raj nicht informieren, hatte er gesagt – bedeutete das, dass nur sie Nathaniel hören konnte und Raj nicht? Erwartete er eine Antwort? Aber dann würde Raj es ja auf jeden Fall mitbekommen.
    Am liebsten hätte sie kehrtgemacht, wäre den Hügel hinuntergerannt und hätte Raj gewarnt. Er musste das unbedingt wissen.
    Doch dann dachte sie an Rachel – allein in der Gewalt dieses Monsters. Sie konnte nicht zurück. Sie musste es versuchen.
    Im gleichen Augenblick vernahm sie durch den Empfänger im Ohr Rajs ruhige Stimme. »Allie, bitte melden.« Ohne die geringste Spur von Irritation. Er hatte keine Ahnung, dass Nathaniel ihre Verbindung gekapert hatte.
    »Allie?«, rief Raj sie wieder. Diesmal klang er besorgt – sie musste antworten.
    »Verstanden«, flüsterte sie angespannt.
    Sie hatte keine Wahl. Sie konnte Raj nicht warnen, ohne Rachels Leben aufs Spiel zu setzen. Sie musste mitmachen, doch sie hatte eine solche Angst, dass Hände und Füße wie festgefroren waren.
    Los, Allie
, trieb sie sich an.
Rachel würde das für dich auch tun.
    Sie biss die Zähne aufeinander und machte einen Schritt. Dann noch einen. Auf diese Weise stolperte sie den Hügel hinauf, während sie sich an ihrer Taschenlampe festhielt. Der unstete Strahl beleuchtete das leere Gelände vor ihr und zeichnete Schatten von Ästen, die wie lange Finger nach ihr zu greifen schienen.
    Der Hügelkamm war jetzt nicht mehr fern. Dahinter konnte sie bereits die gezackte Ruine des Burgturms erkennen.
    Gesenkten Kopfes ging sie weiter, mit unregelmäßigen, gleichwohl entschlossenen Schritten.
    Als sie die Überreste der einst mächtigen Burgmauer erreichte, schlug ihr Herz so schnell, dass ihr ganz schwindelig wurde.
    Im Laufe der Zeit war die alte Steinmauer zu großen Teilen eingestürzt, stand an manchen Stellen aber immer noch fast zwei Meter hoch. Allie suchte sich einen Weg zur niedrigsten Stelle, wo die herabgestürzten Steine eine Art Treppe bildeten, und kletterte hinauf.
    Der Wind hatte aufgefrischt und wehte ihr das Haar ins Gesicht, während sie den düsteren, halb verfallenen Steinturm betrachtete. Bei Nacht und wenn wie jetzt stürmische Wolken darüber hinwegzogen, machte er seinem Ruf alle Ehre.
    Eine Feuerstelle markierte den Ort, wo die Schüler im Herbsttrimester am Lagerfeuer gesessen hatten. Hundert Jahre musste das her sein.
    Nathaniel war nirgendwo zu sehen, doch Allie wusste, dass er da war, irgendwo. Und auf sie wartete.
    Sie wappnete sich, kraxelte nach unten und ging über das unebene Gelände auf den Turm zu.
    »Ich bin am Turm«, sagte sie ins Mikrofon.
    »Verstanden«, antwortete Raj. »Du hast zehn Minuten.«
    Zehn Minuten, ehe

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