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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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Augenblick hätte nichts ihre Stimmung aufhellen können.
    Als sie einen schlanken, bebrillten Mann auf Eloises Stuhl sitzen sah, klumpte sich ihr der Magen zusammen. Sie fand es unerhört taktlos, Eloise einfach zu ersetzen, als wäre sie bereits schuldig gesprochen. Als wäre sie austauschbar.
    Sie kannte den Mann, er unterrichtete Englisch in der Unterstufe. Allie versuchte, ihre Wut hinunterzuschlucken. Er konnte ja nichts dafür. Vermutlich.
    Dennoch musste sie ihn auf die Probe stellen. Sie wollte herausfinden, ob er ihr ins Gesicht lügen würde.
    »Entschuldigung«, sagte sie. »Haben Sie Eloise gesehen?«
    Der Lehrer legte die Karteikarten hin, die er gerade ausfüllte, und sein Gesichtsausdruck sagte Allie, dass er im Gegensatz zu ihr ganz genau wusste, wen er da vor sich hatte.
    »Ich fürchte, sie ist in Klausur«, erwiderte er mit untadeliger Höflichkeit. »Das ganze Wochenende über.«
    Die Kombination aus Lüge und guten Manieren machte Allie nervös. Er musste wissen, wo Eloise war und was sie gerade durchmachte, doch es schien ihm völlig egal zu sein.
    So ein Vollidiot.
    »Wunderbar«, sagte sie kühl. »Ich dachte schon, ihr wär was zugestoßen.«
    Ohne seine Reaktion abzuwarten, machte Allie auf dem Absatz kehrt und steuerte auf einen schwach beleuchteten Bereich im hinteren Teil des Saals zu. Rachel saß genau da, wo Allie sie vermutete, die Lesebrille auf der Nasenspitze, das lange Haar nachlässig im Nacken zu einem Knoten gebunden, der von einem Bleistift zusammengehalten wurde, dessen eines Ende in die Höhe zeigte wie eine Antenne.
    Es hatte Allie überrascht, wie bereitwillig Nicole ihren Wunsch akzeptiert hatte, Rachel solle auch mitmachen. Da Rachel nicht zur Night School gehörte, hatte sie Einwände erwartet.
    »Wenn wir sie mitmachen lassen, verstoßen wir gegen so ziemlich alle Regeln der Internatsordnung«, hatte Allie Nicole klargemacht, doch die hatte nur mit den Achseln gezuckt.
    »Wir werden sowieso gegen derart viele Regeln verstoßen, dass es darauf auch nicht mehr ankommt. Wenn die uns erwischen, fliegen wir alle hochkant von der Schule.«
    »Hey«, sagte Allie jetzt und setzte sich Rachel gegenüber.
    »Ah, sehr gut.« Rachel sah zu ihr auf. »Bist du hier, um dich auspeitschen zu las… äh, wegen deiner Chemie-Nachhilfe, wollte ich sagen?«
    Als Allie auf den Scherz nicht einging, kniff Rachel die Augen zusammen. »Was ist los? Irgendwas ist passiert, würde ich sagen. Deine Nase tut wieder so komisch.«
    Misstrauisch fasste Allie sich an die Nasenspitze. Sie hatte nicht den Eindruck, dass ihre Nase irgendwas tat.
    »Was denn?«, fragte sie, wartete Rachels Antwort jedoch nicht ab. »Hör mal, es ist was passiert …«
    »Wusst ich’s doch«, entgegnete Rachel selbstgefällig. »Nasen lügen nicht.«
    Allie beugte sich vor, um Rachels ganze Aufmerksamkeit zu bekommen. »Ich brauche deine Hilfe.« Obwohl an den Tischen um sie herum niemand saß, hielt sich Allie halb die Hand vor den Mund, während sie weitersprach. »Was ich dir jetzt sage, wird dir garantiert nicht gefallen.«
    »Oh-oh.« Rachel setzte die Lesebrille ab.
    »Eloise steckt ganz schön in Schwierigkeiten und braucht unsere Hilfe.«
    Aus Rachels Gesicht wich jeder Anflug von Albernheit. »Was ist denn passiert?«
    Allie sah sich um. »Komm mal mit.«
    Sie ließen Rachels Bücher liegen und zogen sich in eine dunkle Ecke in der Abteilung »Griechische Antike« zurück, wo nie jemand war. Mit jedem Schritt wuchs Allies Angst, dass Rachel ihr die Bitte am Ende abschlagen könnte.
    Rachel hasste die Night School und überhaupt alles, was mit der dunklen Seite von Cimmeria zu tun hatte. Sie hatte versucht, Allie davon abzubringen, dort mitzumachen. Aber die Bibliothek war Rachel der liebste Ort auf der Welt, und in ihren Augen
war
Eloise die Bibliothek. Wenn Rachel mitmachen sollte, musste Allie in leuchtenden Farben ausmalen, in welch arger Klemme die Bibliothekarin steckte. Sie kam sich vor wie eine Verräterin.
    Genau das verabscheute Rachel so an dieser Schule, und genau in diese Kerbe schlug Allie nun.
    Rasch berichtete sie von den Geschehnissen am Abend zuvor – dem Messer in der Mauer, Nathaniel, Gabe. Als sie erklärte, dass es in der Schule einen Helfer geben musste, stieß Rachel einen erstickten Schrei aus und wandte sich ab.
    »Das hatte ich befürchtet«, sagte sie, als sie sich gefasst hatte. »Mein Vater hat vor einer Weile mal was gesagt, aus dem ich geschlossen habe, es könnte einer von uns

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