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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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schwarze Gewitterwolke fegte die Verzweiflung über sie hinweg. Sie war so müde, und sie hatten sich so viel Mühe gegeben. Alles für die Katz.
    Nathaniel trieb immer noch da draußen sein Unwesen. Die falsche Person wurde gegen ihren Willen festgehalten. Und alles war noch genauso schlimm wie vorher. Wenn nicht schlimmer.
    »Aber wer ist es dann?«, fragte sie und sah Nicole mit leeren Augen an.
    Eine Zeit lang erwiderte Nicole nur ihren Blick, dann richtete sie sich plötzlich auf, als wäre ihr gerade eine Idee gekommen. »Kann ich mal Papier und Stift haben?«
    Allie stand auf und holte einen Notizblock und ein paar Stifte von ihrem Schreibtisch. Wie Rachel war Nicole ein As in den naturwissenschaftlichen Fächern. Da lag es nahe, dass sie die Sache wie eine komplexe Gleichung angehen wollte.
    »Also, bleiben wir zunächst mal nur bei den Überfällen selbst«, sagte Nicole und malte drei Quadrate aufs Papier. Ins erste schrieb sie »Ruth«, ins zweite »Jo« und ins dritte »Kapelle«.
    »Okay«, sagte sie. »Wo waren wir alle, als Ruth ermordet wurde?«
    Penibel trugen sie zusammen, wer von den Night-Schoolern und Lehrern sich am Abend des Sommerballs wann wo aufgehalten hatte. Sie erstellten eine Liste derer, die ein Alibi hatten, und eine derer, die keines hatten.
    Dasselbe machten sie für den Abend, an dem Jo ermordet worden war. Wen hatten sie zur Tatzeit gesehen? Wen nicht?
    Und genauso verfuhren sie mit dem Vorfall von letzter Nacht. Nicole machte ein Diagramm mit lauter Namen, die sie in kleine Rechtecke eintrug, und verband diejenigen, deren Aufenthaltsort unbekannt war, durch Pfeile mit den drei Quadraten.
    Schnell begriff Allie, dass Nicole nach einem Muster suchte. Natürlich konnte auch jemand von außen auf das Schulgelände gelangt sein, aber jemand von innen musste den Schlüssel liefern, ein Schloss aufschließen, das Tor entriegeln.
    Als sie fertig waren, starrten sie beide schweigend und mit gemessenem Ernst auf das Blatt.
    Mit der Fingerspitze zog Allie die dunklen Linien nach, die zu einer Reihe von Kästchen führten, in denen jeweils ein vertrauter Name stand. Jede Linie so zart und zerbrechlich wie das Vertrauen, das sie zu jeder dieser Personen aufgebaut hatte.
    Doch alles Aufgebaute kann auch wieder zerstört werden. »Es muss also einer von denen sein«, sagte sie.
    Nicole nickte ernst und sah sie aus dunklen Augen an. »Einer von denen ist es.«
    Allie starrte auf das inkriminierende Blatt Papier. Dann hob sie den Blick und sah Nicole an. »Und was machen wir jetzt?«

[zurück]

Vierzehn
    Es war fast neun, als Nicole an diesem Morgen Allies Zimmer verließ. Sie hatten einen Plan gefasst.
    Zwar nur die Grundzüge eines Plans, aber das war besser als nichts.
    Als Erstes würden sie ein Team zusammenstellen, das ihnen helfen sollte.
    Sie hatten ausgemacht, dass nur die dabei sein durften, die für sie beide akzeptabel waren, doch schließlich war es gar nicht so schwer, sich auf Namen zu einigen, mit denen sie beide leben konnten.
    Jetzt mussten sie diese Leute nur noch dazu überreden, dass sie mitmachten.
    Allie zog sich schnell an und eilte hinunter. Jetzt am Samstag lag das Treppenhaus still da – die meisten Schüler spielten vermutlich irgendetwas oder unterhielten sich. Ein paar kickten sicher auch draußen in der Kälte. Aus der offenen Tür zum Aufenthaltsraum drangen leises Gemurmel und vereinzeltes Gelächter.
    Einen Augenblick lang sehnte Allie sich nach einem ganz normalen Schülerleben. Es wäre toll gewesen, eine Zeit lang mal jemand anders zu sein.
    Sie verfiel in einen leichten Trab, quer durch die Halle zur Bibliothek.
    Immer wenn sie durch die Bibliothekstür trat, kam sie sich vor wie in einer anderen Welt. Es herrschte eine Stille wie im Krankenhaus. Was an Geräuschen nicht von den dicken Perserteppichen geschluckt wurde, verlor sich irgendwo in den hohen Decken. Man kam sich vor wie in Watte eingepackt.
    Der beißende Rauchgestank vom Brand im vergangenen Sommer war schon längst verflogen; inzwischen roch es hier wieder nur nach alten Ledereinbänden, Tinte aus dem 19 . Jahrhundert und Möbelpolitur.
    Die meterhohen Regale, die ins Schummerlicht über ihrem Kopf ragten, sahen alle gleich aus, doch Allie wusste, dass im vorderen Teil der Bibliothek lauter originalgetreue Nachbauten standen, und selbst die neuen Rollleitern sahen genauso aus wie früher.
    Alle Schäden, die Nathaniel dem Gebäude zugefügt hatte, waren repariert worden. Doch in diesem

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