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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Aktien verkauft haben.«
    Frau Simons gönnte mir ein Lächeln.
    »Sie haben heute Zeitung gelesen?«
    »Bin sogar bis zum Wirtschaftsteil vorgestoßen.«
    »Als intelligenter Mensch werden Sie nicht alles glauben, was in der Zeitung steht. Außerdem, selbst wenn ein Unternehmer Aktien aus seinem Besitz verkauft, heißt das noch lange nicht, daß er den Glauben an den Erfolg seines Unternehmens verloren hat. Es heißt in der Regel vielmehr, daß er Kapital braucht. Jedes Unternehmen, das innovativ arbeitet und expandiert, braucht Kapital.«
    Der Artikel heute morgen hatte eher spekuliert, daß die Anteilseigner noch schnell Kasse machen wollten, ehe die ABS-Aktie zu ihrer unaufhaltsamen Talfahrt angesetzt hatte. Aber darum kümmerten sich jetzt die Börsenaufsicht und eventuell die Staatsanwaltschaft, falls bis dahin nicht ein Großteil der Akten in den Umzugskartons genauso unauffindbar verschwunden sein würden wie die Akten der Regierung Kohl aus dem Bundeskanzleramt. Mein Thema war ein anderes.
    »Trotzdem verstehe ich nicht, warum Sie so wild auf das Erbe Ihres Großonkels sind, wenn ABS ein derart profitables Zukunftsunternehmen ist.«
    Die Großnichte breitete ihre Arme aus und öffnete die Handflächen in meine Richtung – ein altes Signal, daß man nichts zu verbergen habe.
    »Dr. Hoffmann, Sie halten mich für eine raffgierige Frau, scheint mir, die sich an dem Tod ihres Großonkels bereichern will. Eigentlich könnte mir egal sein, was Sie denken, aber ich will es Ihnen trotzdem erklären: Diese Firma hat zur Zeit einen Liquiditätsengpaß. Das ist nichts Ungewöhnliches, besonders nicht bei einem so jungen Unternehmen. Und da können Sie das beste Produkt auf der Welt haben, das hilft Ihnen gar nichts, wenn Sie nicht über die Mittel verfügen, das Produkt auf dem Markt zu plazieren und eingegangene Verträge fristgerecht zu erfüllen. Den Tod meines Großonkels kann ich nicht verhindern, und Sie können es offensichtlich auch nicht. Also habe ich ein Interesse daran, wenigstens das mir zustehende Erbe sinnvoll einzusetzen.«
    »Das habe ich auch.«
    Sie machte eine wegwerfende Geste.
    »Mein Großonkel hat mir von Ihrem kleinen Projekt erzählt. Also ehrlich, Dr. Hoffmann! Wägen Sie das doch einmal ab gegen die Arbeit, die hier läuft! Es ist doch nicht so, daß ich mich persönlich bereichern will. Es geht mir um diese Firma! Es geht um Arbeitsplätze, um die Aktionäre, um unser Produkt.«
    Es ist stets die gleiche Argumentation. Es geht immer nur um die Firma, den Weltfrieden oder das Gemeinwohl. Ich gab der Großnichte zu verstehen, daß eine falsche Sicherung in der Infusionspumpe ihres Großonkels fast seinen Tod bedeutet hätte.
    »Und was soll ich damit zu tun haben?«
    »Sie haben nach einer Abkürzung zum Ausgleich Ihres finanziellen Engpasses gesucht, nachdem Ihr Großonkel angedeutet hatte, daß er sein Testament ändern würde. Wissen Sie, man hat Sie gesehen in der Silvesternacht.«
    Diese Mitteilung mußte sie erst einmal verdauen, aber sie fing sich schnell.
    »Nehmen wir einmal an, ich bin wirklich gesehen worden. Denken Sie, es würde als Verbrechen angesehen, seinem Großonkel im Krankenhaus ein frohes neues Jahr zu wünschen? Und noch etwas. Ich könnte mir vorstellen, daß es zumindest keine gute Publicity für Ihre Klinik ist, wenn in der Zeitung stünde, daß bei Ihnen lebenswichtige Infusionspumpen wegen falscher Sicherungen ausfallen. Mal ganz abgesehen von möglichen Schadensersatzklagen. Was meinen Sie?«
    Was hatte ich erwartet? Vielsagende Ausflüchte? Ein Geständnis gar? Aber niemand war Zeuge gewesen, als ich die falsche Sicherung in dem Infusomaten gefunden hatte. Ebenso würde ein geschickter Verteidiger herausbekommen, daß Schwester Käthe gemeint hatte, Renate gesehen zu haben. Als Entwicklerin von Analysegeräten hatte Frau Simons einen ebenso analytischen Verstand und schnell erkannt, daß längst die Polizei bei ihr gewesen wäre, hätte ich wirklich Beweise. Die Großnichte bedachte mich mit einem koketten Lächeln.
    »Habe ich sonst noch etwas auf dem Gewissen?«
    »Ich kenne mich mit Ihrem Gewissen nicht so gut aus, Frau Simons.«
    Die Großnichte erhob sich und stolperte dabei fast über einen der Umzugskartons.
    »Ich sage Ihnen was, Dr. Hoffmann. Erst einmal schönen Dank für diese spannende Erzählung, war richtig interessant. Ganz offensichtlich sind Sie mit einer blühenden Phantasie begnadet. Was meine Person als Teil der Handlung betrifft, rate ich

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