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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Urlaub übernehmen zu müssen.
    Also humpelte ich in dieser Nacht mit meiner Krücke über die Stationen wie Friedrich der Große durch sein Feldlager und bemühte mich um das übliche Sortiment an Simulanten, total Verrückten und ein paar richtig Kranken. Gegenüber den Schwestern sorgte ich jeweils für einen Gesichtsausdruck, in dem Dr. Hoffmann eindeutige Schmerzen tapfer unterdrückte.
    Zwischen nächtlichen Blutzuckerkontrollen und ähnlich anspruchsvollen Tätigkeiten wurde mir nach und nach der Grund für Käthes Selbstmordversuch klar. Eben nicht aus schlechtem Gewissen oder Angst vor der Polizei, sondern aus Furcht vor jener hoffnungslosen Zukunft, von der sie einige ihrer Patienten erlöst hatte. Denn zu Recht konnte sie nach Bekanntwerden ihres Tuns nicht damit rechnen, weiter als Schwester arbeiten zu können. Ein Grund mehr, Hauptkommissar Czarnowske und seine Truppe endgültig aus der Klinik herauszuhalten.
    Alles in allem wurde es eine lange Nacht. Gegen halb sechs am nächsten Morgen lohnte es sich nun auch nicht mehr, ins Bett zu gehen, und ich wartete nur noch, daß um sechs endlich die Cafeteria zum Frühstück aufmachte.
    Dort traf ich dann auf meine ebenfalls unrasierten Leidensgenossen von der Gynäkologie, der Chirurgie, der Urologie, der Anästhesie, und von keinem hätte ich bei ihrem derzeitigen Aussehen einen Gebrauchtwagen gekauft oder einen Scheck akzeptiert. Ich setzte mich zu ihnen. Bernd von der Anästhesie hatte schon die Morgenzeitung besorgt, selbst mit der Sportberichterstattung beschäftigt, überließ er mir das Feuilleton und den Wirtschaftsteil. Beide studierte ich ausführlich, denn es hat keinen Zweck, daß der Stationsarzt zu früh auf seiner Station auftaucht, er bringt dadurch nur die Schwestern und deren Tagesablauf durcheinander.
    Im Wirtschaftsteil, sonst nicht unbedingt meine Standardlektüre, sprang mir sofort die Schlagzeile ins Auge: »Geschäftsführung von ABS weist Beschuldigungen zurück.« Als Besitzer von fast fünfhundert Aktien dieses Unternehmens mußte ich erfahren, daß die Börsenaufsicht nicht nur das Geschäft zwischen ABS und dieser holländischen Biotechnologiefirma überprüfte und dabei von einem vermuteten Scheingeschäft sprach, sondern eine ganze Reihe weiterer Vorwürfe gegen das Management von ABS vorbrachte, wie falsche Gewinnprognosen und Insidertrading.
    Die schwerste Anschuldigung bestand darin, daß das Management trotz einer Sperrfrist von zwei Jahren, der sogenannten »lock up period«, heimlich einen großen Teil seines Aktienpakets verscherbelt habe. Alles in allem drohte meinen Aktien mit »fast unglaublichem Steigerungspotential« (Originalton Valenta) die Metamorphose zu wertlosen Junkbonds. Letztlich vom Stuhl haute mich aber das Foto zum Artikel, das die Geschäftsführerin von ABS zeigte. Ich brauchte die Bildunterschrift nicht zu lesen, die Geschäftsführerin von Advanced Biotechnology Systems hatte ich inzwischen persönlich kennengelernt: Simone Simons, die Großnichte meines Patienten Winter!
    Anästhesist Bernd beugte sich zu mir herüber.
    »Wer ist denn die blonde Schönheit? Die hat ja ‚ne Mähne wie sexy Renate! Hat Valenta ihretwegen so viele Aktien von dieser Firma gekauft? Die ist genau der Typ, für den ich morden würde!«
    Großer Gott! Hatte ich in der märkischen Schweiz doch kräftiger was auf den Kopf bekommen als angenommen? Und den Rest meiner Hirnzellen in der Narkose verloren? Selbst dem dümmsten Dummkopf wäre längst klar gewesen, wen Schwester Käthe wirklich in der Silvesternacht aus Winters Zimmer hatte kommen sehen. Hatte ich doch neulich selbst vor Winters Zimmer die Großnichte mit Renate verwechselt. Und nach dem Artikel war mehr als sicher, daß der Großnichte und ihrer Firma das Wasser bis zum Hals stand und sie sehr gute Gründe hatte, ein neues Testament ihres Großonkels unbedingt zu verhindern!
    »Ich weiß nicht, ob ich für sie morden würde«, genüßlich säbelte ich ein Brötchen in zwei Hälften, »aber ich glaube, ich werde die Dame heute noch besuchen.«
    Erstaunt blickte Bernd auf.
    »Na, dann viel Spaß«, rief er mir nach, als ich mit meiner Krücke eilig zur Intensivstation humpelte.

    Dort stand ich vor einem frisch abgezogenen Bett.
    »Wo ist Käthe?«
    Schlimmste Vorstellungen wetteiferten in meinem Großhirn um die Pool-Position.
    »Zu Hause, denke ich«, antwortete Valenta.
    »Seid ihr wahnsinnig?«
    »Was sollten wir machen? Sie festbinden? Per Gerichtsbeschluß

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