Department 19 – Die Mission
leiser Stimme. »Vor langer Zeit habe ich geschworen, die Carpenter-Familie zu beschützen. Einer deiner Vorfahren hat mich gerettet, und ihm zum Gedenken habe ich mein Wort bis heute gehalten, mehr als ein halbes Jahrhundert lang.«
»Er hat Sie gerettet?«
»Ja. Er hat mich gerettet.« Frankenstein sah Jamie an. »Aber das ist nicht die Geschichte, die ich dir erzählen möchte, nicht jetzt. Ein andermal.«
»Aber …«
»Frag nicht. Ich werde jetzt nicht darüber sprechen, also lass uns keine Zeit damit verschwenden.«
Jamie sah das Monster an. Frankenstein betrachtete den Teenager mit beinahe liebevollem Blick, und Jamie fragte sich, was wohl geschehen sein mochte, um solch eine Loyalität hervorzurufen. Plötzlich ergab auch Frankensteins Wutanfall im Hangar einen Sinn – er hatte Jamie davonrennen lassen, und dass an einem Ort, wo ihm alles Mögliche hätte zustoßen können.
»Also schön«, sagte Jamie. »Das ist alles? Ich schätze, da steckt noch mehr dahinter.«
»Ich denke, der beste Weg, dieses Versprechen weiter zu ehren, besteht darin, dir zu sagen, was du meiner Meinung nach wissen musst, denn ich glaube, es ist zu spät für dich, jemals wieder ein normales Leben zu führen – falls du das je hattest. Meinst du nicht?«
»Ja«, sagte Jamie einfach.
Frankenstein nickte und begann zu reden. »Ich nehme an, dein Dad hat dir nicht besonders viel über deine Familie erzählt, habe ich recht?«
»Er hat mir gesagt, dass ich einen Onkel hatte, der sehr jung starb. Und dass mein Großvater Pilot im Zweiten Weltkrieg war. Das ist so ungefähr alles.«
»Beides stimmt. Dein Onkel Christopher starb bei seiner Geburt, als dein Vater gerade sechs Jahre alt war. Und dein Großvater John war ein hoch dekorierter Pilot. Er flog eine Hurricane während der Luftschlacht um England. Wusstest du das?«
Jamie schüttelte den Kopf.
»Er war ein tapferer Mann. Beim Ausbruch des Krieges war er bereits seit neun Jahren nicht mehr in der Royal Air Force, doch als Großbritannien Hitlerdeutschland den Krieg erklärte, kehrte er noch am selben Tag wieder zurück – gegen den Wunsch deines Urgroßvaters, des Mannes, mit dem die Geschichte ihren eigentlichen Anfang nimmt.«
»Ich weiß nichts über ihn«, sagte Jamie. »Ich kenne nicht einmal seinen Namen.«
»Sein Name war Henry Carpenter. Er war ein guter Mann, genauso gut wie sein Sohn, mindestens. Und alles, was deiner Familie im Lauf der letzten hundertzwanzig Jahre passiert ist, alles, was dir und deiner Mutter gestern zugestoßen ist, kann auf die Tatsache zurückgeführt werden, dass er für einen wahrhaft großen Mann gearbeitet hat, eine Legende, deren Namen du mit Sicherheit schon einmal gehört hast. Professor Abraham Van Helsing.«
Jamie lachte auf. Es war ein kurzes, abfälliges Geräusch, wie ein Hundebellen, und es war ihm unwillkürlich herausgerutscht, ohne dass er es hätte verhindern können. Das Monster sah ihn mit einem Ausdruck tiefer Verärgerung an.
Also wirklich. Für wie dumm hält er mich?
»Van Helsing war nicht echt«, entgegnete er und lächelte das Monster an. »Ich habe Dracula gelesen.«
Frankenstein erwiderte sein Lächeln.
»Ob du es glaubst oder nicht – das macht die Sache um einiges einfacher«, sagte er.
»Ich hab auch Frankenstein gelesen«, sagte Jamie hastig, bevor ihn der Mut verließ.
»Das ist schön für dich«, erwiderte das Monster. »Darf ich jetzt vielleicht fortfahren?«
»Okay«, sagte Jamie enttäuscht. Es hatte ihn all seinen Mut gekostet, das Buch von Mary Shelley zu erwähnen.
»Danke sehr. Also schön, es gibt gewisse Wahrheiten, die du einfach akzeptieren musst, und je schneller du das tust, desto besser. Professor Van Helsing war echt. Die Dracula-Geschichte und all die Menschen, die darin vorkommen, sind ebenfalls echt. Es hat sich alles fast genau so abgespielt, wie dieser irre Trunkenbold Stoker es aufgeschrieben hat. Nur die Verführerinnen, die Harker von seinen Fluchtplänen ablenken sollen, sind Fiktion – Wunschdenken vonseiten des Autors. Genauso wie die angebliche Fähigkeit des Grafen, sich in eine Fledermaus zu verwandeln oder in einen Wolf oder sonst irgendetwas. Doch der Rest ist ziemlich dicht an der Wahrheit. Was bedeutet – für den Fall, dass du es noch nicht begriffen hast –, dass Vampire tatsächlich existieren. Obwohl dir das nicht allzu schwerfallen sollte zu glauben – schließlich bist du gestern zwei Vertretern dieser Gattung begegnet.«
Jamie fühlte
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