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Department 19 – Die Mission

Department 19 – Die Mission

Titel: Department 19 – Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Hill
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wiegte Jamie jetzt hin und her, hin und her wie ein Baby. Schließlich setzte er ihn behutsam ab und lockerte seinen Griff. Jamie riss sich sofort los und wirbelte mit hochrotem Gesicht und blitzenden Augen zu ihm herum, doch es gab keinen zweiten Wutausbruch.
    »Das Labor analysiert gerade das Foto«, sagte Morris. »Leider lassen die vorläufigen Ergebnisse keinen Rückschluss auf den Ort zu, an dem das Bild gemacht wurde. Es tut mir leid.«
    »Sie ist meine Mutter !«, rief Jamie, den Blick unverwandt auf Frankenstein gerichtet. »Verstehst du, was das bedeutet?«
    »Nein«, sagte Frankenstein einfach. »Ich verstehe das nicht. Ich … ich hatte nie eine Mutter. Aber es gab einmal einen Mann, den ich als meinen Vater betrachtete. Also kann ich es mir vorstellen.«
    »Ich weiß nicht, ob du das kannst«, sagte Jamie und bedauerte seine Worte augenblicklich, obwohl der Riese sie ihm offensichtlich nicht übel nahm. Aus seinen großen, unsymmetrischen Augen sah er Jamie mit ausdrucksloser Miene an. Morris unterbrach das angespannte Schweigen.
    »Wo hat man den Leichnam gefunden?«, fragte er und wies mit einem Nicken in Richtung des Toten.
    »Auf der Straße«, antwortete Turner. »Etwa fünf Kilometer vom Tor entfernt, aufgehängt in einem Baum. Eine Patrouille fand ihn gegen null-sechshundert. Sie sagt, um null-fünfhundertfünfzig wäre er noch nicht dort gewesen.«
    Jamie lief ein Schauer über den Rücken.
    Fünf Kilometer. Fünf Kilometer von hier waren Vampire – vielleicht sogar die, die ihn so zugerichtet haben. Während ich im Bett gelegen und geschlafen habe.
    Er schob den Gedanken beiseite.
    »Wir müssen meine Mutter finden«, sagte er so ruhig, wie es ihm möglich war. »Damit nicht noch jemand ermordet und so zugerichtet wird.«
    Er sah Frankenstein an.
    »Wo fangen wir an?«

20
    Die Stadt, die niemals schläft
Teil I
    New York, USA
30. Dezember 1928
    John Carpenter stand am Bug der RMS Majestic , als der große Liniendampfer langsam in die Upper New York Bay einlief. Es war kurz nach neun Uhr abends, und tief am nächtlichen Himmel hing eine bleiche Wolkenschicht, aus der beständig schwere Schneeflocken fielen.
    Steuerbord sah man die hohen Mauern von Fort Hamilton, gesäumt von Soldaten, die klatschten und jubelten und ihre Mützen in die Luft warfen, als die Majestic vorbeikam. Sie war das größte Schiff der Welt, mehr als neun Football-Felder lang, und über dem gewaltigen Rumpf thronten acht Stockwerke voller heller Lichter. Ihre Ankunft war ein Ereignis, selbst in einer Stadt wie New York, die das Spektakuläre gewöhnt war.
    Carpenter zog seinen Mantel enger um die Schultern und steckte sich eine jener türkischen Zigaretten an, die seine Frau für ihn eingepackt hatte. Er hielt die hohle Hand über die Flamme, um sie vor dem Schnee zu schützen, der sich auf das nasse Deck und auf seine Haare legte. Allmählich wurde es kalt – die Nachtluft war frisch und ruhig und wurde nur gelegentlich von Fetzen von Musik und Lachen aus den unteren Decks durchbrochen. Im Ballsaal unter den Schornsteinen wurde das Abendessen serviert, doch Carpenter war nicht hungrig. Er konnte es kaum erwarten das Schiff zu verlassen und würde essen, sobald er von Bord gegangen war.
    Auf der Überfahrt von Southampton hierher hatte es ihm an nichts gefehlt – seine Suite war beinahe obszön luxuriös eingerichtet gewesen, die Stewards und das Personal so aufmerksam, wie man es sich nur wünschen konnte, die Tage voll angenehmer Ablenkungen und Vergnügungen. Trotz alledem hatte er den größten Teil seiner Zeit in der kleinen Bücherei im rückwärtigen Teil des Achterdecks verbracht und den Menschen studiert, den er verfolgte.
    Er ist kein Mensch mehr. Nicht mehr – vergiss das nicht.
    Carpenter blies parfümierten Rauch in die Nachtluft. Hoch über ihm erklang das Schiffshorn ohrenbetäubend laut in der stillen Winternacht. Er sah nach Nordwesten, wo die hohen Lichter von Manhattan wässrig gelb durch das Schneetreiben leuchteten. Ein Blick auf die Uhr, die Olivia ihm vor der Abreise geschenkt hatte, zeigte ihm, dass die Majestic gut zwei Stunden früher einlaufen würde als geplant.
    Ein guter Anfang.
    Er schnippte die halb gerauchte Zigarette über die Reling und spazierte über das Promenadendeck zurück. Hinter ihm ragten die Wolkenkratzer von New York in den Nachthimmel.
    Carpenter war der Erste, der von Bord ging. Er hatte seinen Überseekoffer bereits lange, bevor Land in Sicht gekommen war, gepackt.

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