Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
nie kennengelernt, hättest nie eine Chance zur Wiedergutmachung bekommen. Beruhige dich, dummes Ding.
Sie spürte, wie ihre Reißzähne sich zurückzogen, und öffnete langsam die geballten Fäuste. Für Larissa, die mit rabenschwarzem Humor begabt war, war es ein Quell immerwährender Heiterkeit, dass sie sich ausgerechnet in einen Jungen verliebt hatte, den sie nie auch nur kennengelernt hätte, wäre sie nicht die gehorsame Dienerin eines Ungeheuers gewesen, das versucht hatte, seine Familie zu vernichten. Aber das hatte sie unmöglich wissen können, als sie mit Alexandru und seinen Gefolgsleuten zu dem Haus geflogen war, das der ahnungslose Jamie Carpenter sich mit seiner Mutter und dem Geist seines Vaters teilte.
Und sie hatte unmöglich wissen können, dass ihr neues Leben, ihr wahres Leben, kurz vor dem Anfang stand.
Kate Randall klappte das Notebook zu, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und starrte die Wand über dem kleinen Schreibtisch ihrer Unterkunft an. Sie hatte geduscht und trug jetzt Shorts und ein T-Shirt, dessen Kragen von der Restfeuchtigkeit in ihrem blonden Haar nass war.
Sie war an der Reihe, den Einsatzbericht des Teams G-17 zu schreiben, aber sie merkte, dass sie sich nicht darauf konzentrieren konnte. Natürlich war sie müde, aber das war nicht ungewöhnlich; zur Tätigkeit eines Agenten von Department 19 gehörte, dass man häufig aus dem Schlaf gerissen wurde. Was sie ablenkte und daran hinderte, sich auf den Bericht zu konzentrieren, war etwas, das in letzter Zeit zu einem ständigen Ärgernis für sie geworden war.
Jamie und Larissa.
Kate hatte von Anfang an von ihrer Beziehung – oder wie auch immer sie untereinander dazu sagen mochten – gewusst. Die beiden Dinge, die sie ärgerten und so frustrierten, dass sie ihnen am liebsten »ICH WEISS ES!« ins Gesicht geschrien hätte, waren die Tatsache, dass sie ehrlich zu glauben schienen, sie sei ahnungslos, und dass sie es für nötig hielten, ihre Beziehung vor ihr geheim zu halten.
Ersteres war eine Beleidigung ihrer Intelligenz, und sie hasste es, für dumm gehalten zu werden, fast so sehr, wie sie es hasste, gönnerhaft behandelt zu werden. Letzteres war noch schlimmer; sie wusste todsicher, dass beide glaubten, sie sei in Jamie verknallt.
Kate, deren Fähigkeit zur Selbsterkenntnis hoch entwickelt war, hätte auf Befragen ohne Weiteres zugegeben, dass es eine winzige Zeitspanne gegeben hatte, in der sie vielleicht, ganz vielleicht so für Jamie empfunden hatte.
In dem Chaos auf Lindisfarne und an den darauffolgenden Tagen, an denen ihr zukünftiger Lebensweg sich dramatisch verändert hatte, als sie vor Entscheidungen gestanden hatte, die sie für den Rest ihres Lebens hinterfragen würde, war er da gewesen, hatte ihr beigestanden und ihr geholfen. Er hatte sie auf Lindisfarne gerettet, wo die Leichen ihrer Freunde und Nachbarn auf den vertrauten Straßen gelegen hatten, und ihr und allen anderen das Leben gerettet, indem er Alexandru Rusmanov vernichtet hatte. Als es dann vorüber gewesen war, hatte sie ihn mit Frankenstein und seiner Mom gesehen und einige flüchtige Augenblicke lang geglaubt, sie sei vielleicht ein kleines bisschen in ihn verliebt.
Vielleicht.
Aber dieses Gefühl war verflogen, rasch verflogen, teils weil es für Kate ab der Sekunde, in der sie am Morgen nach Lindisfarne im Ring aufwachten, sonnenklar war, dass er ebenso in Larissa verknallt war wie sie in ihn, aber auch, weil die Aura, die ihn umgeben hatte, als er Alexandru entgegengetreten war, sich bei hellem Tageslicht – weitab von dem Blut und den Schreien und den Schrecken der vorigen Nacht – verflüchtigt hatte. Sie liebte Jamie; in den Monaten seit dem Überfall auf ihr Elternhaus war er einer ihrer beiden besten Freunde geworden, und sie hätte buchstäblich alles für ihn getan.
Aber sie war nicht in ihn verliebt.
Das kränkte sie an Jamies und Larissas Täuschungsversuch am meisten: Sie wünschte den beiden aufrichtig alles Gute. Sie hatte gewartet und gewartet, dass sie von sich erzählen würden, und sich eingeredet, sie warteten nur den richtigen Augenblick ab, bis sie zu der bitteren Erkenntnis gelangt war, dass es keinen geben würde. Die beiden warteten auf nichts; sie hatten beschlossen, sie im Ungewissen zu lassen.
Ach, zum Teufel damit, dachte sie . Morgen sage ich ihnen, dass ich’s weiß. Schluss mit dem Versteckspiel!
Schließlich war es nicht so, dass Kate nach Lindisfarne nicht mit eigenen Problemen zu
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