Depeche Mode
ja nichts krallen kann.
Weiter hinten, in den Eingeweiden des Flurs, wohnt der Donbass-Intellektuelle Kakao. Seine Mutter arbeitet in der Bibliothek irgendeines Bergwerks. Kakao ist fett, wir mögen ihn nicht, aber er kommt gern zu uns, hat im Grunde auch keine Wahl, wer will schon was mit einem Donbassintellektuellen zu tun haben. Es gibt da allerdings noch ein paar andere Bekannte in der Stadt, Musiker, offensichtlich auch so Penner wie er, wenn er sich mit ihnen trifft, dann kommt er auf Zehennägeln nach Hause gekrochen, vollgepumpt mit Alk, und knackt sofort weg. Kakao hat einen sandfarbenen Anzug, in dem er aussieht wie ein echtes Arschloch, er zieht ihn so gut wie nie aus, würde sogar im Anzug duschen; wenn er mit Alk vollgepumpt nach Hause kommt, plumpst er in diesem Anzug ins Bett, ein multifunktionales Ding, der Anzug eines Donbass-Intellektuellen. Wenn er aufwacht, geht Kakao in die Küche und sieht nach, wer gerade was kocht, schnüffelt an den Fertiggerichten und redet über alle möglichen abwegigen Themen – verkatert, fett, ein Laffe im sandfarbenen Anzug.
Außerdem wohnt noch Bootsmann hier – komischer Kauz mit zerfetztem rechtem Ohr, sagt, daß ihn ein Hund gebissen hat, Dog Pawlow? – fragt immer jemand, eine Art Witz. Bootsmann ist irgendwie gottesfürchtig oder einfach bescheuert, keine Ahnung, wie ich das erklären soll, zum Beispiel duscht er nur nachts, sagt, er mag es nicht, wenn er gestört wird, wobei gestört? frage ich dann, Bootsmann wird rot, aber er duscht auch weiter nur nachts, komischer Typ.
Ansonsten lohnt es sich höchstens noch, Zündkerze zu erwähnen, ja, Sascha Zündkerze, auch ein guter Kumpel von mir, Sascha stammt irgendwo von der Grenze, obwohl hier ja überall Grenze ist, Sascha ist gegen den Willen seiner Eltern gekommen, das soll's geben, hat Mutter und Stiefvater zurückgelassen, Fahrstunden genommen, besitzt einen echten Führerschein und will später eine Spedition eröffnen, also sich einen alten Leichenwagen kaufen und zum Beispiel Möbel transportieren, überhaupt ist er verrückt nach Technik, ihr kennt das bestimmt. Hat sich sogar mal Bücher mit Plänen und Beschreibungen von Autos gekauft und versucht, da durchzusteigen. Angefangen hat er natürlich bei den Zündkerzen. Dann waren die Bücher plötzlich verschwunden, ich stell mir vor, daß sie jemand versoffen hat, nur nichts verkommen lassen. Zündkerze hat überhaupt die Fähigkeit, in Scheiße zu treten, die nicht für ihn bestimmt ist.
Den ganzen Rest kenne ich nicht wirklich, irgendwelche Comic-Helden tauchen auf und wieder ab, unmöglich, immer auf dem Laufenden zu sein, wer sie sind und was sie in unserem Leben machen, also, da kommt, sagen wir, irgend so ein Iwanenko daher, ätzender, um nicht zu sagen beschissener Typ, und das ist eigentlich alles, was sich über ihn sagen läßt. So gut wie alles.
Eine nette, ewig hungrige Clique, die wer weiß wovon zusammengehalten wird, denn eigentlich mag keiner den anderen, aber das ist doch noch kein Grund, keinen Umgang zu pflegen. Im Prinzip haben wir nichts zu tun, obwohl jeder seine Verbindungen zur Wirklichkeit hat, in unserem Alter sind das ganz einfache Gelüste und Wünsche – zu bumsen zum Beispiel, was anderes fällt mir grad nicht ein. Die Frauen ignorieren uns, sogar die Nutten von der Umgehungsstraße, manchmal gehen wir die Nutten anschauen, eine Art Ausflug, kostenlose Attraktion, Geld haben wir natürlich keins, deshalb unterhalten wir uns einfach mit ihnen, schnorren Zigaretten, erzählen ihnen irgendwelche Stories, kurz gesagt, stören sie dabei, ihr hartes Nutten-Brot zu verdienen. Aber sie mögen uns ganz gern, dort an der Umgehungsstraße werden sie von niemandem so richtig gebraucht, genau wie wir, ihnen wie uns fehlt es an Knete und gesellschaftlicher Anerkennung, sie durchleiden, genau wie wir, diesen nassen verregneten Sommer in der leeren, mit Gras zugewachsenen und mit Reklame zugeklebten Charkiwer Vorstadt, phantastischer Ort, phantastische Nutten, phantastisches Leben. Homosexualität praktizieren wir nicht, obwohl es darauf zuzulaufen scheint.
7.00
Hauptsache alles gut durchrechnen, sonst übersieht man schnell was und fällt rein, alles nicht so einfach, wenn man sein eigenes Business anfängt, was verkauft, erst gut nachdenken, auch wenn es eine auf den ersten Blick bombige Sache ist, trotzdem sichert man sich besser ab. Das eine sind Aktien oder Überweisungen, wenn du also die Knete gar nicht in die Finger
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