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Depeche Mode

Depeche Mode

Titel: Depeche Mode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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Von der Truppe holt jeder seinen Studentenausweis mit der Staatssymbolik ihrer Republik heraus. Wonach sich die Tore öffnen und man ihnen Wodka verkauft. »Wär nicht schlecht, die zu stechen«, sagt Bootsmann schon am Bahnhof. »Spinner, – antwortet Wasja genervt, – willst du ficken oder Geschäfte machen?« Rhetorische Frage, im Prinzip.
     
    14.00
    Auf dem Rückweg wurden sie von einer Streife verdroschen. Selbst schuld, mit der Beute im Sack haben sie sich gehenlassen und einfach im Waggon angefangen zu rauchen, und da der Waggon fast leer war, hatte die Streife gar keine Wahl, kam schweigend heran und gab ihnen mit den Knüppeln eins in den Rücken. Unsere Truppe schwieg und dachte, um sich weder Schmerz noch Verzweiflung anmerken zu lassen, an etwas Schönes, und weil es – das Schöne – ganz nah war, unter dem Sitz, dachte es sich leicht, und sie überstanden die Exekution in Würde. Obwohl die Streife offensichtlich mit bewaffnetem Widerstand gerechnet hatte, sie war schon ein paar Stunden hin- und hergezockelt, man kann sie irgendwie verstehen, zockeln im stinkigen Zug die Staatsgrenze entlang und niemand, mit dem sie sich prügeln könnten, ringsum nur Spekulantinnen, mit wem soll man sich da prügeln, auch unsere Truppe haben sie eher aus Gewohnheit verdroschen – um in Form zu bleiben, obwohl es nachher auch keinem besser ging davon.
    »Schwule Säue, – sagt Wasja, als die Streife abgezogen ist, – würden besser arbeiten gehen, in der Produktion.« »Genau, – sagt Bootsmann, – in der Stahlproduktion.« Alle stimmen zu – richtig, Stahlproduktion, Stahlproduktion, das ist scharf.
     
    18.00
    Am Bahnhof, schon in Charkiw, gabeln sie ein paar Huzulen auf, die sich schon den zweiten Monat nach Hause durchschlagen, waren irgendwo in der Nähe von Kostroma auf Montage und sitzen seit ein paar Tagen auf dem Charkiwer Bahnhof fest, ihre Knete haben sie versoffen, also wissen sie nicht, wohin – zurück in die Nähe von Kostroma, neue Knete verdienen, oder doch heim, und weil Nebensaison ist, beschließen sie heimzufahren, holen die letzte Knete aus der Kriegskasse und kaufen unserer Truppe eine Kiste Wodka ab, der Wodka ist bei unserer Truppe billiger als sonst irgendwo auf dem Bahnhof, also nehmen die Huzulen gleich eine ganze Kiste, wer weiß, was noch kommt, besser gut Vorsorgen.
    So haben Wasja und Co. plötzlich einen Haufen Geld. Die zwei geschäftigen Typen wollen gleich alles teilen, aber Wasja bleibt hart – fuck off, wir sind noch nicht fertig, die Typen bestehen drauf, Bootsmann weiß in dieser Situation offensichtlich überhaupt nicht, wie er sich verhalten soll, er hat noch nie erlebt, daß irgendwer in seiner Gegenwart Geld teilt, also glauben die Typen, er ist für Wasja, und nehmen davon Abstand, ihnen einfach so die Fresse zu polieren, gut, sagen sie, dann halt Wodka, fuck off, – Wasja bleibt bei seinen kommunistischen Prinzipien und will nicht teilen, da gehen die Typen einfach frech an die Tüte, nehmen pro Hand eine Pulle, das macht wieviel – vier Pullen, und machen sich davon – den Fotoapparat kriegen wir aber zurück, – sagen sie noch und verschwinden in der Unterführung. »Was ist denn mit denen los?« – fragt Bootsmann, die Situation gefällt ihm nicht, so ne super Truppe, zusammen Wodka getrunken, geredet, niemand hat ihn – Bootsmann – dumm angemacht, und plötzlich – batz. »Da siehst du, – sagt Wasja Kommunist, – wie Geld die Leute verdirbt.« »Mich nicht«, – sagt Bootsmann. »Du hast ja auch keins«, – antwortet Wasja Kommunist und geht weiter Wodka verkaufen.
    Aber das Geschäft ist ins Stocken geraten, leere Bahnsteige, wer wegfahren wollte, hat das offensichtlich längst getan. Wasja fällt nichts besseres ein, als wieder zu den Huzulen zu gehen, und die Huzulen sind schon so betrunken, daß sie neuen Wodka kaufen, gut, sagen sie, und nehmen Wasja noch ein paar Pullen ab, worauf Wasja noch flink irgendeiner Alten, die sinnlos auf etwas wartet, eine Flasche andreht, sie schleppt ihren Enkel mit, ungefähr sieben, der Enkel ist es auch, der der Alten rät, die Pulle zu nehmen, nehmen Sie, sagt er, unterwegs kann es von Nutzen sein, die Alte schimpft ihn aus, folgt aber seinem Rat und nimmt die Pulle, also bleibt Wasja kaum mehr etwas übrig.
    Vom gegenüberliegenden Bahnsteig haben ihnen schon längere Zeit drei ziemlich krasse Typen in Trainingsanzügen zugeschaut, jetzt kommen sie zu Wasja und Bootsmann, nehmen sie in die Mitte und

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