Depeche Mode
kriegst, da kann jemand anderer für dich rechnen, und du mußt einfach nur machen, was von dir verlangt wird und dich nicht allzu blöd anstellen bei der Arbeit. Ganz anders, wenn du mit echtem Geld arbeitest, Schwarzgeld, verdammt, ohne Kontor im Rücken, wenn du ganz allein, ohne Zwischenhändler, der echten Geldmasse gegenüberstehst, genau dann denkst du besser gut nach, damit du dich nicht irgendwo verschätzt, logo. Hab ganz schön oft mit ansehen müssen, wie sich eigentlich ganz normale Leute auf offensichtlich faule Sachen einließen und dann den letzten Rest ihres Vermögens und ihres sozialen Ansehens verkackten, Mittelständler sein ist eine kitzlige Angelegenheit, ein falscher Schritt – und schon hast du nen Lötkolben im Arsch, so funktioniert nun mal die primäre Kapitalbildung unter den Bedingungen der posttotalitären Gesellschaft.
Hätte mich auch beteiligen können, hab aber abgelehnt, weiß auch nicht, irgendwas kam mir komisch vor, keine Ahnung was – klang alles ganz seriös, mein Freund Wasja Kommunist, guter Kerl, Seele von einem Motherfucker, hatte es irgendwann satt, von Wodka und Tee zu leben und dauernd strampeln zu müssen, rechnete alles durch, und die Sache schien aufzugehen: sie legen zu viert zusammen, fahren nach Rußland, kaufen dort für das ganze Geld zwei Kisten Wodka, wenn man vorher bei uns Dollar kauft und sie in Rußland in Rubel tauscht, macht man noch zusätzlich Gewinn, besonders wenn man viel auf einmal kauft, zwei Kisten sind zwar nicht viel – aber wen juckt das schon. Nach Rußland und zurück fahren sie mit dem D-Zug, Tickets sparen sie sich, unterwegs ernähren sie sich von dem Wodka, bringen ihn her und verticken ihn am Bahnhof, zum doppelten Preis, dann fahren sie wieder nach Rußland und kaufen vier Kisten Wodka, bringen sie zurück und verticken sie genauso, das braucht ein bißchen Zeit, aber in ein paar Nächten kriegt man auf dem Südbahnhof der Stadt Charkiw alles los, sogar die eigene Seele, wenn man eine hat, danach der Clou – sie fahren noch mal, zum letzten Mal, und kaufen für die ganze Knete acht Kisten Wodka, ganz schön riskant zu transportieren, ist aber den Versuch wert, wenn's hart auf hart kommt, kann man die Zöllner mit dem Wodka bestechen, obwohl es schade drum wäre.
Und das heißt – sagen sie zu mir – zwei Kisten Wodka pro Schnauze, kannst du dir das vorstellen? Na, – sage ich, – und? Und die – flüstern sie – hauen wir weg!!! Was, die ganzen acht Kisten? Ja! Das überleben wir nie, – sage ich. Fuck, – sagt Wasja Kommunist, – nach drei Tagen haben wir's überlebt, natürlich überleben wir das. Ich stelle mir diese drei Tage vor und lehne höflich ab.
Wasja hat Talent für so was, im Prinzip verstehe ich ihn, was hat er zu verlieren, das ist seine Chance, ein paar Tage ohne Probleme mit der Tagesration, die sich in seinem Falle fast ausschließlich aus Likör- und Branntweinprodukten zusammensetzt, vielmehr aus Branntwein, wieso denn Likör. Er sammelt seine Truppen, überredet Bootsmann, Bootsmann ist schnell dabei – warum nicht, sagt er, hier in der Stadt gibt's für ihn sowieso nichts zu tun, nicht mal die Miliz interessiert sich für ihn, weil Bootsmann, wie es sich für einen echten Seewolf gehört, nicht angemeldet ist, nachts verschanzt er sich in der Dusche, tagsüber schläft er aus, kaum einer weiß, daß es ihn gibt, mit einem Wort, Schütze Arsch im letzten Glied, außerdem gesellen sich noch zwei Typen unbekannter sozialer Herkunft und administrativer Zugehörigkeit dazu, die ganze Nacht von Mittwoch auf Donnerstag agitiert Wasja sie, sagt, daß man in Rußland jetzt beinahe alles unglaublich billig kaufen kann, auch Panzer kann man über die Grenze schmuggeln, aber sie wollen keine Panzer, sie wollen Wodka, also finden sie den Plan gut, ich hätte ja vielleicht auch mitgemacht, aber irgendwie kam es nicht dazu. Am nächsten Morgen wollen sie dann los, auf die Jagd nach den trügerischen blauen Vögeln des Dumping-Alkohols, schmeißen ihre Groschen zusammen, aber es reicht nicht mal für ein Eis.
Also was zu Geld machen. Einer schleppt einen Fotoapparat an, hier, sagt er, ein Fotoapparat, ist der nicht zu schade? fragen sie ihn, nö, schon okay, sagt er, gibt sowieso nichts zu fotografieren, genau, stimmen die anderen zu, was soll man hier schon fotografieren, Wasja holt dann ein sonstwo vergrabenes Fernglas raus, ich zum Beispiel hab gar nicht gewußt, daß er ein Fernglas besitzt, obwohl ich doch
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