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Depesche aus dem Jenseits

Depesche aus dem Jenseits

Titel: Depesche aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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leicht von seinem neuen Glauben abbringen. Er hat ja so lange darauf warten müssen, überhaupt an etwas zu glauben. Eines Tages erschüttern ihn die Enthüllungen eines Spezialisten, der mit der Aufklärung der Reinkarnationsfälle von höchster wissenschaftlicher Stelle beauftragt worden war:
    »Die genaue Untersuchung der bekannt gewordenen Fälle — so verschieden sie alle voneinander sein mögen — kommt zu einem verblüffenden Ergebnis: Alle Wiedergeborenem starben in ihrem früheren Leben eines gewaltsamen Todes. Diese Feststellung legt folgende Schlußfolgerung nahe: Bedingung dafür, sich an ein früheres Leben erinnern zu können, ist, dieses unter Gewalteinwirkung verlassen zu haben.«
    Die Irin Bridey Murphey ist das Paradebeispiel für diese Bedingung: Von den Engländern verfolgt, starb sie in der Folterkammer des Gefängnisses von Dublin, nach entsetzlichen Qualen.
    Der Indianer wurde von den Weißen zu Tode gesteinigt. Der spanische Conquistador erlag den tödlichen Pfeilen der Indianer in Mexico. Die Italienerin aus Toronto wurde von der Inquisition als Hexe verbrannt. Der ehemalige deutsche Kellermeister aus Los Angeles wurde vergiftet. Ja, sogar der Hengst wurde erschossen!
     
    Richard Swink hatte bisher nie gewußt, was er eigentlich mit seinem Leben anfangen solle. Jetzt weiß er das. Aufgeregt läuft er zu dem Schuhputzer:
    »Tommy, endlich hab’ ich’s kapiert! Hör zu! Ich erinnere mich nicht an meine früheren Leben, weil ich ganz normal gestorben bin! Es ist ganz einfach! Wenn ich mich später an mein jetziges Leben erinnern will, dann muß ich gewaltsam sterben!«
    »Ich glaub’, du spinnst, Richard! Warum willst du dich denn an dieses verdammte Leben erinnern? Soooo aufregend ist es auch wieder nicht!«
    »Stimmt. Aber du verstehst überhaupt nichts! Wenn ich mich mal an dieses Leben erinnere, dann bedeutet es, daß ich lebe ! In einem neuen Leben. Und es wird vielleicht ein besseres!«
    »Also mir genügt eines!«
    »Begreifst du denn nicht? Du kannst so oft leben, wie du willst! Wenn dir eins von deinen Leben nicht gefällt, bringst du dich halt um! Und du kriegst ein neues! Es ist fantastisch, Junge! Du bringst dich immer wieder um, bis du mit dem Leben endlich zufrieden bist! Ist es nicht toll?«
    Am nächsten Morgen steht wieder eine Sensation auf der Titelseite der Lokalzeitung von Shaunee. Ein neuer, junger Zeitungsverkäufer schreit aus:
    »Richard Swink, zwanzig Jahre alt, wollte ein neues Leben durch Tod! Er machte heute Nacht Hara-Kiri!«
     
    Viel später erfuhren die Amerikaner die Wahrheit über den Fall Murphey. Ein Industrieller aus Pueblo namens Morey Bernstein, hatte zwei Leidenschaften: Hypnose und Geschichte. Irische Geschichte!
    Er lernte zufällig Ruth Simons kennen und spürte sofort: Diese seelisch labile Frau ist das passende Objekt für meine Hypnose-Experimente! Er hatte ein gutes Gespür. Morey Bernstein war ein guter Historiker, ein guter Hypnotiseur, ein guter Geschäftsmann und ein ausgezeichneter Schriftsteller, der viele Millionen Dollar mit seinem Buch über den Fall Murphey verdient hat. Unter Pseudonym versteht sich.
    Jahrelang hat er viele Amerikaner, viele Wissenschaftler und Gutgläubige an der Nase herumgeführt — lächerlich gemacht. Das ist kein Verbrechen.
    Aber hat er nicht auch den Tod eines jungen, lebenshungrigen Zeitungsverkäufers auf dem Gewissen?
    Das war ein Verbrechen — gewissermaßen der perfekte Mordl
     

Iwan
     
    Jeden Morgen, wenn er aufwacht, läuft Iwan sofort zum Fenster und schaut gespannt hinaus. Ob das Wetter heute schön ist? Hoffentlich, denn er hat Ferien, und es gibt im Augenblick nichts Wichtigeres für ihn, als nach den langen Wintermonaten endlich mit seinen Freunden draußen zu toben.
    Iwan ist ein fröhliches Kind — elf Jahre alt, ziemlich pummelig, mit Bürstenhaarschnitt, und auf seiner Stupsnase sitzt eine kleine Brille. Er sieht aus wie ein frecher, lustiger Kobold — und er ist auch einer, aber ein netter!
    Seine Eltern sind bescheidene Arbeiter. Die Familie wohnt in Leningrad, in einem viel zu engen Haus — eigentlich eher in einer halb verfallenen Holzhütte am Rande der Stadt. Aber es ist trotzdem wunderbar hier, viel schöner als in den hohen grauen Mietskasernen, die überall wie bösartige Zellen wuchern und Iwan bald den Blick zum Himmel versperren werden! Um das Häuschen herum liegt nämlich ein Garten — ein winziges Blumenparadies, das die Stadtplaner zum Glück noch nicht verschluckt

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