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Depesche aus dem Jenseits

Depesche aus dem Jenseits

Titel: Depesche aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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sogenannten Schutzgebiete im 19. Jahrhundert kräftig mitgemischt!
    Nun. wer sich heute für die Beamtenlaufbahn entscheidet, der landet meist bei der Post oder bei der Bahn, in Schulen oder Ämtern aller Art. Nur selten reisen die kleinen Staatsbediensteten im Auftrag der Regierung durch die Welt.
    Früher war das anders! Die Kolonialmächte entsandten ganze Regimenter von Beamten in ihre überseeischen Besitzungen, denn es galt die primitiven Völkerstämme zu erziehen, zu verwalten — kurz, nach dem Vorbild des Mutterlandes zu kolonisieren.
     
    Überall auf der Welt, aufgrund welcher Vorurteile auch immer, sind die Beamten eine dankbare Zielscheibe für faule Witze, was die Arbeitsmoral angeht. Ihre Kollegen in den Kolonien waren aber noch viel schlimmer dran! Sie wurden regelrecht als Witzfiguren hingestellt. Die Karikaturisten hatten ihre Freude an ihnen und verbreiteten das unverwüstliche Bild der stinkfaulen Kolonialherren — im wahrsten Sinne des Wortes: den ganzen Tag über liegen sie schlapp, alle Viere von sich gestreckt auf einer Veranda, sie schwitzen und schlürfen von früh bis spät mehr oder weniger starke alkoholische Getränke, die den Herren von eingeborenen Schönheiten devot dargereicht werden.
    Man glaube ja nicht, ein solches Bild hätte der Wirklichkeit entsprochen — bei den vielen Kolonien rund um die Welt unter allen Breitengraden, in tropischer Hitze und in arktischer Kälte!
    Außerdem soll es selbst in dem mörderisch heißen Klima der subtropischen Zonen Kolonialherren gegeben haben, die vor den dürftig bekleideten Eingeborenen niemals anders als in Stresemann und Zylinderhut erschienen. So zum Beispiel Monsieur Charles-André M... de B... Wir verzichten darauf, hier seinen vollen Namen preiszugeben, denn einige Mitglieder seiner illustren Familie spielen heute noch eine wesentliche Rolle in den höheren Sphären der französischen Politik. Nennen wir ihn also schlicht Charles-André.
    Ein Edelmann par excellence. Und so wurde der untadelige Sproß eines alten Adelsgeschlechtes mit der Aufgabe betraut, den afrikanischen Wilden einen Hauch von Kultur zu vermitteln — vor allem sollte er ihnen die Grundlagen der französischen Lebensart beibringen!
    Charles-André war wie geschaffen für diesen Posten, denn er verkörperte tatsächlich das Bild, das Frankreich gerne von sich selbst in aller Welt verbreiten wollte: demnach ist ein Franzose von Natur aus distinguiert und kultiviert, ehrlich und loyal mit letzter Konsequenz und er besitzt einen ausgeprägten Sinn für Humor. Charles-André verfügte in reichem Maße über all diese gallischen
    Eigenschaften! Hier ein Beweis dafür: In dem Vorwort seiner später veröffentlichten Memoiren schreibt er:
     
    Auch wenn ich vor Scham vergehe, ich will beichten, daß ich ein korrupter Beamter gewesen bin. Meine Bestechlichkeit wurde verschwiegen, meine Schwäche wurde vertuscht. Hätte die Justiz von meinem Vergehen erfahren, würden mich die gerechten Gesetze meines Landes mitleidlos verurteilt haben. Wie viele Jahre hätte ich dann im Gefängnis verbracht? Und wie schmerzhaft wäre mir die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte gewesen! Heute, da die Zeit den Schleier der Verjährung über die Verletzung meiner Amtspflichten geworfen hat, knie ich nieder und bitte um Vergebung. Ich muß mein Gewissen befreien. Ich bekenne, korrupt gewesen zu sein!
     
    Fürwahr eine melodramatische Selbstanklage! Man ist beinahe bereit, Charles-André von vornherein alles zu verzeihen, was er sich allenfalls hat zu Schulden kommen lassen! Aber Vorsicht... Korruption ist kein Kavaliersdelikt — auch nicht vor 50 Jahren in Madagaskar, in der guten alten Kolonialzeit.
     
    Nach einer endlosen Seereise trifft Charles-André in Tannanarive ein und meldet sich gleich am nächsten Tag beim französischen Ministerresidenten, der ihn mit offenen Armen empfängt: »Lieber Freund, willkommen in Madagaskar! Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr wir uns hier freuen, wenn einmal Besuch aus Paris kommt! Aber... was verschafft uns die Ehre? Wollen Sie etwa Land und Leute studieren?«
    »Ja und nein! Ich wurde vom Kolonialministerium hierherversetzt. Ich dachte, Sie erwarten mich dringend!?«
    »Ich bitte um Entschuldigung, aber ich habe bisher nichts
    davon erfahren! Na ja, vielleicht kommt das amtliche Schreiben mit der nächsten Flaschenpost!«
    »Soll das heißen... Sie haben keinen Posten für mich?«
    »Genau das! Aber es ist nicht so wichtig. Wir

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