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Depesche aus dem Jenseits

Depesche aus dem Jenseits

Titel: Depesche aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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morgen wiedersehen?«
    Keine Antwort, kein Lächeln, kein Blick.
    Patrick fühlt sich wie betäubt. Alles kommt ihm so unwirklich vor. Er steht endlich auf und wie von unsichtbarer Hand gelenkt, steuert er auf den Ausgang zu. In der Vorhalle fällt sein Blick auf ein Plakat an der Wand, das er vorhin übersehen hatte. Darauf steht in großen leuchtenden Buchstaben: Internationaler Hellseher-Kongreß
     
    Am nächsten Morgen kommt Patrick nur mit Mühe aus den Federn, so schlecht hat er geschlafen. Er muß sich heute vormittag beim Arbeitsamt melden und anfragen, ob in der Zwischenzeit Stellenangebote vorliegen. Ach, wenn nur dieses Nichtstun und Warten ein Ende hätte! Er hat es satt, in seiner tristen Betonwüste von besseren Zeiten zu träumen. Aber im Gegensatz zu manch anderen Jugendlichen hat er sich nie auf krumme Touren eingelassen. Noch nie hat er mit der Polizei zu tun gehabt. Er will und er wird es auch anders schaffen. Irgendwann bekommt auch er seine Chance. Das sagt er sich jeden Morgen, um sich aufzumuntern.
    Um zehn Uhr geht er aus dem Haus:
    »Heh! Patrick! Ich hab’ was für dich!« — schreit ihm der Hausmeister nach.
    »Für mich? Was denn?«
    »Einen Brief!«
    »Na so was! Das ist aber schön, mal wieder Post zu bekommen!«
     
    » Sehr geehrter Herr Dubois,
    wir bedauern , Ihnen mitteilen zu müssen, daß Ihre Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle nicht berücksichtigt werden konnte….«
    Patrick liest nicht weiter. Es ist schon vier Wochen her, daß er sich da beworben hatte. Er lächelt nur bitter: »Schade, die sind wenigstens höflich, die anderen machen sich nicht einmal die Mühe, eine abschlägige Antwort zu geben. Na, das fängt ja heute gut an!«
    Er zerreißt den Brief und eilt zur Metro.
    Um elf Uhr ist er beim Arbeitsamt und kommt auch gleich an die Reihe:
    »Monsieur Dubois, setzen Sie sich doch. Ich habe leider keine gute Nachricht für Sie. Wir bemühen uns sehr, aber Sie sind schwer zu vermitteln. Ich sehe schwarz für Sie. Cellist! Wer braucht schon Cellisten! Automechaniker, Fliesenleger.... ja, die brauchen wir! Wenn Sie eine sichere Zukunft haben wollen, dann sollten Sie sich umschulen lassen! Das ist Ihre einzige Chance!«
    »Fliesenleger? Warum nicht gleich Straßenkehrer!«
    »Lassen Sie den Kopf nicht hängen. Denken Sie mal in aller Ruhe darüber nach und kommen Sie nächste Woche wieder. Ach ja..., bringen Sie zwei Paßbilder mit für Ihre Unterlagen, wir haben neue Formulare.«
    »Neue Formulare? Langsam kapiere ich, warum Beamte niemals arbeitslos werden!«
    Patrick steht so zornig auf, daß er das Glas Wasser auf dem Tisch übersieht und umwirft. Klirrend zerspringt es am Boden.
    »Können Sie denn nicht aufpassen!« fährt ihn die gekränkte Beamtin ungehalten an.
    Patrick murmelt verlegen eine Entschuldigung und macht sich davon.
    »Also wirklich, heute ist nicht mein Tag!«
     
    Und wieder, so wie gestern, schlendert er ziellos durch Paris. So kann es nicht weitergehen, es muß etwas geschehen! Die Frau vom Arbeitsamt hatte eigentlich recht. Warum ist er nur so aus der Haut gefahren? Nächste Woche wird er einen Umschulungsantrag stellen, das ist bestimmt das beste.
    Als er an einem großen Kaufhaus vorbeikommt, geht er hinein — er braucht ja neue Paßbilder für den Antrag. Als der Photoautomat die Bilder ausspuckt, erschrickt Patrick geradezu, so traurig und düster sieht er darauf aus! Wie kann man nur so viel Trübsinn ausstrahlen!
    Jetzt ist es aber genug! Er wird das Schicksal an den Hörnern packen — und zwar sofort. Er kauft sich einen Stapel Tageszeitungen und fährt mit der Metro zu seinem Stammbistro. Dort wird er alle Stellenangebote gründlich durchstudieren und sich noch heute für einen neuen Beruf entscheiden — ganz egal für welchen, Hauptsache, er ist gefragt! Patrick fühlt sich gleich viel wohler — endlich tut er etwas.
    Als er oben am Place Charles de Gaulle aus der Metro-Unterwelt heraufsteigt, erinnert er sich plötzlich an den gestrigen Abend, an die geheimnisvolle Frau in Schwarz. Und er hört ihre Stimme wieder: »Ich sehe einen Brief... ein zerbrochenes Glas... Morgen, all das wird morgen geschehen...«
     
    >Mein Gott! Sie hatte recht! Bis jetzt ist alles so eingetroffen, wie sie es vorausgesagt hat. Der Brief heute morgen, das Glas beim Arbeitsamt<. Vorbei der Anflug von Optimismus und Hoffnung auf bessere Zeiten, vorbei die guten Vorsätze. Eine dunkle Vorahnung steigt in Patrick auf und erfüllt ihn mit einem

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