Depression - 100 Fragen 100 Antworten - Hintergruende - Erscheinung - Therapie
Niedergeschlagenheit, die mit dem abrupten Absinken der Schwangerschaftshormone in Zusammenhang gebracht wird und psychologisch mit der emotional beladenen Geburtserfahrung zu tun hat. Die Symptome umfassen grundloses Weinen, Ungeduld, Reizbarkeit, Unruhe und Ängstlichkeit. Sie treten für eine kurze Zeit unangenehm auf und verflüchtigen sich wieder, manchmal so schnell, wie sie gekommen sind.
Lässt die Niedergeschlagenheit dagegen nicht nach und dauert sie nach zwei Wochen noch an, oder stellt sich die Niedergeschlagenheit nur allmählich ein und allenfalls erst einige Zeit nach der Geburt, dann ist an eine Wochenbettdepression zu denken, die je nach den Gegebenheiten mit Psychotherapie, gegebenenfalls Antidepressiva und allenfalls zusätzlichen Entlastungsmaßnahmen angegangen werden sollte.
Insbesondere ist zu beachten, dass es rund 10 Prozent der Frauen, die geboren haben, nicht auf Anhieb gelingt, einen gelösten Kontakt zu ihrem neugeborenen Kind zu erstellen, so dass sie in dieser Situation sinnvollerweise begleitet und beraten werden sollten. Auf dem Gebiet der Mutter-Kind-Betreuung ist in England mit «Mother and Baby units» Pionierarbeit geleistet worden, und in Frankreich bietet der «Service de maternologie de Saint-Cyr-L’École» seit 1987 bei Schwierigkeiten in der Mutterschaftssituation Rat und auch stationäre Aufenthalte an. InDeutschland nimmt das Psychiatrische Zentrum Nordbaden in Wiesloch mit seinem Mutter-Kind-Behandlungskonzept eine führende Stellung unter den Mutter-Kind-Stationen ein, während das erste Mutter-Kind-Wohnheim dieser Art in der Schweiz aus Kostengründen wieder geschlossen wurde.
Man muss sich vergegenwärtigen, dass eine Frau, welche die Beschwerlichkeiten der Schwangerschaft durchgestanden hat und erholungsbedürftig ist, gleich nach der Geburt ihres Kindes in eine völlig neue Situation der Mutterschaft hineingeworfen wird und dieser neuen Rolle und ihren Anforderungen verständlicherweise nicht unbedingt gleich gewachsen ist. Eine junge Mutter kann sich demzufolge überfordert fühlen und auch niedergeschlagen sein, weil sie sich auf die Geburt gefreut hat und alles jetzt so anders, so schwierig ist. Ohne geeignete Hilfe kann eine solche Überforderung zu Erschöpfung und Depression führen. In der Schweiz leiden jährlich gegen 10 000 Frauen nach der Geburt an einer Erschöpfung oder postpartalen Depression (PPD).
Es geistert auch das Bild herum, mit einem Kind stelle sich gleich ein «Mutterinstinkt» ein, ein völlig falsches Bild, da keine Beziehung von sich aus funktioniert, sondern immer eine gewisse Zeit braucht, um aufgebaut zu werden. Wenn man nun mit einem Neugeborenen in Kontakt tritt, so liegen gänzlich andere Kommunikationsgegebenheiten vor als mit Erwachsenen, eine Kommunikationsform, in die man sich erst einmal einleben muss. Auch mit einem zweiten oder dritten Kind geht es nach jeder Geburt ein weiteres Mal darum, dass sich eine ganz einmalige neue Beziehung zwischen Mutter und Neugeborenem entwickeln kann, in der die Vertrautheit nicht von Natur aus gegeben ist. Es handelt sich also in keiner Weise um «Instinkt». Solche falschen Vorstellungen setzen eine junge Mutter nur unnötig unter Druck und können einer Beratung im Wege stehen, da sie damit zugeben müsste, dass ihr der fälschlicherweise geforderte «Mutterinstinkt» fehlt.
Kommt es nach einer Geburt zu einer eigentlichen Depression, so muss man nebst der beschriebenen eingehenden Beratung und Begleitung der jungen Mutter die Gabe antidepressiver Medikamente erwägen.
Frage 48
Gibt es Zusammenhänge zwischen Schwangerschaftsabbruch und Depression?
Zahlreiche Untersuchungen weisen auf die erhöhte Gefahr psychischer Schwierigkeiten als Folge von Schwangerschaftsabbrüchen hin. Insbesondere wird ein erhöhtes Risiko für depressive Störungen beschrieben, das sich beispielsweise auch in gesteigertem Nikotin-, Drogen- oder Alkoholkonsum (siehe Frage 62 ) äußern kann, aber auch in körperlichen Störungen wie solchen des Essverhaltens oder des Sexuallebens. Dann wurde ein gehäuftes Auftreten von post-traumatic stress disorder (PTSD) (siehe Frage 36 ) beobachtet, in diesem Fall auch post-abortion syndrome (PAS) genannt, was sich als «Störungsmuster nach Schwangerschaftsabbruch» übersetzen lässt.
Insgesamt findet sich immer wieder der Hinweis darauf, dass die erhöhte Gefährdung, mit einem Schwangerschaftsabbruch nicht zurechtzukommen, oft mit einer schlechten
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