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Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Titel: Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John P. Kummer Fritz Kamer
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verwirklichen. Anderseits ist während des Besserungsprozesses größte Wachsamkeit unsererseits geboten. Viele Suizide passieren »in der Phase der Besserung, wenn der Antrieb wiederkommt, aber die Stimmung immer noch darnieder liegt« (Lütz 2011, S.148).
    Und immer können wir uns an die Hoffnung klammern, dass die seelische Verstimmung vorübergeht, bevor es ganz ernst wird.
    Wir müssen uns aber auch immer wieder einhämmern: Wir sind keine Leibwächter. Wir sind nicht unseres Bruders Hüter! Er hat immer noch seinen eigenen Willen, den er eventuell durchsetzt. Eine allzu enge Kontrolle kann zu einem Vertrauensverlust zwischen ihm und uns führen – Gift für eine Beziehung, die eigentlich das Ziel hat, zu heilen.
    Wie gesagt, der Umgang mit dem Menetekel der Selbsttötung unseres Freundes ist eine der schwersten Aufgaben, die wir in unserem Dasein als Angehöriger eines Depressionsbetroffenen zu lösen haben. Und eine Patentlösung gibt es auch hier nicht. Abschalten können, an erfreulichere Dinge denken, Dinge unternehmen, die uns ablenken, das sind Fragen des Talents.
    Vielleicht stellen wir an uns selbst verwundert fest, dass wir wie Medizinstudenten, die aus dem Leichenschauhaus kommen, das Bedürfnis verspüren, uns jetzt umso intensiver den schönen Seiten des Lebens zuzuwenden.
    Und noch ein positiver Gedanke: Möglicherweise bemerken wir, dass der Kontakt zu unserem Partner über kurz oder lang sein Ende findet, und dass das unsere Gefühle ihm gegenüber vertieft und verändert – und damit unserem Zusammenleben neue Dimensionen eröffnet.
    Abschließend will ich nochmals betonen: Suizidgedanken eines Depressionskranken sind immer und in jedem Fall ernst zu nehmen, auch wenn es sich um simple Drohungen handeln könnte. Niemand kann in die Seele des Verzweifelten sehen.
    Warnleuchten der Seele beachten
    Gefühle & Co.
    Es fällt mir nicht leicht, über die Rolle der Gefühle zu schreiben, die auf uns einstürmen, wenn wir versuchen, ein guter Betreuer und gleichzeitig ein eigenständiger Mensch zu sein. Mir wurde nämlich einerseits – zu Recht oder zu Unrecht – in meinem Leben verschiedentlich vorgeworfen, ein reiner Kopfmensch zu sein. Anderseits habe ich als Laie den Eindruck, im psychologischen Schrifttum sei in Sachen Definition von Gefühl, Emotion, Empfindung und Affekt noch ein weites Feld zu beackern. Ich verwende die Begriffe hier synonym und zähle auch noch gleich Liebe, Hass, Wut, Aggression dazu.
    Es ist eine Binsenwahrheit, dass die Regungen unserer Seele in allen zwischenmenschlichen Beziehungen eine Hauptrolle spielen, so auch und ganz besonders im Umgang mit Depressionsbetroffenen. Die unguten Gefühle fungieren dabei als Warnleuchten. Sie rumoren in unserem Unterbewusstsein herum, sie sind da, ob wir wollen oder nicht. Je bewusster wir sie wahrnehmen, desto besser können wir mit ihnen umgehen.
    Wenn wir sie unterdrücken, leiden unser Geist und vor allem auch unser Körper unter dieser Vergewaltigung. Alles ist möglich, vom Kopfweh bis zum Magengeschwür. Unserer Aufgabe als Betreuer ist dies in keiner Weise dienlich. Wir sollen ja frisch, souverän und tatkräftig unserem Patienten gegenübertreten. Nur im Einklang mit unseren Gefühlen sind wir ausgeglichen und in der Lage, unseren in der Depression steckenden Angehörigen durch die schwere Zeit zu begleiten.
    Die Macht der Gefühle ist groß, sie ist auch unheimlich, wenn man wenig Talent dazu hat, mit ihnen umzugehen. Aber: Wenn wir sie nicht beachten, verzichten wir auf die Botschaften, die sie uns vermitteln wollen. Es ist, wie wenn wir am Auto die Warnlampen einfach abschrauben. Emotionen wollen uns unsere Bedürfnisse aufzeigen, die wir, auch und besonders in dieser schwierigen Situation, haben. Sie sind in jeder Lebenslage wichtige Signalgeber, ebenso wichtig wie die logischen Turnübungen im Kopf.
    Aber der Umgang mit Gefühlen ist nicht einfach. Im Bewusstsein meines psychologischen Laientums versuche ich, ihnen in diesem Kapitel näherzukommen. Zuerst einmal müssen wir sie wahrnehmen, dann annehmen und schließlich ernstnehmen. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Wir sind bei Freunden zum Abendessen eingeladen, mein kranker Partner will nicht mitkommen. Soll ich nun die Einladung annehmen oder ablehnen?
    Wahrnehmen: Was habe ich angesichts der Alternativen für Gefühle? Freude, Trauer, Wut, Schuldbewusstsein oder »nur« Unbehagen?
    Annehmen: Ich darf diese Gefühle haben, eventuell auch im Gegensatz zu meiner

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