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Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Titel: Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John P. Kummer Fritz Kamer
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Mitarbeit ist entscheidend. Es ist seine Krankheit, von ihm hängt es ab, ob und wann er wieder gesund wird. Auch wenn er momentan nicht in der Lage ist, irgendetwas zu seiner Heilung beizutragen, darf er das Ziel nicht aus den Augen lassen. Er sollte im Rahmen seiner Möglichkeiten die Rettungsringe fassen, die wir ihm zuwerfen – und sei es nur, die Medikamente regelmäßig und lückenlos zu schlucken.
    Wie gesagt, unsere Verantwortung dem Patienten gegenüber ist begrenzt. Wir können, um beim Beispiel zu bleiben, seine Medikamenteneinnahme verfolgen und ihn daran erinnern. Zwangsernähren können wir ihn nicht. Unsere Verantwortung (neben einer guten Pflege im Rahmen unserer Möglichkeiten) besteht vor allem darin, uns immer wieder vor Augen zu halten, dass ein geistig-seelisch-körperlich gesunder Betreuer bessere Resultate erzielt als ein erschöpfter.
    Gnothi seauton
    »Erkenne dich selbst« hieß es vor über zweieinhalbtausend Jahren am Apollotempel von Delphi. Das ist leichter gesagt als getan, das wissen wir alle. Aber gerade bei einem »Pflegefall« ist es sehr wichtig, dass wir auf unsere körperlichen und seelischen Grenzen achten. Wir dürfen nicht in der Pflege »aufgehen«, wir dürfen uns nicht aufopfern, wir werden ja noch gebraucht. Wir dürfen auch nicht zögern, andere Personen zu unserer Entlastung um Hilfe anzugehen, vor allem aber brauchen wir neutrale Beobachter, die uns sagen, wann es genug ist. Jeder seriöse Psychiater hat seinen Supervisor, mit dem er seine Fälle bespricht und prüft. Wir vergessen über unserer Verantwortung allzu leicht, dass wir für uns selber Sorge tragen müssen. Wir laufen auch Gefahr, dass wir unsere Pflegeaufgabe als Vorwand benutzen, um Aktivitäten und Entscheidungen, die uns betreffen, aufzuschieben.
    Mach mal Pause
    Je primitiver Werbeslogans sind, desto eingängiger sind sie. Machen wir uns das zunutze! Lasst uns, mehrmals am Tag, innehalten und verschnaufen. Wichtig ist dabei die Ent-Spannung. Sie gelingt am besten durch Konzentration auf etwas aus unserer Umwelt, das nicht mit Depression zu tun hat: den blauen Himmel, das Vogelgezwitscher, ein Blumenstrauß. Etwas lesen (nicht unbedingt Katastrophenmeldungen), mit der Katze spielen, an die frische Luft gehen. Etwas trinken, in der guten Stube oder in einem Café. Musik hören, telefonieren. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Durch dieses Abschalten können wir neue Kräfte gewinnen, die wir so bitter benötigen. Übrigens: Die Checkliste Lebensfreude gilt nicht nur für den Patienten, sondern auch für den Betreuer.
    In ernsteren Fällen von Erschöpfung ist eine Auszeit angesagt, ein temporärer Tapetenwechsel. Die Palette reicht von Pflegehilfe bzw. Klinikaufenthalt für den Patienten über viele organisatorische Selbsterhaltungsmaßnahmen bis hin zu temporärer oder gar definitiver Trennung.
    Wichtig ist, dass wir uns immer klar sind, dass nicht wir krank sind, und dass wir nur als Gesunde helfen können. Überforderung kann, wir haben es gesehen, zur Depression führen. Lassen wir uns von den Forderungen des Kranken nicht überfordern!
    Den Sturm der Vorwürfe durchstehen
    Wir Blitzableiter
    Wenn wir versuchen, unser Schicksal als Betreuer von Depressionsbetroffenen von außen zu betrachten, so sieht dieses Bild vorerst sehr düster aus: Wir sind fast schlimmer dran als unser Patient. Während er stets die »Entschuldigung« hat, in der Depression zu stecken (was ihn allerdings vor Selbstvorwürfen nicht verschont), haben wir diese Ausrede nicht, wir sind ja nicht krank, wir haben ein scheinbar unerschöpfliches Reservoir von Kräften, das wir einsetzen, um das Leben des Kranken so angenehm als möglich zu machen. Und unser eigenes Leben? Geht vor die Hunde, und wir werden auch noch mit Vorwürfen überschüttet.
    Diese kommen von allen Seiten, vom Patienten, von Bekannten und Freunden, Familienmitgliedern und – am allerschlimmsten – von uns selbst. Vollends unübersichtlich und kompliziert wird die Geschichte dadurch, dass auch die Schelten der anderen, vor allem diejenigen unseres Kranken, oft aus ihren eigenen Selbstvorwürfen heraus entstehen. Wenn wir uns dagegen wehren, müssen wir heillos aufpassen, deren labile Psyche nicht zu verletzen und unbedachte Handlungen zu provozieren.
    Unser Anteil am Unwetter
    Eine Frage, die uns immer wieder umtreibt: Warum gerade er, warum gerade unsere Familie, warum gerade ich? Unsere eigenen Schuldgefühle stehen uns im Weg bei der Bewältigung all der

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