Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige
entstanden sind, verstehen sich SPADE sowie Gemeinsam . Dieses breite Angebot an Selbsthilfegruppen im Ballungsraum Wien ist vor allem in den letzten 20 Jahren entstanden und spiegelt zumindest einen ersten Schritt in Richtung besserer Kommunikation zwischen Betroffenen und deren Umgebung wider.
Auch wenn in erster Linie die Unterstützung, sei es von Betroffenen und/oder Angehörigen, bei all diesen Vereinen im Vordergrund steht, so haben sie doch alle ein gemeinsames Ziel: Das Stigma, das psychisch erkrankten Personen immer noch anhaftet, zu verringern bzw. eines Tages ganz zu eliminieren. Viele Selbstmorde gehen noch heute auf das Konto des bestehenden Stigmas in unserer Gesellschaft und könnten durch Aufklärung verhindert werden. Darüber hinaus könnte die Reintegration von betroffenen Personen in den Arbeitsprozess nach einer psychischen Erkrankung verbessert werden.
In unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft ist das seelische Elend eine häufige Todesursache, resultierend aus Isolation und Vereinsamung. Das immer noch allgegenwärtige Stigma und die Gleichgültigkeit jedes Einzelnen den Andersartigen gegenüber machen es der immer größer werdenden Anzahl von Betroffenen schwer, ihr Leben in normalen Bahnen weiterzuleben. Dabei sollten jedoch für den Staat und die Krankenkassen die beiden obersten Ziele Senkung der durchschnittlichen Krankheitsdauer sowie Reduktion der explodierenden Kosten für Medikamente und Therapie sein. Eine effiziente Kampagne gegen das Stigma und die daraus resultierenden Probleme lässt noch auf sich warten.
Nationale Informationskampagne in der Schweiz?
Bisher hat die Stigmatisierung die Aufklärung im großen Stil verhindert. Als nachahmenswertes Beispiel kann die höchst wirkungsvolle AIDS-Kampagne in der Schweiz dienen. Allerdings ist die Arbeit mit der kranken Psyche viel komplexer, aber die guten Ergebnisse der schottischen Kampagne – z.B. abnehmendes Suizidgeschehen, bessere Medienarbeit, Verständnis in der Bevölkerung – zeigen, dass ein Erfolg auch bei diesen stigmatisierten Krankheiten möglich ist.
Auf Bundesebene wurde ein parlamentarischer Vorstoß für eine nationale Aufklärungskampagne eingereicht (Motion Tschümperlin). Wird die Motion 2012 durch das Parlament erheblich erklärt, muss der Bundesrat (Exekutive) einen entsprechenden Vorschlag ausarbeiten, der dann von den beiden Kammern des Parlaments genehmigt werden muss. Dieser Vorschlag kann unter anderem durch das in Arbeit stehende Präventionsgesetz beeinflusst werden.
Die Motion erhält dadurch eine zusätzliche aktuelle Dringlichkeit, dass der für das Sozialversicherungswesen zuständige Bundesrat (Minister) plant, einen nicht unbeträchtlichen Teil der Empfänger von Invalidenrenten (darunter etwa 5 000 Depressionsbetroffene) wieder ins Berufsleben einzugliedern, um erstens diesen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und zweitens die Rentenkosten zu reduzieren.
Wenn nach zwei oder drei Jahren Kampagne 1 Prozent oder 1 000 Rentner wieder eingegliedert werden könnten, würden netto etwa 40 Mio. Franken jährlich eingespart.
Für verschiedene parlamentarische Vorstöße gilt das Motto »Steter Tropfen höhlt den Stein«. Seit 2007 gibt es eine eigentliche Lobby-Vereinigung, das »Aktionsbündnis Psychische Gesundheit Schweiz«, dem mittlerweile über 50 (nicht amtliche) Organisationen angehören.
Stoßrichtungen einer Kampagne - Hinweise für Behörden
Bei der Themenwahl für eine öffentliche Kampagne ist nach dem Epidemiologen Vladeta Ajdacic (Universität Zürich) die Tatsache zu berücksichtigen, dass wir uns in Bezug auf psychische Krankheiten mentalitätsmäßig immer noch im Mittelalter befinden (O-Ton Vajdacic). Eine offene, realitätsnahe Ansprache (»Psychische Krankheiten sind Krankheiten wie andere auch«) bewährte sich »nicht besonders gut«. Hingegen habe sich ein psychologisierender Ansatz als günstig erwiesen, der der zunehmenden Psychologisierung des Denkens Rechnung trägt (Stress, Burnout usw. sind in aller Munde, immer mehr Menschen suchen bei psychischen Problemen Hilfe).
Eine Kampagne würde deshalb auf zwei Schienen fahren und bewusst die beiden widersprüchlichen Verhaltensweisen gegenüber dem Phänomen »Depression« einsetzen, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Einerseits würde sie »kurz- und mittelfristig die Menschen dort abholen, wo sie stehen: Bei ihrer Verklärung von Gesundheit und Autonomie, [bei der] Hoffnung auf nur vorübergehende
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