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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ausgegangen, dass er von David Brandt stammte.
    »Aber, wenn du hier zusammengekrümmt auf dem Fußboden liegst und ich, als Mörder, über dir stehe und der Fleck hier ist«, sagte sie und deutete auf eine Stelle auf dem Boden. »Von wem stammt dann wohl der verdammte Urin?«

    Unsere Augen begegneten sich in einem dieser strahlenden Momente plötzlicher Erleuchtung.
    »Vom Mörder«, sagte ich.
    Claire lächelte ihre schlaue Schülerin an. »Die Annalen der forensischen Medizin sind voll von Beispielen, dass Mörder ›sich entleeren‹, wenn sie töten. Also ist pissen gar nicht so weit hergeholt. Deine Nerven sind kurz vorm Zerreißen. Und dann komme ich, pingelig bis ins kleinste Detail, und friere das Zeug ein, ohne zu wissen, wozu. Und jetzt kommt der Punkt, wo alles sich zusammenfügt: Urin kann man testen .«
    »Auf was?«
    »Auf das Geschlecht , Lindsay. Urin verrät das Geschlecht.«
    »Großer Gott, Claire.« Ich konnte es nicht fassen.
    Sie führte mich zu einem Labortisch, wo zwei Mikroskope und mehrere Chemikalien in Flaschen standen. Aus dem Chemieunterricht erkannte ich einen Apparat wieder, es war eine Zentrifuge.
    »Der Urin bietet keine Leuchtsignale, aber es gibt gewisse Anzeichen. Als Erstes habe ich eine Probe mit KOH-Färbemittel in der Zentrifuge geschleudert, damit können wir Unreinheiten in Blutkulturen isolieren.« Sie forderte mich auf, ins erste Mikroskop zu blicken.
    »Siehst du diese winzigen, fadenähnlichen Zweige mit Zellanhäufungen, wie Trauben? Das ist candida albans .«
    Ich sah sie begriffsstutzig an.
    »Hefezellen, Schätzchen. Dieser Urin weist große Ablagerungen von Hefe auf. Jungs haben so was nicht.«
    Ich begann zu lächeln, doch ehe ich etwas sagen konnte, schleifte sie mich weiter. »Dann habe ich eine andere Probe unters Mikroskop gelegt und auf Dreitausend vergrößert. Schau dir das an.«
    Ich blickte hinein.
    »Siehst du diese dunklen halbmondförmigen Zellen da herumschwimmen?«, fragte Claire.

    »Ja.«
    »Rote Blutkörperchen. Jede Menge.«
    Ich hob den Kopf vom Mikroskop und schaute sie an.
    »Im Urin eines Mannes würde man die nicht sehen. Jedenfalls niemals in dieser Menge. Höchstens wenn er eine blutende Niere hat, doch daran leidet meines Wissens keiner unserer Hauptverdächtigen.«
    »Oder wenn der Mörder gerade seine Periode hatte.« Ich schüttelte langsam den Kopf.

116
    Ich starrte Claire an, während die Information in mein Hirn sickerte. Nicholas Jenks hatte die ganze Zeit die Wahrheit gesagt.
    Er war nicht in der Suite gewesen, als an jenem Abend David und Melanie Brandt umgebracht wurden. Auch nicht in Napa. Wahrscheinlich nicht einmal in der Nähe der Hall of Fame in Cleveland. Ich hatte Jenks so sehr gehasst, dass ich nicht klar gesehen hatte. Keiner von uns hatte sich über die Tatsache hinwegsetzen können, dass wir Jenks als Schuldigen haben wollten.
    Sämtliche Beweise - Haar, Jacke, Champagner - waren eine unglaubliche Irreführung gewesen. Jenks war ein Meister des verblüffenden Schlusses, doch irgendjemand hatte ihn weit übertroffen.
    Ich legte die Arme um Claire und drückte sie. »Du bist die Größte.«
    »Verdammt richtig, das bin ich. Ich weiß zwar nicht, was es beweist, aber die Person, die da am Tatort über diesem armen Jungen stand, war eine Frau«, sagte sie. »Und ich bin fast
ebenso sicher, dass sie David Brandt den Todesstoß mit der rechten Hand beigebracht hat.«
    In meinem Kopf drehte sich alles. Jenks lief frei herum. Hunderte von Cops jagten ihn - und er war unschuldig.
    »Und?«, fragte Claire lächelnd.
    »Das ist die zweitbeste Nachricht, die ich heute gehört habe«, meinte ich.
    » Zweitbeste? «
    Ich ergriff ihre Hand und erzählte ihr, was Medved mir mitgeteilt hatte. Wieder umarmten wir uns. Wir führten sogar einen kleinen Siegestanz auf. Dann mussten wir beide zurück an die Arbeit.

117
    Von meinem Schreibtisch aus rief ich Jacobi über Funk an. Der arme Hund saß immer noch vor Joanna Wades Haus an der Ecke von Filbert und Hyde.
    »Alles in Ordnung, Warren?«
    »Na ja, eine Dusche und ein paar Stunden Schlaf würden mein Wohlbefinden ungemein steigern.«
    »Sagen Sie mir, was los ist.«
    »Ja, was ist los«, meinte Jacobi, als würde er widerwillig sein Logbuch aufschlagen. »Gestern Nachmittag, 16:15 Uhr, Zielperson kommt heraus, geht einen Block weiter ins Gold’s Fitness-Studio. 18:10, Zielperson taucht wieder auf, geht einen Block zu Pasqua Coffee, kommt mit Plastiktüte heraus. Ich vermute

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