Der 1. Mord - Roman
Strafrecht. Wir haben so eine Art Perry Mason gespielt. Ich im Zeugenstand und Tom, der mich scharf ins Kreuzverhör nimmt. Aber schließlich hat er sich doch für Handelsrecht entschieden.«
»Und?«
»Das war sein Idealbild, nicht meins. Ich war noch nicht bereit für den Country Club. Die alte Geschichte, nicht wahr?« Ich lächelte. »Ehrlich gesagt, hat er mich verlassen und mir das Herz in tausend Stücke gebrochen.«
»Klingt, als hätten wir einiges gemeinsam«, meinte Raleigh leise. Er hatte schöne Augen. Hör auf, Lindsay !
»Wenn Sie es denn genau wissen müssen, seit sechs Monaten habe ich eine heiße Affäre mit Warren Jacobi«, erklärte ich mit undurchdringlichem Pokergesicht.
Raleigh lachte und bemühte sich, überrascht auszusehen. »Mann, Jacobi schien mir gar nicht Ihr Typ zu sein. Worauf beruht denn diese teuflische Anziehung?«
Ich dachte an meinen Ex-Mann Tom, dann an den anderen Mann, mit dem ich eine einigermaßen ernste Beziehung gehabt hatte. Was hatte mich immer angezogen? »Sanfte Hände. Und ich glaube, ein weiches Herz.«
»Also, was meinen Sie?«, fragte Raleigh. »Man stellt ein paar Gläser selbst gemachte Marmelade in die Regale und gibt den Kaffees sexy Namen: Arabische Brise, Schirocco. Glauben Sie, dass wir damit den Umsatz steigern könnten?«
»Was soll die Nummer, Raleigh?«
Er lächelte ein bisschen verlegen, doch seine klaren blauen Augen strahlten. »Ich mache seit sechzehn Jahren Polizeidienst. Da kommt einem so manchmal der Gedanke … Ich habe einen Lieblingsort. Oben in Tahoe. Vielleicht könnte man dort eine Filiale …«
»Tut mir Leid, aber ich kann mir Sie nicht hinter der Theke vorstellen, wie Sie Muffins verkaufen.«
»Das ist das Netteste, was Sie bisher zu mir gesagt haben.«
Ich stand auf, klemmte den Umschlag unter den Arm und ging zur Tür. »Also, wenn ich es mir recht überlege, wären Sie vielleicht doch als Bäcker besser als als Bulle.«
»So ist es recht!«, sagte er. »Eine schlagfertige Antwort auf alles. Lassen Sie Ihre Deckung immer schön oben.«
Beim Verlassen des Cafés wurde ich weich. »Ich habe auch einen Lieblingsplatz«, vertraute ich ihm an.
»Vielleicht zeigen Sie ihn mir mal.«
»Vielleicht.«
Raleigh hatte mich überrascht. Man lernt im Leben nie aus. Eigentlich war er ein netter Kerl. Ich fragte mich, ob er wohl sanfte Hände hatte.
23
Als Rebecca Passeneau sich in der ganzen Pracht ihres Brautkleides betrachtete, wusste sie, dass sie nicht mehr Mamas kleines Mädchen war. Du bist mein Baby . Diese Worte hatte sie seit ihren ersten Tagen auf diesem Planeten gehört.
Bei drei älteren Brüdern konnte man sich leicht vorstellen, weshalb. Ihre Mutter hatte sich immer ein Mädchen gewünscht
- Daddy auch -, doch dann waren die Jahre dahingegangen, und sie hatten die Hoffnung schon aufgegeben. Der Älteste, Ben, der Waghalsige, war ums Leben gekommen, ehe sie geboren wurde. Ihre Eltern waren am Boden zerstört gewesen. An weitere Kinder hatten sie überhaupt nicht mehr gedacht. Aber dann war wie ein Wunder Becky gekommen.
» Mein Baby! «, hörte Becky ihre Mutter rufen, die hinter ihr stand.
»Ach, Mom.« Die Tochter seufzte, lächelte aber auch.
Sie betrachtete sich weiter. Sie war wunderschön. In dem langen, weißen, schulterfreien Kleid, einer Lawine aus Tüll, leuchtete sie wie das schönste Wesen dieser Welt. Michael würde sehr glücklich sein. Nach so vielen Vorbereitungen - das Hotel in Napa, die Blumen, die letzte Änderung am Brautkleid - hatte sie schon nicht mehr geglaubt, dass der Tag wirklich kommen würde. Doch jetzt war er fast da. Samstag .
Ms. Perkins, die Geschäftsführerin von Saks, stand da und bewunderte sie. »Sie werden sie alle umhauen, Schätzchen.«
Becky wirbelte herum und betrachtete sich in dem großen dreifachen Spiegel. »Ja, nicht wahr?« Sie lächelte.
»Dein Vater und ich wollen dir etwas schenken«, sagte ihre Mutter.
Sie holte ein schmales Schmucketui aus der Handtasche. Es war ihr Brillantanhänger, ein ovaler Vierkaräter an einer Perlenschnur, den sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Sie legte Becky die Kette um den Hals.
»Das ist ja Wahnsinn«, stieß Becky hervor. »Ach, Mom.«
»Meine Mutter hat sie mir an meinem Hochzeitstag geschenkt«, sagte ihre Mutter. »Sie hat mir ein herrliches Leben beschert. Jetzt ist sie für dich.«
Wie gebannt stand Becky Passeneau vor den Spiegeln. Das herrliche Kleid, der Diamant an ihrem Hals.
Schließlich umarmte sie ihre Mutter.
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