Der 1. Mord - Roman
der Patienten reagieren hervorragend auf eine Transfusion roter Blutkörperchen zweimal die Woche. Von denen, die nicht reagieren, kann ein ähnlich hoher Prozentsatz mit einer Knochenmarkstransplantation gerettet werden. Aber dazu gehört zuerst eine schmerzhafte Chemotherapie, um die weißen Blutkörperchen anzukurbeln.«
Ich verkrampfte mich. Orenthalers albtraumhafte Voraussagen erfüllten sich. »Kann man irgendwie feststellen, bei wem die Behandlung anschlägt?«
Medved legte die Hände zusammen und schüttelte den Kopf. »Die einzige Möglichkeit ist anzufangen. Dann sehen wir weiter.«
»Ich arbeite gerade an einem sehr wichtigen Fall. Dr. Orenthaler hat gesagt, ich könne weiterarbeiten.«
Medved schürzte skeptisch die Lippen. »Sie können weiterarbeiten, solange Sie sich kräftig genug fühlen.«
Einen Moment lang war ich verzweifelt. Wie lange konnte ich diese Krankheit verbergen? Mit wem konnte ich darüber reden? »Und wenn es wirkt, werde ich dann schnell wieder gesund?«, fragte ich mit ein bisschen Hoffnung.
Er seufzte. »Das ist nicht, als ob man bei Kopfschmerzen ein Aspirin schluckt. Ich fürchte, es wird eine lange Durststrecke werden.«
Eine lange Durststrecke. Ich dachte an Roths Reaktion und an meine Beförderung zum Lieutenant.
Das ist es, Lindsay. Die größte Herausforderung deines Lebens.
»Und wenn die Behandlung nicht anschlägt? Wie lange, bis…?«
»Es schlimmer wird? Gehen wir das Ganze doch mit Optimismus an. Darüber können wir uns später unterhalten.«
Jetzt stand alles auf dem Spiel: der Fall, meine Karriere, alle meine Lebensziele. Doch die Vorzeichen hatten sich geändert. Jetzt lief ich mit einer tickenden Zeitbombe herum, die scharf gemacht worden war und jederzeit losgehen konnte.
Ich schloss die Augen. »Wann fangen wir an?«
Er schrieb mir eine Praxis im selben Gebäude auf. Im zweiten Stock. Moffet Ambulante Behandlung. Kein Datum.
»Wenn es Ihnen recht ist, würde ich gern gleich anfangen«, sagte er.
21
Die Geschichte von Gerald Brandts abgebrochenen Verhandlungen mit dem russischen Autohersteller war öffentlich bekannt geworden. Man konnte sie an jedem Zeitungskiosk lesen, in dicken Schlagzeilen. HAT VATER DES BRÄUTIGAMS DEN HASS DER RUSSEN AUF SICH GEZOGEN?
Der Chronicle meldete, dass das FBI der Sache nachging. Großartig .
Als ich gegen halb elf endlich meinen Schreibtisch erreichte, flossen zwei Halbliterbeutel mit Hämoglobin angereicherten Blutes durch meinen Körper. Mit letzter Kraft bemühte ich mich das Bild zu verdrängen, wie das dicke rote Blut langsam in meine Adern tropfte.
Als Roth meinen Namen rief, war seine Miene so mürrisch wie üblich. »Der Chronicle behauptet, es wären die Russen gewesen. Das FBI scheint derselben Meinung zu sein.« Er beugte sich über meinen Schreibtisch und knallte mir die Morgenausgabe hin.
»Ich habe es gelesen. Halten Sie das FBI da raus«, sagte ich. »Das ist unser Fall.«
Ich berichtete ihm vom gestrigen Abend, als ich noch einmal zum Tatort gefahren war, und erklärte ihm, warum für mich der sexuelle Missbrauch der Leiche, das mit Blut befleckte Jackett und die fehlenden Ringe auf einen einzigen, psychisch gestörten Mörder hindeuteten.
»Das ist kein russischer Profikiller. Er hat ihr die Faust hineingerammt«, erinnerte ich ihn. »Und das in ihrer Hochzeitsnacht.«
»Sie wollen, dass ich dem FBI sage, es soll sich raushalten?«, sagte Roth. »Weil Sie bei diesem Fall so ein deutliches Gefühl haben?«
»Es ist ein Mord fall. Ein widerliches, abartiges Sexualverbrechen, nicht irgendeine internationale Verschwörung.«
»Vielleicht brauchte der russische Killer Beweise. Vielleicht war er auch ein Sexfreak.«
»Beweise wofür? Jede Zeitung und Fernsehanstalt im ganzen Land hat darüber berichtet. Übrigens, schneiden die Russkis nicht üblicherweise auch den Finger ab?«
Roth stieß einen frustrierten Seufzer aus. Sein Gesicht zeigte mehr als die übliche Verstimmung.
»Ich muss los«, sagte ich und reckte die Faust hoch, in der Hoffnung, Roth würde den Scherz kapieren.
Gerald Brandt war immer noch im Hyatt und wartete darauf, dass die Leiche seines Sohnes freigegeben wurde. Ich ging in seine Suite und traf ihn allein an.
»Sie haben die Zeitungen gelesen?«, fragte ich, als wir uns an den Tisch unter dem Sonnenschirm setzten.
»Die Zeitungen, Bloomberg, irgendeine Reporterin vom Chronicle, die gestern Abend ständig angerufen hat. Alles, was sie behaupten, ist absoluter
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