Der 1. Mord - Roman
Weshalb die Opfer wohl in der Herrentoilette gewesen waren und welche Sicherheitsmaßnahmen es in der Hall of Fame gegeben hatte.
Jede Antwort überzeugte mich mehr davon, dass es sich um unseren Täter handelte. Aber was zum Teufel machte er hier in Ohio?
Am Lake Shore Boulevard verließen wir den Highway. Eine moderne Skyline ragte um uns herum auf. »Da ist es«, verkündete McBride.
Aus der Ferne sah ich die Rock and Roll Hall of Fame. Sie glitzerte wie ein unregelmäßig geschnittener Edelstein. Ein abartiger Mörder hatte an einem der berühmtesten Ort der Stadt zugeschlagen. Inzwischen war er vielleicht schon wieder in San Francisco. Oder in Chicago, New York, Topeka … und plante
den nächsten grausigen Doppelmord. Vielleicht saß er aber auch in einem Hotelzimmer auf der anderen Seite des Platzes und beobachtete unsere Ankunft.
Rotbart konnte überall sein.
55
Es war das dritte Mal in zwei Wochen, dass ich den Schauplatz eines grauenvollen Doppelmords untersuchte.
McBride ging mit uns in den ersten Stock und durch ein gespenstisch menschenleeres Atrium auf einen Korridor, der zu einer Herrentoilette führte. Der Raum war mit gelbem Plastikband abgesperrt worden und wurde von Polizisten bewacht.
»Eine öffentliche Toilette«, sagte Raleigh. »Er wird mit jedem Mal widerlicher.«
Diesmal gab es keine Leichen, keine entsetzlichen Entdeckungen. Die Opfer waren längst in die Pathologie geschafft worden. An ihrer Stelle sah ich die Umrisse mit Band und Kreide. Dazu an den Wänden Schwarzweißfotos, bei deren Anblick sich einem der Magen umdrehte.
Ich sah vor mir, wie sich die Tat ereignet hatte. Wie der Bräutigam als Erster getötet wurde, sein Blut an die Wand hinter der Toilette spritzte. Wie Rotbart gewartet und die Braut überrascht hatte, als sie hereinkam. Dann hatte er Kathy Voskuhl in jener aufreizenden Stellung zwischen den Beinen ihres Mannes platziert. Er hatte sie besudelt .
»Wie sind die beiden mitten in ihrer Hochzeitsfeier hierher geraten?«, fragte Raleigh.
McBride deutete auf ein Tatortfoto an der Wand. »Wir haben
den Stummel von einem Joint neben James Voskuhl gefunden. Schätze, er ist hergekommen, um sich vollzudröhnen. Und die Braut ist vermutlich gekommen, um mitzurauchen.«
»Aber niemand hat etwas gesehen? Sie sind nicht mit jemandem von der Feier weggegangen?«
McBride schüttelte den Kopf.
Ich verspürte die gleiche siedend heiße Wut, die ich schon zweimal zuvor gefühlt hatte. Ich hasste diesen Mörder, diesen grausamen Traumzerstörer. Mit jeder Tat hasste ich ihn mehr. Dieser Dreckskerl spielte mit uns. Jeder Tatort war eine Erklärung. Jeder war erniedrigender.
»Wie waren die Sicherheitsvorkehrungen an diesem Abend?«, fragte ich.
McBride zuckte mit den Schultern. »Alle Ausgänge waren geschlossen, abgesehen vom Haupteingang. Am Empfang war ein Sicherheitsmann. Alle Hochzeitsgäste sind gleichzeitig eingetroffen. Mehrere private Sicherheitsleute haben sich rumgetrieben, aber wie üblich bei solchen Gelegenheiten, haben sie sich bedeckt gehalten.«
»Ich habe überall Kameras gesehen«, sagte Raleigh. »Es müssen Aufzeichnungen existieren.«
»Darauf hoffe ich«, antwortete McBride. »Ich mache Sie mit Andrew Sharp bekannt, dem Leiter des Sicherheitsdienstes. Das können wir gleich erledigen.«
Andrew Sharp war ein drahtiger, schlanker Mann mit kantigem Kinn und schmalen, farblosen Lippen. Er sah aus, als hätte er Angst. Vor einem Tag hatte er einen ziemlich lockeren Job gehabt, jetzt jedoch saßen ihm FBI und Polizei im Nacken. Es machte es auch nicht einfacher, das Ganze zwei Polizisten aus San Francisco erklären zu müssen. Er führte uns in sein Büro, zog eine Marlboro Light aus der Schachtel und schaute Raleigh an.
»In acht Minuten habe ich eine Besprechung mit dem Leitenden Direktor.«
Wir machten uns nicht die Mühe, Platz zu nehmen. »Ist Ihren Wachleuten irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«, fragte ich.
»Dreihundert Gäste, Madam Detective. Alle haben sich im Atrium am Eingang versammelt. Normalerweise mischen sich meine Leute nicht ein, sondern sorgen nur dafür, dass keiner, der zu viel getrunken hat, zu nahe an die Ausstellungsstücke geht.«
»Und wie ist der Täter rausgekommen?«
Er drehte sich heftig mit seinem Sessel und deutete auf den großen Plan des Museums. »Entweder hier am Haupteingang, wo Sie hereingekommen sind, oder durch den in der hinteren Veranda, den wir offen gelassen hatten. Er führt zum Lake Walk. Dort
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