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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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hat. Aber wir sind so eine Art Selbsthilfegruppe.«
    »Wusste Ihr Mann das?«, fragte ich.
    Sie rang sich ein Lächeln ab. »Es hat ihm nichts ausgemacht. Er mag Joanna. Und, Inspector, sie liebt ihn immer noch.«
    Der Aufzug kam, und wir verabschiedeten uns. Als sich die Tür schloss, sah ich Jill an. Ihre Augen waren groß, und sie hatte die Zunge in die Wange gesteckt.
    »Bei dieser ganzen Scheißfamilie krieg ich’ne Gänsehaut«, knurrte sie und schüttelte sich.

99
    Sobald Medved das Sprechzimmer betrat, wusste ich Bescheid. Ich las es in seinem Gesicht. Er brauchte kein Wort zu sagen.
    »Ich fürchte, ich kann nicht viel Positives sagen, Lindsay«, meinte er leise und sah mir in die Augen. »Die Zahl der roten Blutkörperchen nimmt weiterhin ab. Die Ohnmachtsanfälle, die Erschöpfung, Blut in der Brust. Die Krankheit schreitet fort.«
    »Schreitet fort?«, flüsterte ich.
    Medved nickte mit ernster Miene. »Drittes Stadium.«
    Die Worte donnerten in meinem Kopf und brachten die Ängste vor den noch häufigeren Behandlungen, die ich so fürchtete. »Was ist der nächste Schritt?«, fragte ich leise.
    »Wir können noch einen Monat warten«, antwortete Medved. »Ihr Wert ist jetzt zweitausendvierhundert. Wenn er weiter abnimmt, wird auch Ihre Kraft schwinden. Dann müssen Sie ins Krankenhaus.«
    Ich verstand kaum, was er sagte. Ein Monat. Das war zu nahe. Zu schnell. Jetzt, nachdem Jenks festgenommen war, fing es gerade an gut zu laufen. Alles andere, alles was ich festhalten wollte, entwickelte sich auch zum Guten.
    Ein Monat - vier elende Wochen.
    Als ich ins Büro zurückkam, standen einige Kollegen da und grinsten. Auf meinem Schreibtisch stand ein wunderschöner Blumenstrauß. Wildblumen.
    Ich roch an ihnen und sog den süßen, natürlichen Duft ein. Dann las ich die Karte. Ich habe eine Hütte oben im Heavenly Valley, dort wachsen die in Mengen. Morgen ist Freitag. Nimm dir den Tag frei und lass uns hinfahren.
    Unterschrieben mit Chris .
    Es klang genau nach dem, was ich nötig hatte. Die Berge. Chris. Ich musste ihm alles sagen, jetzt, wo die Wahrheit schon bald offenbar würde.

    Mein Telefon klingelte. Es war Chris. »Und?« Kein Zweifel, irgendjemand im Büro spielte Cupido und hatte ihm gemeldet, dass ich gekommen war.
    »Ich hab die Karte noch nicht aufgemacht.« Ich biss mir auf die Lippe. »Zu viele andere, die ich lesen muss.«
    Ich hörte ein enttäuschtes Seufzen, ließ ihn einen Augenblick lang zappeln. »Aber falls du mich fragen willst, ob ich mit dir wegfahren will, lautet die Antwort: Liebend gern. Es klingt toll. Lass uns um acht losfahren.«
    »Langschläferin«, sagte er. »Ich hatte gehofft, wir könnten dem morgendlichen Stoßverkehr zuvorkommen.«
    »Ich habe heute Abend gemeint.«
    Ich habe einen Monat, dachte ich. Bergluft, plätschernde Bäche und Wildblumen sind ein guter Anfang.

100
    Die nächsten beiden Tage verbrachten wir wie in einem wunderschönen Traum.
    Chris’ aus Redwood gebaute Hütte auf dem Mason Ridge über dem Heavenly Valley war gemütlich und bezaubernd. Wir wanderten mit Sweet Martha durch den Wald, fuhren mit der Bahn zum Gipfel und marschierten den ganzen Weg zurück. Auf der Veranda grillten wir Schwertfisch.
    Dazwischen liebten wir uns in seinem riesigen Bett, auf dem Schaffellteppich vor dem Holzofen, in der kalten Dusche vor der Hütte. Wir lachten und spielten und berührten uns wie Teenager und entdeckten die Liebe neu.
    Doch ich war kein naives Schulmädchen. Ich wusste, was geschah. Ich spürte den steten, unleugbaren Strom in mir ansteigen
wie einen Fluss, der über die Ufer zu treten drohte. Ich fühlte mich hilflos.
    Chris versprach mir, dass der Samstag ein Tag werden würde, den ich nie vergessen würde.
    Wir fuhren zum Lake Tahoe, zu einer malerischen Marina am kalifornischen Ufer. Er hatte ein Plattformboot gemietet, einen alten Holzkahn. Wir kauften Sandwiches und eine Flasche Chardonnay und fuhren mitten auf den See. Das Wasser war still und türkisfarben, der Himmel strahlend und wolkenlos. Die mit Schnee bedeckten Berggipfel umringten den See wie eine Krone.
    Wir ankerten und waren in unserer ganz privaten Welt. Chris und ich zogen uns bis auf die Badesachen aus. Ich nahm an, wir würden uns in die Sonne legen, den Wein und die Aussicht genießen, aber Chris hatte so einen erwartungsvollen, waghalsigen Blick. Er ließ die Hand ins eiskalte Wasser hängen.
    »Nie und nimmer«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Das hat höchstens zehn

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