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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Grad.«
    »Ja, aber es ist trockene Kälte«, scherzte er.
    »Richtig, spring ruhig rein. Und fang mir einen Hecht, wenn du einen vorbeischwimmen siehst.«
    Er kam mit gespielt drohender Miene auf mich zu. »Du kannst dir selbst einen fangen.«
    »Kommt nicht in Frage.« Trotzig schüttelte ich den Kopf. Doch ich lachte. Während er näher kam, wich ich zum Heck des Bootes zurück.
    Er legte die Arme um mich. Ich spürte das Kribbeln seiner Haut auf meiner. »Es ist eine Art Initiationsritus«, erklärte er.
    »Ein Initiationsritual wofür?«
    »Exklusiver Club. Jeder, der Mitglied werden will, muss ins Wasser springen.«
    »Dann musst du auf mich verzichten.« Ich lachte und wand mich in seinen starken Armen. Mühelos hob er mich auf das Sitzkissen der Bank im Heck.

    »Scheiße, Chris!«, rief ich, als er meine Hand ergriff.
    »Geronimo wäre besser«, sagte er und riss mich mit. Ich schrie » Du Mistkerl! « Dann fielen wir in den See.
    Das Wasser war eiskalt, aber ungemein belebend. Gemeinsam kamen wir wieder an die Oberfläche. Ich schrie ihm ins Gesicht: » Verdammt noch mal! « Dann küsste er mich, und urplötzlich war das Wasser nicht mehr kalt. Ich klammerte mich an ihn, zuerst wegen der Wärme, später, weil ich ihn nie wieder loslassen wollte. Ich vertraute ihm so sehr, dass es mir beinahe Angst einjagte. Das Wasser war zehn Grad kalt, doch ich stand in Flammen.
    »Pass mal auf«, forderte ich ihn heraus und machte mich von ihm los. Eine orangerote Boje tanzte auf den Wellen knapp fünfzig Meter weit entfernt. »Wer zuerst bei der Boje ist«, rief ich und stieß mich von Chris ab. Mein Tempo überrumpelte ihn.
    Er bemühte sich, mich mit gleichmäßigen, kräftigen Stößen einzuholen, doch ich ließ ihn weit hinter mir.
    Bei der Boje verlangsamte ich das Tempo, damit er mich einholte.
    Chris schaute mich völlig verblüfft an. »Wo hast du schwimmen gelernt?«
    »South San Francisco YMCA, Champion der Division der Vierzehn-, Fünfzehn- und Sechzehnjährigen«, brüstete ich mich. »Mit mir konnte keiner mithalten. Sieht so aus, als wäre ich immer noch gut.«
    Kurz danach steuerten wir das Boot in eine kleine schattige Bucht am Ufer. Chris machte den Motor aus und spannte ein Sonnensegel auf. Mit angehaltenem Atem krochen wir darunter, wo niemand uns sehen konnte.
    Langsam ließ ich ihn meinen Badeanzug herabstreifen. Er leckte die Tropfen von meinen Armen und Brüsten. Dann kniete ich nieder und befreite ihn von seiner Badehose. Wir brauchten nicht zu sprechen. Unsere Körper sagten alles. Ich ließ mich zurücksinken und zog Chris über mich.

    Noch nie hatte ich mich so mit einem anderen Menschen oder Ort verbunden gefühlt. Stumm wölbte ich mich ihm entgegen. Der See plätscherte leise an den Seiten des Bootes. Ich dachte, wenn ich spreche, wird das alles verändern.
    Danach lag ich einfach da, Wärmeschauer durchliefen meinen Körper. Ich wollte, dass es nie endete, doch ich wusste, dass es enden musste. Die Realität kommt einem immer dazwischen, nicht wahr?

101
    Irgendwann an diesem Abend begann ich zu weinen.
    Ich hatte Spaghetti carbonara gemacht, und wir aßen im Mondschein auf dem Steg und tranken eine Flasche Pinot noir. Chris legte ein Cello-Konzert von Dvořák auf, doch dann gingen wir zu den Dixie Chicks über.
    Während des Essens fragte Chris mich, wo und wie ich aufgewachsen war.
    Ich führte das, was ich ihm bereits von meiner Mutter erzählt hatte, noch weiter aus, dass Dad uns verlassen hatte, als ich noch ein Kind war. Mom hatte zwanzig Jahre lang als Buchhalterin im Emporium gearbeitet. Ich hatte meine Schwester praktisch aufgezogen.
    »Mom ist an Brustkrebs gestorben, als sie erst fünfzig war.« Die Ironie entging mir keineswegs.
    »Was ist mit deinem Vater? Ich möchte alles über dich wissen.«
    Ich trank einen Schluck Wein. Dann erzählte ich ihm, dass ich ihn nur zweimal gesehen hatte, seit ich dreizehn gewesen war. Bei der Beerdigung meiner Mutter. Und an dem Tag, als ich
Polizistin wurde. »Er saß ganz hinten, weit weg von allen anderen.« Plötzlich wurde mein Blut heiß vor lange begrabenen Gefühlen. »Was hat er da gemacht?« Ich schaute Chris mit feuchten Augen an. »Warum hat er es verdorben?«
    »Möchtest du ihn manchmal sehen?«
    Ich antwortete nicht. Etwas begann in meinem Kopf Form anzunehmen. Meine Gedanken schweiften ab. Die Tatsache, dass ich hier wahrscheinlich so glücklich war wie noch nie zuvor, dass jedoch dies alles auf einer Lüge beruhte, traf mich

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