Der 18 Schluessel
während Danyal schwer atmend auf ihr lag.
Als er sich aus ihr zurückzog, fühlte Eliana sich noch schlechter als zuvor. Ein überwältigendes Gefühl, dass sie diese neue Leere für den Rest ihres Lebens begleiten würde, überkam sie. „Was ... hast du getan?“ Sie musste Abstand zwischen ihn und sich bringen, sonst könnte sie das alles nicht ertragen! Hektisch stand sie auf und ging nackt wie sie war in die Küche, wo sie ein Glas Wasser in wenigen Zügen trank. Sie fühlte sich ausgetrocknet und ausgelaugt. Als hätte Danyal sie vollkommen leergetrunken und ihr Leben zum Stillstand gebracht. Das war nicht normal – so fühlte man sich nicht, wenn man mit einem Mann geschlafen hatte!
Arme legten sich von hinten um ihre Schultern, Danyals nackter Körper umhüllte ihren mit Wärme. Sie hatte nicht bemerkt, dass er ihr in die Küche gefolgt war. Eliana schloss die Augen.
Danyals Stimme klang reuig – er spürte, dass sie mit sich selbst kämpfte. „Ich hätte das nicht tun dürfen, aber ich wollte dich so sehr, Eliana. Unsere Rassen sind nicht füreinander bestimmt, aber das heißt nicht, dass es kein Begehren zwischen ihnen gibt. Diesem Begehren nachzugeben nimmt dem Menschen einen Teil seiner Seelenfreiheit. Es war nicht richtig, es zu tun. Es tut mir leid, Eliana.“
„Ich hatte überhaupt keine andere Wahl, oder?“ Sie sah ihn an, als begreife sie das erste Mal, wer er wirklich war.
„Nein! Ihr könnt euch nicht verweigern.“
Eliana begriff, dass diese Nähe zwischen ihnen etwas war, das sich nicht wiederholen dürfte. Sie spürte, dass Danyal gehen wollte. „Du glaubst nicht, dass ich das hier überlebe, oder?“
Er hielt sie weiter einfach umschlungen und antwortete nicht, überlegte es sich dann jedoch anders. „Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich nicht noch einmal den gleichen Fehler machen will, wie damals.“
„Damals?“ Sie schloss die Augen und versuchte, ihre erneut aufkommende Angst zu ignorieren.
Danyal hielt sie fester - als kämpfe er mit sich und überlege, ob er ihr antworten sollte. Dann entschloss er sich dazu, es zu tun. „Ich begegnete Satanael und Helel noch einmal.“
Köln, am 22. August des Jahres 1349 zu Zeiten der großen Pestepidemie
Danyal ...
Die Zeiten hatten sich geändert, und ebenso die Menschen. Ich war noch immer der Gleiche, nur dass ich öfter einen Blick über meine Schulter warf, als würde ich verfolgt. Tatsächlich hatte ich im Laufe der Zeit Fähigkeiten entwickelt, mich vor Satanael zu verbergen, indem ich dorthin ging, wo er mich nicht vermutete. Ich hatte gelernt, mich sicherer und vorsichtiger unter den Menschen zu bewegen und war nicht mehr so vertrauensvoll wie früher. Es war Hochsommer in Coellen, die Stadt stank erbärmlich – nach den Ausscheidungen der vielen Menschen, die sich hinter den Stadtmauern zusammendrängten, nach Schweiß und dem Mist der Schweine und Ziegen, die frei durch die engen Gassen liefen. Vor allem aber stank es nach Tod und Angst und Verzweiflung, denn seit fast einem Jahr grassierte die Pestilenz und kroch wahllos durch jede Tür und jedes Fenster. Das Große Sterben machte nicht halt vor Kindern oder kräftigen Männern, es unterschied nicht Arm oder Reich. Es suchte sich seine Opfer wahllos, höhlte die Stadt in ihrem Herzen aus und riss ganze Sippen auseinander. Jeder hatte Angst, jeder dachte nur noch an sich selbst! Weiber verließen ihre erkrankten Männer, Eheleute ließen ihre sterbenden Kinder allein. Jeder konnte die Pestilenz an sich haben und sie einem anderen auf den Hals hetzen – also war jeder jedermanns Feind! Ärzte waren ratlos und suchten Antworten in den Sternen oder der Alchemie. Als sie diese nicht fanden und das Sterben weiter ging, rieten sie den verängstigten Menschen zu beten, die Fenster nur nach Norden zu öffnen und sich von jungen schönen Mädchen fernzuhalten, da diese die Pestilenz einluden, zu verweilen. Flagellanten zogen sich selbst kasteiend durch die Straßen und hetzten die ohnehin verängstigte Bevölkerung auf. Und ihre Hetze hatte ein Ziel. Die Juden sind's! Sie vergiften die Brunnen ... sie sind die wahre Pestilenz und das Übel, das es auszumerzen gilt! Das ist es, was Gott will, damit das Große Sterben aufhört. Wann immer etwas Übles geschah, suchten die braven Bürger die Schuld bei den Juden ... vor allem diejenigen, die Schulden bei einem jüdischen Geldverleiher hatten, waren die Ersten, die in die Verwünschungen und Hetzreden
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