Der 4-Stunden-Koerper
Veranstaltung nur besucht hatte, weil der Produzent sein Freund war, sagte zu dem Ringer, er solle sich hinlegen und sein verletztes Bein auf eine Spindtür legen. Unsicher, was er tun sollte, entschied er sich fürs Hochlegen. Dann bekam er einen Anruf und verließ den Raum. Als er 15 Minuten später wieder zurückkam, teilte ihm der Ringer unmissverständlich mit, dass das Hochlegen eine komplette Zeitverschwendung gewesen sei. Sein Knöchel fühle sich noch genauso an.
Aus irgendeinem Grunde jedoch seien seine chronischen Rückenschmerzen besser geworden.
Pete stellte sich eine einfache Frage: »Warum?« Dann wiederholte und verfeinerte er seine ungewöhnliche Umkleideraum-Dehnübung so lange, bis die Erfolgsquote bei Rückenschmerzen hoch genug war, dass sie einen eigenen Namen verdient hatte. So wurde sie zur fast ein wenig obszön klingenden »Rückenlage-Lenden-Progression«, die schließlich auch mich überzeugte. Jahrzehnte später betont Pete an der
Egoscue University immer noch die fundamentale Bedeutung grundlegender Fragen: »Liebe Studenten, in meiner Welt ist alles möglich, weil ich nichts weiß.«
Die Egoscue-Methode war für mich aber keinesfalls Liebe auf den ersten Blick.
Bevor ich sie 2009 selbst ausprobierte, war ich in Gesprächen mit Sportlern bereits ein halbes Dutzend Mal auf die Methode gestoßen. Ich zögerte deshalb so lange, weil das Ganze für mich anfangs noch den Beigeschmack eines Kults hatte.
Die Erfahrungsberichte reichten vom Verschwinden von Allergien bis hin zu selbstheilenden Verdauungsproblemen und man zeigte mir Videos von Probanden, die bei bestimmten Übungen am ganzen Körper unfreiwillig zu zucken begannen wie bei einem epileptischen Anfall.
Ich beschloss, dass ich mit meinem grundsoliden Pilates eigentlich ganz gut zurechtkam. Wenn ich meinen Beckenboden kräftigen und dabei eine tote Katze über meinem Kopf schwingen wollte, konnte ich das auch alleine tun. Also ignorierte ich die Egoscue-Methode, obgleich Golflegende Jack Nicklaus oder berühmte Super-Bowl-NFL-Spieler wie John Lynch sie in den höchsten Tönen lobten.
Dann, im Juni 2009, saß ich in Tempe, Arizona, mit einem Freund beim Mittagessen, der noch am selben Nachmittag eine Egoscue-Sitzung bei John Cattermole hatte, einem angesehenen und gereiften Therapeuten mit 25 Jahren Erfahrung in physischer Therapie. Ich willigte ein, ihn zu begleiten und mir selbst ein Bild zu machen. Ich erwartete eine hübsche Dosis Voodoo-Zauber.
Stattdessen verließ ich nach 90 Minuten das Behandlungszimmer und hatte zum ersten Mal seit sechs Monaten keine Schmerzen mehr im mittleren Rückenbereich. Ich konnte es kaum fassen.
Es war eines der vielen Male, wo ich mich selbst hätte ohrfeigen können, dass ich vorschnell das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hatte. Diese Erfahrung bestätigte zudem wieder einmal zwei Wahrheiten:
Bei jeder Methode gibt es Therapeuten, die den tieferen Sinn falsch verstehen, sie als deren selbst ernannte Vertreter verbreiten und dadurch Verwirrung stiften.
Es ist entscheidend, wie Bruce Lee betonte, »Nützliches anzunehmen, Unnützes wegzulassen und dann hinzuzufügen, was ganz aus einem selbst kommt«.
Nachdem ich die Methode ein paar Monate lang an mir selbst und anderen Laptop-Bucklern ausprobiert habe, kann ich bei Haltungsschäden von Schreibtischbewohnern nun sechs 80/20-Übungen empfehlen. Den Minimalisten, die zuhause arbeiten (oder verständnisvolle Kollegen haben), schlage ich vor, alle zwei oder drei Stunden am Schreibtisch oder in einer Sitzposition die Übungen Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 auszuführen und mindestens einmal pro Woche alle fünf Übungen zu machen.
Die Rückenlage-Lenden-Progression, die mit Abstand unbequemste, ungewöhnlichste und zeitraubendste der fünf, ist die wirksamste Übung zur Lockerung der Lenden- und Hüftmuskulatur. Dadurch werden das Becken und eingerostete Kniegelenke wieder beweglicher.
1. Ruhender Rücken
Durchgänge: 1 | Wiederholungen: 1 | Dauer: 0:05:00
Beschreibung
Legen Sie sich auf den Rücken und legen Sie die Beine auf eine Kiste oder einen Stuhl.
Legen Sie Ihre Arme in einem Winkel von etwa 45 Grad zu Ihrem Körper zur Seite, mit den Handflächen nach oben. Ihre Daumen berühren dabei den Boden.
Entspannen Sie den oberen Wirbelsäulenbereich und stellen Sie sicher, dass der untere Rückenbereich von links nach rechts gleichmäßig flach auf dem Boden liegt.
Halten Sie diese Position fünf Minuten lang.
2. Ruhende
Weitere Kostenlose Bücher