Der 4-Stunden-Koerper

Jahrzehnte alte Schmerzen in meinem rechten Handgelenk (hervorgerufen durch heftige Gymnastik) und meinem linken Knie (vom Ringen) etwa 21 Tage nach dem letzten Behandlungstermin verschwanden.
    Die von den Substanzen ausgehenden Gefahren sind zwar minimal, insbesondere bei Verwendung einer einfachen Dextrose-Basis, doch besteht trotzdem das Risiko einer Infektion, so gering dieses auch sein mag. Wenn eine Nadel die Haut durchdringt, kann sie auf der Haut befindliche Bakterien ins Zielgebiet transportieren. Dies ist besonders ernst, wenn die Entzündung in einem Gelenk auftritt und zu einer Sepsis wird, einem Vorgang, der bewirken kann, dass sich der Gelenkknorpel innerhalb von weniger als 72 Stunden zersetzt.
    Eine Untersuchung in Frankreich ergab ein Risiko von 13 zu 1 Million Injektionen, welches noch deutlich gesenkt werden kann, wenn abgepackte Spritzen verwendet werden.
    Trotzdem wollte ich nach meiner Staphylokokkeninfektion lieber weniger invasive Injektionen ausprobieren, was zur nächsten Therapieform führte: der Biopunktur.
    6. Biopunktur
»Hören Sie das?«
    Ja, ich hörte es und es war widerlich. Dr. Lee Wolfer war gerade dabei, mir zwischen 40 und 60 Injektionen mit kleinen Nadeln zu verpassen, 95 wie sie normalerweise bei Tuberkulosetests Verwendung finden. Die einzelnen Injektionen gingen nicht weiter als einen guten Zentimeter unter die Haut, doch von meinem Untergrätenmuskel –
einem der Muskeln der Rotatorenmanschette in der Schulter – ging ein Geräusch aus, das klang, als würde jemand auf hartem Schnee gehen: ein deutlich vernehmbares Knirschen.
    »Das ist Kalzium, das sich dort abgelagert hat, aber nicht dorthin gehört.«
    Dann machte sich Lee, eine der besten Wirbelsäulen- und Rückenspezialistinnen der USA, wieder an ihre Arbeit. Sie war längst noch nicht fertig mit den Injektionen. Ich hatte ihr eine Liste gegeben – Nacken, oberer Rückenbereich, Schultern, Knöchel. Wir hatten also noch einen weiten Weg vor uns.
    Lee ist von der Bedeutung der lange vernachlässigten Faszie überzeugt, die für sie mehr ist als nur anatomischer Leim. Die bisherigen Resultate sind beeindruckend.
    »Ich bin als Ärztin endlich glücklich. Ich helfe den Körpern meiner Patienten, sich selbst zu heilen.«
    Die Faszien bilden ein dreidimensionales Netz faserigen Bindegewebes, das die Struktur des Körpers erhält. Man kann sich Faszien als Spannseile vorstellen, die ein Zelt stabil halten. Seile, die unter anderem dazu dienen, die Muskeln zusammen-und innere Organe an ihrem Platz zu halten. Haben Sie je davon gehört, dass Läufer über ihre Plantarfaszie klagen? Dieses Problem hat mit der Faszie im Fuß zu tun und ist sehr schmerzhaft. Die Plantarfaszie des Fußes ist ein dickes Band aus Bindegewebe, das von der Ferse bis zu den fünf Zehen reicht. Wenn es sich entzündet und diesen Bogen in Mitleidenschaft zieht, sind chronische Schmerzen die Folge.
    Faszien gibt es aber nicht nur in den Füßen, sondern im gesamten Körper. Zudem übernehmen sie biochemische Aufgaben.
    Lees Entdeckungsreise begann mit einer schriftlichen Arbeit über Schmerzen im unteren Rückenbereich, in deren Rahmen sie bemerkte, dass die Wissenschaftler auf etwas Seltsames gestoßen waren: Die Faszien der Patienten ähnelten denen von Diabetikern. Im gesamten Gewebe gab es ungewöhnliche Kalziumablagerungen, die sie später auch bei ihren eigenen Patienten feststellte.
    Der interessanteste Bereich war sozusagen der Hauptbahnhof des gesamten Rückens: die thoracodorsale Faszie. Diese fasziale Hülle verbindet treibende Kräfte wie die Latissimen und die Gesäßmuskeln im Lumbalbereich. Probleme am Hauptbahnhof können fast überall Schmerzen hervorrufen. Faszien sind Meister der Irreführung. So sind zum Beispiel die rechte Schulter und der linke untere Rückenbereich durch fasziale »Seile« verbunden.
    Die tatsächliche Ursache für Schmerzen ausfindig zu machen erfordert die Fähigkeiten eines Sherlock Holmes: Scheinbar nicht miteinander verbundene Punkte, oft außerhalb des Körpers, müssen miteinander in Verbindung gebracht werden. Nur ein Beispiel aus der Ernährung: Lee hatte erkannt, dass es zur Wiederherstellung der Funktionalität von chronisch entzündlichem Gewebe mit Kalziumablagerungen ungemein wichtig ist, nahrhafte tierische Kost zusammen mit adäquaten fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K) zu sich zu nehmen.
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    Nun setzte mich Lee als Versuchskaninchen ihrer beruflichen Leidenschaft ein: der