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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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stellte, weil er wollte, dass wir es sahen, was war dann die Botschaft? Es war merkwürdig, sich zu denken, dass der Mann, den ich mir vorstellte, wie er auf die Wand malte, sich dabei wahrscheinlich seinerseits eine Vorstellung von mir gemacht hatte.
    Der Fotograf ging weiter, und wir versammelten uns wieder. Pete steckte die Hände in die Taschen und schniefte.
    »Der Mann von der Agentur ist sowieso schon auf dem Weg hierher.«
    »Was wissen wir bis jetzt über Farmer?«, fragte ich.
    Pete gab an Greg ab.
    »Er ist einunddreißig«, sagte Greg. »Nicht verheiratet. Keine Kinder, soweit wir wissen. Keine Vorstrafen. Auf dem Papier arbeitet er für eine Firma für sanitäre Einrichtungen, obwohl wir wahrscheinlich herausfinden werden, dass das nur Fassade ist. Wahrscheinlich alles. Die Jungs in der Abteilung gehen die Einzelheiten durch, aber bis jetzt sieht das Ganze genauso aus wie bei der Frank-Walter-Identität, die er benutzt hat. Einfach noch eine Geschichte, die es nur auf dem Papier gibt.«
    Pete sah sich im Zimmer um, als sei das Haus baufällig und er erwarte jeden Moment, dass die Decke herunterkäme. Dann machte er weiter.
    »Der Agent sagt, Farmer hat die Miete, einschließlich Kaution, ein Jahr im Voraus gezahlt, was eine Gesamtsumme von über achttausend ausmacht. Wir würden wohl alle sagen, dass er ein verflixt gutes Einkommen zur Verfügung haben muss.«
    »Was immer er beruflich macht, er verdient jedenfalls gut«, stellte Greg fest.
    »Finanziell unabhängig«, sagte Mercer.
    Ich drehte mich zu ihm um. Er studierte immer noch die Muster an der Wand und war so in sie vertieft, als sei es eine Sprache, die er entziffern konnte, wenn er sie nur eindringlich genug anstarrte.
    »Meinst du?«, sagte Greg.
    Mercer wies auf die Wand.
    »Seht euch das an. Mir kommt es vor, als hätte er verschiedene Entwürfe gemacht und so lange geübt, bis er zufrieden war. Die Muster mögen uns zufällig erscheinen, aber es steckt Methode dahinter. Es ist ihm wichtig. Und ich glaube nicht, dass er einen Job halten könnte, wie er ihn braucht, um so viel Geld zu haben, wie ihm anscheinend zur Verfügung steht.«
    Greg sah aus, als wolle er widersprechen, tat es aber nicht.
    »Man kann ihn sich vorstellen, wie er hier steht«, sagte Mercer leise, hauptsächlich zu sich selbst. »Er muss völlig versunken gewesen sein. Wollte es perfekt hinkriegen. Dies ist ein Vollzeitjob für ihn. Das hier ist seine Arbeit.«
    »Aber auch die Überwachungsgeräte«, fiel mir ein.
    Mercer sah mich plötzlich an. »Was meinen Sie damit?«
    »Na ja – er beobachtet seine Opfer. Vielleicht monatelang. Wenn er einen Beruf hätte, würde ihm doch die Zeit fehlen, sich so in sie zu vertiefen.«
    Mercer starrte mich einen Moment ohne zu blinzeln an und wandte sich dann langsam nickend wieder der Wand zu. Es war klar, dass wir nur seine halbe Aufmerksamkeit hatten. Er konzentrierte sich auf die Zeichnung und versuchte, einen Gedanken zu fassen, der sich ihm im Moment noch entzog. Hatte ich ihm dabei geholfen oder ihn behindert? Ich überließ es ihm und wandte mich wieder Greg und Pete zu.
    »Und das Gedicht?«, fragte ich.
    Greg schniefte und sah abfällig auf die Zeilen. »Wir haben eine erste Suche im Internet gemacht und es nicht gefunden. Das heißt nicht, dass es nicht zu finden ist, aber ich würde vermuten, dass Farmer, oder wie immer er wirklich heißt, es selbst geschrieben hat.«
    Ich dachte, dass er wahrscheinlich recht hatte. Zunächst einmal schien sich das Gedicht – ausdrücklicher als die Teufelsmaske auf dem Tisch – an uns zu wenden: »In der Zeit zwischen den Tagen verlort ihr den betrübten Hirten der Sterne.« Und auch sein Thema schien zu dem zu passen, was er tat und wie er sich gab. Das Gedicht hatte offensichtlich einen religiösen Bezug. Wie viel davon wir jedoch für bare Münze nehmen konnten, war eine andere Frage. Und genauso verhielt es sich mit der Bedeutung, die es für den 50/50-Killers haben mochte. Sah er sich als einen Wolf des Weltalls, der
    »uns« einen nach dem anderen wegputzte?
    Ich machte schon den Mund auf, um etwas in dieser Art zu sagen, aber Pete stieß mich in die Seite, und ich schwieg. Mercer starrte immer noch die Wand an, aber seine Miene hatte sich geändert. Vorher war er noch halb bei uns gewesen, jetzt jedoch schien er vollkommen abwesend und nur in das vertieft, was er sah. Ich beobachtete, wie sein Blick zwischen den verschiedenen Zeichnungen hin und her ging. Hierhin, dahin. Wieder

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