Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
Vom Netzwerk:
Tagesanbruch
21:30 Uhr
     
    Mark
    In einer stillen, schläfrigen Straße wirkt massive Polizeipräsenz wie ein Alarmsignal. Lichter huschen an den Fenstern vorüber, Fäuste klopfen an die Türen, und die Leute schauen von ihren Fernsehsendungen auf und fragen sich, was um Himmels willen passiert ist. Alle haben Angst.
    Ich stand oben auf den Stufen von Carl Farmers Wohnung und sah auf die Szene hinunter. Wir hatten von der Kreuzung der Hauptstraße an den ganzen Häuserkomplex abgesperrt, und die Fahrzeuge innerhalb der Absperrung – vier Kleinbusse und drei normale Polizeiautos – erleuchteten alles mit ihren ständig kreisenden blauen Lichtkegeln. In jedem Haus war Licht, und die meisten Bewohner standen auf dem Treppenabsatz vor ihrer Haustür. Ich hörte das Knacken der Polizeifunkgeräte und den Widerhall leiser Stimmen.
    Irgendwann früher am Abend, bevor wir das Polizeigebäude verließen, hatte es endlich angefangen zu schneien. Eine weiche Decke lag hier auf dem Boden, an manchen Stellen von schwarzen Streifen matschiger Fuß- und Reifenspuren unterbrochen. Und der Schnee fiel immer noch, sank schwer vom Himmel herunter. Dick, schwer und träge fiel er in der eiskalten Nachtluft, so weit das Auge reichte, und verlor sich in der Dunkelheit. Auf der anderen Straßenseite funkelte er bernsteinfarben im Licht der Straßenlaternen.
    Das Innere der vier Kleinbusse dort unten war vom weißen Licht der Bildschirme erleuchtet, das vor den offenen Türen von den Gruppen nass glänzender Gestalten verdeckt wurde. Ich sah mein Befragungsteam und schaute auf die Uhr. Halb zehn. Ich war jetzt bereits zwölf Stunden im Dienst. Es war verlockend, hinunterzugehen und sich noch einen Kaffee zu holen, aber dafür würde noch Zeit sein, bevor wir mit den Befragungen anfingen.
    Die Befragungen …
    Ich sah mich auf der Straße um und seufzte. Dies hier war ein ziemlich schönes Stadtviertel. Auf dem Weg in die Stadt war ich hier durchgekommen, die meisten Häuser waren groß und teuer, bewohnt von Leuten mittleren Alters mit Familie oder von älteren Paaren. Normalerweise wäre das für einen Beamten, der Befragungen machte, ermutigend gewesen, aber Carl Farmers Haus lag in einem der neuen Baugebiete, die an den Kanal grenzten. Obwohl diese Gebiete mitten im Stadtbezirk lagen, hatte es damit eine ganz andere Bewandtnis.
    Kleine Straßen führten von der Hauptstraße weg zu Enklaven aus sechs oder sieben Häusern, die alle gleich aussahen: hellbraune Backsteine, dunkelbraune Holzstufen, Fenstersimse und Garagentüren. Alle Arbeitsflächen, Schränke und Wandschränke waren identisch. Ein einziger Plan wurde genommen und wie eine Ausstechform immer wieder genutzt, um nette Häuser zu bauen, die man sich von der Stange kaufen konnte, ohne sich viele Gedanken zu machen. Das hieß, dass sie für junge Berufstätige gehobener Berufe gedacht waren. Es schien hier überhaupt keinen Gemeinschaftsgeist zu geben, und ich ging davon aus, dass niemand seine Nachbarn gut kennen würde. Und deshalb sagte mir mein Bauchgefühl, dass Tür-zu-Tür-Befragungen hier ein Alptraum sein würden.
    Nach einem letzten tiefen Atemzug in der kalten Luft wandte ich mich von den blinkenden Lichtern ab und ging nach hinten in die Küche.
    Hier untersuchten zwei Kollegen von der Spurensicherung unverdrossen systematisch von Wand zu Wand alle Spuren. Die Hinweise ließen bis jetzt darauf schließen, dass diese Wohnung, genau wie das Haus, in dem Andrew Dyson umgebracht wurde, nur ein weiteres Versteck unseres Mörders gewesen war. Trotzdem hatte es der Mann, der sich Carl Farmer nannte, seit fast einem Jahr gemietet, und es schien unvorstellbar, dass er keine Spuren hinterlassen hatte.
    »Irgendwas gefunden bis jetzt?«, fragte ich.
    »Nur das Offensichtliche.«
    Er wies mit einer Kopfbewegung auf die Arbeitsfläche in der Küche, die ich schon gesehen hatte, als ich hier ankam. Und natürlich waren die Kollegen, die die Besitzer der weißen Lieferwagen aufspürten, die von der Überwachungskamera aufgenommenen worden waren, hier gewesen und hatten es auch gesehen.
    Hier gab es keines der üblichen Geräte, die man erwarten würde. Keine Toaster, Wasserkocher oder Sandwichmaker, keine Krümel oder Flecken, die darauf schließen ließen, dass hier jemals ein Essen zubereitet worden war. Doch die Fläche war auch nicht völlig leer. Als einziges Beweisstück war es absichtlich gegenüber der Haustür aufgestellt worden, bereit für die Polizei, wenn sie kam.

Weitere Kostenlose Bücher