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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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änderte sich sein Gesichtsausdruck und erinnerte mich an die aufgehende Sonne. Langsam kam ihm eine Erkenntnis, und sein Gesicht erhellte sich, während er sich die Zeit nahm, die Erleuchtung langsam über den Horizont emporsteigen zu lassen. Er war gerade dabei …
    »Sir?«
    Einer von Gregs IT-Spezialisten brach den Bann, indem er ihm von der anderen Seite des Raumes etwas zurief. Pete verspannte sich etwas und schaute gereizt zu dem Kollegen hinüber. Mercers Gesicht wurde starr. Dann schüttelte er wehmütig den Kopf und gab die schon halb gewonnene Einsicht auf.
    Der Spezialist hielt ihm ein Blatt Papier hin und merkte nicht einmal, was für eine Atmosphäre er zerstört hatte.
    »Sir, das müssen Sie sehen.«
    Pete ging hinüber, nahm ihm das Blatt aus der Hand und gab es an Mercer weiter.
    Es war ein Ausdruck der Zulassungsbehörde. Zunächst hatten wir nur die Adressen der Besitzer der sechs weißen Lieferwagen von den IT-Leuten bekommen, aber jetzt hatten sie die vollständige Information zu Carl Farmers Führerschein heruntergeladen. Er hatte ihn innerhalb der letzten fünf Jahre erneuert und daher eine der neueren Versionen bekommen, bei der auch sein Foto gespeichert war. Die IT-Spezialisten hatten es kopiert und auf DIN-A4-Format vergrößert.
    Endlich hatten wir ein Gesicht.
    Carl Farmer starrte mit leerem Blick zur Seite. Er hatte ein dünnes Gesicht, seine Haut sah rauh, ledrig und hart aus, als wäre sie immer wieder verletzt worden und jedesmal schlechter verheilt. Sein braunes Haar stellte sich auf dem Bild als unordentlicher dunkler Schopf dar. Insgesamt wirkte sein Gesicht leer und leblos. Seine Augen mehr als alles andere; sie waren wie Hände, die sich einem entgegenstemmten, um einen zurückzustoßen.
    Mercer betrachtete das Foto konzentriert, genauso wie vorher die Zeichnungen an der Wand. Er schien mehr zu sehen, als da war. Den ganzen Tag schon hatte ich bemerkt, wie genau er auf jedes Detail des Falls einging, aber hier, in der Höhle des Mörders, schien er sich noch zu steigern. Er sah aus, als empfange er einseitige Informationen auf einer Wellenlänge, die uns andere nicht erreichte. Er versuchte, ruhig zu bleiben, hörte aufmerksam zu, doch ich fand, er hatte auch etwas wie eine Art gerade noch beherrschter Panik an sich.
    Wir wollen hoffen, dass wir diese beiden vor Tagesanbruch finden können. Denn Gott allein weiß, was er mit ihnen machen wird, wenn es uns nicht gelingt.
    »Vergessen wir nicht, dass er das wahrscheinlich nicht ist«, warnte Greg.
    Mercer sah nicht auf.
    »Du meinst, das ist er nicht?«
    »Es könnte jeder sein. Er war doch sonst immer so vorsichtig.«
    »Er ist immer noch vorsichtig, Greg. Immer noch sehr geschickt und beherrscht. Aber er hat das hier zwei Jahre lang geplant. Vielleicht hat sich das verändert, womit er vorsichtig ist.“
    Greg wandte sich ab. »Das wäre ein Anfängerfehler. Das ist er nicht.«
    Mercer starrte weiter auf das Blatt, doch nach ein paar Sekunden drehte er den Kopf zur Seite.
    »Vielleicht hast du recht. Aber wir werden es so oder so herausfinden. Zumindest ist es irgendjemand.«
    Er gab das Blatt an mich weiter.
    »Also, sehen wir mal, ob Farmers Nachbarn eine Ahnung haben, wer es ist.«
     
    Der Schnee knirschte unter meinen Schuhen, als ich zu meinem Team hinüberging. Sie steckten in schwarzen Jacken, trugen Handschuhe, und ihre Gesichter waren von der Kälte gerötet. Ross gab mir einen Styroporbecher mit dampfendem Inhalt.
    »Kaffee, Sir?«
    »Danke.« Ich pustete sachte darauf.
    Sie hatten schon Kopien von Farmers Bild, die über den Computer im Kleinbus ausgedruckt worden waren. Ich sagte ihnen, wir müssten Eindrücke zu diesem Mann sammeln, Informationen über seine Erscheinung und seine Art, sich zu geben, wann er zuletzt gesehen wurde, Personen, mit denen er zu tun hatte.
    »Er wohnt schon fast ein Jahr hier«, sagte ich. »In der ganzen Zeit muss ihn jemand kennengelernt oder mit ihm geredet haben. Jemand muss ihn zumindest gesehen haben.«
    Ich betrachtete den Häuserring am Ende der Sackgasse. Die Gebäude waren beim Schneefall, der noch stärker zu werden schien, nur undeutlich zu sehen.
    »Irgendjemand muss ihn kennen«, sagte ich.
    Es waren sechzehn Häuser und Wohnungen, und trotz der anfänglichen Befürchtungen dachte ich, wir hätten eine gute Chance, dass jemand uns irgendetwas über Carl Farmer sagen konnte. Doch in einem Haus nach dem anderen bekamen wir die gleiche Antwort. Nicht nur hatten Farmers Nachbarn

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