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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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sollte, in der Schwebe hing, ohne dass er es wusste. Er öffnete die Liste derer, die gerade online waren. Es waren etwa zweihundertfünfzig, doch sie waren alphabetisch geordnet, also war es leicht, die Liste bis »isz« durchlaufen zu lassen. Es gab mehrere. isz5jlm war die letzte Adresse auf der Liste.
    Er überlegte ein wenig und dachte dann: Warum eigentlich nicht?
    Als er den Namen anklickte, öffnete sich ein kleines Dialogfenster. Er tippte ein:
     
    (Mir geht’s gut. Hoffe, dir auch. Aber wer bist du?)
     
    Der Mauszeiger stand still. Vielleicht sollte er es doch einfach vergessen, dachte er. Es war offensichtlich ein Versehen, und es brachte nichts, es weiterzuverfolgen. Im schlimmsten Fall würde der oder die andere es vielleicht ignorieren, und er käme sich blöd vor …
    Aber scheiß drauf, wenn das das Schlimmste war, dann eben doch: Warum nicht?
    Er drückte auf Senden.
     
    Der Schnee fiel draußen jetzt dichter, und Scotts Atem schwebte beim Sprechen in der Luft wie eine Wolke und wogte zu beiden Seiten an dem Mann vorüber.
    »Wir haben angefangen, uns E-Mails zu schicken«, sagte er.
    »Wir haben uns erst nach ungefähr anderthalb Monaten getroffen.«
    »Es war also ein Zufall?«
    Scott nickte, doch der Mann sah auf die Papiere in seiner Hand und beachtete ihn nicht.
    »Die Chance, dass so etwas geschieht, muss ja astronomisch klein sein«, sagte er. »Aber alle haben genau die gleichen Gefühle. Die Menschen sehen sich in die Augen und reden darüber, was geschehen wäre, wenn … Wie alles anders gewesen wäre. Habt ihr das jemals getan?«
    In Scott regte sich eine Spur Rebellion.
    »Nein.«
    »Ich glaube doch. Die Menschen sagen sich am Anfang immer, dass sie seelenverwandt seien, unheimlich glücklich und dafür geschaffen, zusammenzuleben.« Der Mann sah ihn neugierig an. »Glaubst du das?«
    »Ja.«
    »Das ist gut.«
    Plötzlich wurde der Druck auf Scotts Knie stärker und war dann verschwunden, als der Mann aufstand und wieder hinausging.
    Er war fort.
    Einen Moment lang hätte er ganz allein im Wald sein können. Der Schnee außerhalb der Tür war friedlich und still. Das Feuer brannte irgendwo weiter weg zufrieden vor sich hin. Es war fast heiter. Aber die Fußspuren des Mannes waren dort im Schnee auf dem Boden. Er war hier gewesen. Er würde bald wiederkommen.
    Scott überprüfte abermals seine Fesseln, doch sie waren genauso fest wie vorher. Er konnte sich nur so weit drehen und strecken, wie sie es erlaubten, und versuchen, seine verkrampften Muskeln zu entspannen. Alles wurde allmählich steif.
    Eine Minute verstrich. Dann noch eine.
    Die Fußstapfen draußen waren jetzt nahezu unsichtbar und verloren sich schon fast in all dem Weiß.
    Vielleicht war er wirklich weggegangen.
    Doch dann hörte er wieder Schritte.
    Der Mann kam in den Schuppen zurück und kauerte sich dorthin, wo er zuvor gewesen war: eine riesige Gestalt, die die Welt ausfüllte. Der Druck auf Scotts Knien war wieder da. Der Mann hielt immer noch die Blätter und den Schraubenzieher in den Händen, aber diesmal hatte er noch etwas anderes mitgebracht.
    Keinen Gegenstand, eher einen Geruch. Ein Gefühl von Hitze.
    Er hörte, wie der Mann schwer durch die Nase ausatmete und seufzte.
    »Wie gesagt, du hast etwas, was ich haben will.«
    Scott nickte schnell. Er hatte den Grund für den Geruch und die Wärme erkannt – beide kamen von dem Schraubenzieher, den der Mann in der Hand hatte. Er wusste, was geschehen war. Er hatte die Spitze im Feuer erhitzt.
    Der Mann hielt den Schraubenzieher hoch, und Scott glaubte, Rauch aufsteigen zu sehen.
    Nein, nein, nein, nein, nein, nein.
    »Und du wirst es mir geben. Verstehst du?«
    Er legte die Papiere hin und griff nach Scotts Gesicht. Dieser wandte blitzschnell den Kopf, aber der Mann erwischte ihn trotzdem, packte eine Handvoll Haare am Hinterkopf und hielt seinen Kopf fest. Mein Gott, wie stark dieser Mann war. Er verhaspelte sich, so schnell stieß er die Worte heraus:
    »Tun Sie’s nicht, bitte, tun Sie’s nicht …«
    »Liebst du sie?«
    Scott atmete falsch, ganz kurz und schnell und nur durch die Nase. Wie elektrischer Strom durchlief es ihn, er wollte unbedingt weg. Doch er konnte sich nicht bewegen, und die Spannung baute sich immer weiter auf …
    Er schrie vor Schrecken und Panik auf.
    »Liebst du sie?«
    »Ja!«
    Der Mann nickte.
    »Genau das will ich«, sagte er.
    Und dann stieß er Scott den Schraubenzieher ins Auge.
     
     
    3. Dezember
9 Stunden 50 Minuten bis

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