Der 7. Lehrling (German Edition)
es York durch den Kopf, und schon hastete er abseits des Weges durch das Unterholz.
So schnell es ging, kletterte er am rutschigen Stamm des Baumes nach oben, bis er vom Weg aus nicht mehr zu sehen war, selbst aber einen guten Ausblick hatte. Als er einen festen Sitz gefunden hatte, fiel die Anspannung langsam von ihm ab. Nun erst merkte York, wie sehr er fror. Aber wenn er Informationen über die
Horden
weitergeben wollte, musste er jetzt die Zähne zusammenbeißen!
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Der Morgen war genauso nass und grau wie am Tag zuvor. Die Gefangenen erwachten zitternd – wenn sie überhaupt geschlafen hatten. Quentin stöhnte vor Schmerzen, als er sich aus seiner unbequemen Position unter dem Wagen hervorquälte. Trotzdem lächelte er Falk an. „Gut, dass es regnet, meint Ihr nicht auch?“
Falk schaute entgeistert zurück. „Wie meinst Du das?“
„Naja, so geht der Dreck von ganz allein runter, ohne dass man sich waschen muss!“ Geschickt wich Quentin dem Tannenzapfen aus, den Falk lachend in seine Richtung warf.
Medard war nicht so leicht aufzuheitern. Noch griesgrämiger als sonst blies er seinen Atem in die Hände, um sie so ein bisschen aufzuwärmen. Dann schlug er die Arme um sich, stapfte umher, aber nichts half. Fluchend trat er gegen das Wagenrad und fluchte dann nur noch lauter, weil er sich am Fuß weh getan hatte. Nach einem halbherzigen Versuch, einen Witz zu machen, gab Quentin auf. Naja, so war Medard eben.
Medards Vater diskutierte halblaut mit Falk über den weiteren Weg und ihre Aussichten. Aus ihren Gesichtern las Quentin alles andere als Hoffnung.
Es gab die übliche dünne Suppe. Sie schmeckte nach nichts, aber sie brachte wieder etwas Leben in ihre durchgefrorenen Körper. Mit zitternden Händen hielt jeder seine leere Schüssel fest, um auch noch das letzte bisschen Wärme aus dem Holz in den Händen aufzunehmen.
Dann kam der Aufbruch. In gespenstischer Stille und Geschwindigkeit bauten die Bewacher wie am vergangenen Tag ihre Zelte ab. Ein weiterer Tag voll Regen, Matsch und Erschöpfung lag vor ihnen.
Sonnenschein, Überlegungen und Magenschmerzen
Adina erwachte. Etwas kam ihr ungewöhnlich vor. Dann wurde es ihr klar: Das stetige Plitsch und Platsch hatte aufgehört. Gespannt trat sie mit dem kleinen Mädchen auf dem Arm vor die Tür. Der Himmel war immer noch so grau wie vorher, aber über dem Dorf – und zwar nur über dem Dorf – hatte es aufgehört zu regnen.
Etwas weiter die Straße hinauf und hinunter verschwamm die Welt in einem dichten Vorhang von unzähligen Tropfen, aber hier zwischen den Häusern war alles trocken.
„Schau, was wir für ein Glück haben“, sagte Adina zu dem Mädchen, „es hat ein bisschen aufgehört zu regnen!“ Das Kind schaute zum Himmel und zeigte mit seinem kleinen Ärmchen nach oben. Adina sah ebenfalls empor.
Die Wolken über dem Dorf wurden heller und heller. Draußen, wo die Häuser in Wiesen übergingen, herrschte nach wie vor dunkelgraues Zwielicht. Adinas Blicke flogen ungläubig zwischen der Dunkelheit, dem hellen Licht über dem Dorf und dem Mädchen hin und her. Dann geschah es.
Durch die letzten Reste der immer dünner werdenden Wolken brach die Sonne hindurch und tauchte die beiden in das goldgelbe Licht eines neuen Tages.
Wie ist das möglich?
, fragte sich Adina und lächelte dann das kleine Mädchen an. „Jetzt weiß ich's. Ich werde Dich Grian nennen. Weißt Du, was Grian heißt?“
„I-An?“
„Nein: Grian. Mit einem Gr vorne dran. Grian heißt Sonnenschein.“
„I-An. Dina.“
Adina drückte Grian einen dicken Kuss auf die Stirn, hob sie hoch und drehte sich wie der Wirbelwind so lange herum, bis ihr Findelkind anfing zu lachen.
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Finja und Rachel gingen nach dem Frühstück wieder hinüber in die Mühle. Gestern hatten sie sie nur kurz anlaufen lassen, bis Finja der Ansicht war, dass alles so funktionierte, wie es sollte. Heute wollten sie es mit dem Mahlen probieren.
„Was soll ich machen?“, fragte Rachel.
„Nimm Dir den Handfeger und mach den Mühlstein sauber, wenn er läuft. Ich mache schon mal den Haltehebel los.“
Knirschend lief die schwere Steinscheibe an. Rachel fegte gewissenhaft alles Mehl weg, das sie sehen konnte. Dann zogen sie gemeinsam mit dem Flaschenzug einen halben Sack Getreide auf die Bühne, den Finja in einer Ecke aufgestöbert hatte. Seltsam, dass die
Horden
den übersehen hatten ...
Schwitzend hoben sie den Sack hoch und schütteten den Inhalt in den Trichter.
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