Der 7. Lehrling (German Edition)
einem Schluck Tee. „Setz Dich, ich will Dir einen Vorschlag machen.“
Amina holte sich etwas zu essen und setzte sich dann zu Linnea.
Die alte Hexe schaute sie verschmitzt an. „Du weißt, dass wir heute einen anstrengenden Tag vor uns haben?“ Amina nickte, und Linnea fuhr fort. „Heute Vormittag die gesamte
12-Uhr-Speiche
und heute Nachmittag die Eintragungen in die Karte üben.“
Amina nickte wieder. „Ja, das ist mir klar.“
„Gut. Warst Du gestern Abend sehr müde?“
„Es ging so. Warum?“ Amina war gespannt, worauf ihre Lehrerin hinauswollte.
„Nun, ich dachte, wir könnten den Kontakt zu einem gewissen jungen Magier aufnehmen, noch bevor der
Kreis der Vierzehn
zusammentritt.“ Sie zog Amina, die vor Freude aufgesprungen war, wieder auf ihren Stuhl hinunter. „Natürlich nur, wenn Du dich stark genug fühlst. Das tust Du doch, oder?“
„Ja, natürlich fühle ich mich stark genug“, rief Amina strahlend aus und fiel Linnea um den Hals. „Danke!“
„Na, na! Brich’ einer alten Frau bitte keine Knochen!“
Amina ließ Linnea wieder los. „Entschuldigung, ich habe mich nur so gefreut …“
„Schon gut, mein Liebes. Ich bin nicht ganz so klapperig, wie ich manchmal tue“, lächelte Linnea. „Und jetzt iss ordentlich. Das wird heute kein Zuckerschlecken!“
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Milan ritt verdrossen am Ufer des Uder entlang nach Süden. Seit gestern schon suchte er eine Brücke oder eine Fähre, wenigstens eine Furt. Aber weit und breit war nichts dergleichen zu entdecken. Der aufgewühlte Fluss drängte sein braunes, schäumendes Wasser in furchteinflößender Geschwindigkeit an ihm vorbei. Hier und da waren bereits niedrig liegende Uferteile überschwemmt, an anderen Stellen Böschungen abgerutscht. Nur einen Tag nördlich von der Stelle an der er an den Fluss gekommen war, war eine Brücke auf der Karte eingezeichnet. Aber Milan hatte es eilig gehabt und sich auf gut Glück nach Süden gewandt. Das hatte er davon: Nun hing er schon mehr als einen Tag hinter seinem Zeitplan hinterher!
Missmutig schaute er in den Himmel.
Und das Wetter wird auch nicht besser. Wäre ja auch zu schön gewesen.
Was wäre zu schön gewesen?
, meldete sich Amina in seinem Kopf.
Milans Laune änderte sich von einer Sekunde auf die andere. Freudig antwortete er:
Amina, endlich! Wo warst Du so lange? Ich warte schon seit Tagen auf Dich!
Amina neckte ihn.
Und wieso? Ich dachte, Du hättest zu tun – da wollte ich Dich nicht stören.
Was? Wie meinst Du das? Ich ...
Amina unterbrach ihn lachend.
Nun fall mal nicht gleich vom Pferd, ich habe Dich doch nur aufgezogen. Ich hatte wahnsinnig viel zu tun. Halt Dich fest: Wir haben den siebten Lehrling gefunden!
Ist nicht wahr! Das ist ja ganz unglaublich! Wann denn? Wie denn?
Amina erzählte Milan die ganze Geschichte und was im Augenblick geplant war. Milan war beeindruckt:
Es wird nicht leicht werden, den Jungen da herauszuholen – einhundertfünfzig Krieger, das ist ja fast unmöglich!
Und deshalb soll die Suche auch erst einmal weitergehen. So lange, bis Korbinian sich entschieden hat, wie wir weiter vorgehen werden.
Ja, das macht Sinn ... Wenn ich euch doch nur helfen könnte ...
Das tust Du schon: Du bist doch weiterhin auf der Suche!
Sicher, aber lieber wäre ich bei euch und würde mir mit den anderen zusammen den Kopf zerbrechen, wie wir Quentin befreien können. Abgesehen davon: Ich glaube nicht, dass es im Haupthaus regnet! Und kalt ist es bei euch sicher auch nicht!
Mein armes Herz, das Schicksal setzt Dir wirklich hart zu,
witzelte Amina lachend. Dann wurde sie wieder ernster.
Hör mal: Bestimmt fällt den Älteren etwas ein, und Du darfst bald wieder zurückkommen. Ich freue mich jedenfalls riesig darauf!
Amina, kannst Du bitte heute Abend noch einmal kurz Kontakt mit mir aufnehmen? Ich versuche mir etwas einfallen zu lassen, wie wir Quentin und vielleicht auch die anderen befreien können.
Amina versprach es Milan. Dann verabschiedeten sie sich; und Amina war wieder verschwunden.
Milan ließ den Rappen langsam am Ufer weiter nach Süden gehen. Der Regen war ihm jetzt gleichgültig: Er dachte angestrengt nach.
Die Zeit verging wie im Fluge. Milan vergaß sogar sein Mittagessen, so sehr war er in Gedanken vertieft. Im Geiste ging er die Möglichkeiten durch, die sie gegen die
Horden
hatten.
Eine offene Konfrontation mit den fremden Kriegern würde viele Verletzte, wenn nicht gar Tote zur Folge haben. Völlig unmöglich. Also blieb nur
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