Der 7. Lehrling (German Edition)
aufgehört zu regnen!“, fiel er Medards Vater mitten ins Wort. Erstaunt sahen sich die anderen an: Das hatten sie in ihrem Gespräch gar nicht bemerkt!
„Tatsächlich! Endlich!“, sagte Falk mit einem Seufzer. Quentin war ebenso erleichtert wie sein Lehrherr. Falks Husten war in den letzten Tagen immer schlimmer geworden. Wenn die Wetterbesserung anhielt, bestand wenigstens die Hoffnung, dass es bald wieder bergauf ging.
Medard blickte nachdenklich in die Runde. „Na, dann bleibt wohl nur zu hoffen, dass wir nicht bald den ersten Herbstfrost bekommen. Wenn wir keine schützenden Wolken mehr über uns haben, geht es in der Nacht mit der Temperatur bestimmt schnell bergab.“
Quentin schüttelte den Kopf. Wie konnte Medard nur immer an allem etwas Schlechtes finden? Zu seinem Erstaunen stimmte Falk dem Gesellen zu.
„Ja, der Sommer ist tatsächlich vorbei. Und ob das bessere Wetter anhält, bleibt abzuwarten.“ Er hustete wieder heftig. „Hauptsache ist, dass unsere Kleider endlich einmal richtig trocken werden. Mit trockenen Kleidern überstehen wir auch eine kalte Nacht recht gut.“
Noch eine kleine Weile verfolgte Quentin die Gespräche der anderen. Dann fielen ihm die Augen zu.
#
Die Stadt Treer erlebte den Beginn des neuen Tages genau so wie Balsberg, Alm und Ascheberg vor ihr. Das erste Morgengrauen bescherte den Einwohnern ein schreckliches Bild. Viele rannten los, um sich zu verstecken oder doch noch zu fliehen, aber es war zu spät: Die
Horden
standen kampfbereit zu einer breiten Linie auseinandergezogen auf dem nächsten Hügel südostwärts der Stadt.
Denjenigen, die nach Nordwesten in Richtung Enden entkommen wollten, wurde durch eine weitere Abteilung der fremden Krieger der Weg abgeschnitten, die in der Nacht die Stadt umgangen hatten. Alle wurden in die Stadt zurückgetrieben.
Den Horden bot sich kein Widerstand. Die meisten Einwohner waren bereits vor Tagen in die Umgebung oder zu Verwandten geflohen; nur ein kleiner Teil befand sich noch in der Stadt. Plündernd zog das einfallende Heer durch die Straßen und trieb dabei die Menschen vor sich her wie Vieh.
Nur wenige Stunden später spielte sich auf dem Marktplatz das Gleiche ab wie in Balsberg. Einige Krieger suchten aus den Einwohnern ein paar kräftige Handwerker heraus und verschleppten sie hinter die eigenen Linien, während die übrigen den Platz in alle Richtungen absperrten. Auch in Treer gab es kein Entkommen.
#
Der sechste Tag ihrer Gefangenschaft hatte begonnen. Quentin konnte dabei zuschauen, wie durch das schlechte Essen alle langsam an Kraft verloren. Diejenigen, die schon in Alm oder noch früher in die Hände der Horden geraten waren, konnten sich nur noch müde durch die Gegend schleppen. Besonders schlimm war es, wenn sie unterwegs waren. Gegen Abend, wenn der Tross gehalten hatte, ließen sich viele einfach nur noch zu Boden sinken und fielen direkt nach der dünnen Suppe in einen unruhigen Schlaf. Es war furchtbar anzusehen.
Der misshandelte Gefangene wachte inzwischen überhaupt nicht mehr auf. Während des Marsches lag er die ganze Zeit auf dem Wagen, abends hoben ihn seine Mitgefangenen vorsichtig herunter und legten ihn behutsam zu Boden. Es stand sehr schlecht um ihn. War zuvor hier und da ein zorniges Wort gegen die
Horden
gefallen, so schauten jetzt alle nur noch weg, wenn ein Bewacher vorbei kam.
Quentin dachte nach dem Frühstück wieder über die seltsame Begebenheit mit Amina nach. Hatte er sich am Ende doch alles nur eingebildet? Und wenn nicht: Mit welchem Beweis sollte Amina ihn – und nicht zuletzt auch Falk – überzeugen? Ihm fielen alle möglichen verrückten Dinge ein, aber wie sollte er wissen, was ein Magier alles bewirken konnte und was nicht?
Wie mächtig war ein Magier? Er selbst wusste gerade einmal etwas über Gegenstände, wenn er sie berührte. Konnte man Zauberei lernen oder hatte jeder Magier nur eine bestimmte Fähigkeit? Diese Amina jedenfalls konnte etwas, was er selbst nicht vermochte: zu anderen Kontakt aufnehmen. Einmal mehr kreisten seine Gedanken wild umeinander.
Nach einer Weile des Grübelns wollte er schon Falk befragen, aber er entschied sich dann doch dagegen. Falk hatte es schon schwer genug mit seinem Husten, da wollte er ihm nicht auch noch mit seinen Problemen auf die Nerven gehen. Er musste nur etwas mehr nachdenken, dann würde ihm sicher das Richtige einfallen!
#
Gegen Mitte des Vormittages schaffte die Sonne endlich, was sie
Weitere Kostenlose Bücher